Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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»Was Sie da sagen, ist sehr richtig«, sagte Frau Mortimer heiter. »Aber Sie haben doch Ihre Frau. Sehen Sie sie nur an! Sie könnte schon auf jeden Geschäftsmann Eindruck machen. Er würde sie mehr als gern anhören.«
Billy richtete sich auf, und ein zorniger, finsterer Ausdruck trat in seine Augen.
»Was habe ich nun schon wieder getan«, lachte Frau Mortimer.
»Ich bin noch nicht so tief gesunken, dass ich Geschäfte auf das hübsche Gesicht meiner Frau hin machen will«, brummte er grimmig.
»Nein, das ist sehr richtig. Aber Sie beide sind eben fünfzig Jahre hinter Ihrer Zeit zurück. Sie sind Amerikaner von der alten Schule. Wie es überhaupt unter modernen Lebensbedingungen Leute Ihres Schlages geben kann, ist ein reines Wunder. Wer hat in dieser degenerierten Zeit je von einem jungen Mann und einer jungen Frau gehört, die sich ihr Bettzeug auf den Rücken luden und auswanderten, um Boden zu suchen? Das ist der Geist, der seinerzeit die Argonauten beseelte. Sie sind genau wie die, welche ihren Ochsen das Joch auflegten und westwärts nach den Ländern jenseits des Sonnenunterganges wanderten. Ich wette, Ihre Väter und Mütter, oder Ihre Großväter und Großmütter gehörten dem Geschlecht an.«
Saxons Augen leuchteten, und der zornige Ausdruck verschwand aus Billys Gesicht. Beide nickten.
»Ich gehöre selbst einem der alten Geschlechter an«, fuhr Frau Mortimer stolz fort. »Meine Großmutter war eine der wenigen Überlebenden der Verunglückten im Donnerzug. Mein Großvater, Jason Whitney, war einer von denen, die die Bärenflagge in Sonoma hißten. Er war in Monterey, als John Marschall in Sutters Mühlbach Gold fand. Eine Straße in San Franzisko ist nach ihm genannt.«
»Die kenne ich«, warf Billy ein. »Whitney Street. In der Nähe vom Russian Hill. Saxons Mutter ist auch über die Prärie hierher gewandert.«
»Und Billys Großvater und Großmutter wurden von den Indianern niedergemacht«, sagte Saxon. »Sein Vater war ein kleiner Junge, der unter den Indianern lebte, bis die Weißen ihn wieder holten. Er wusste nicht einmal, wie er hieß, und wurde von einem Mann namens Roberts adoptiert.«
»Aber Kinder, da sind wir ja beinahe verwandt«, sagte Frau Mortimer freudestrahlend. »Das ist wie ein Hauch aus alten Tagen, den alten Tagen, die leider in unserer eigenen Rastlosigkeit so vollkommen vergessen sind. Ich interessiere mich sehr für alles derartige, weil ich alles, was mit der Periode zu tun hatte, katalogisiert und gelesen habe. Sie« – hier wandte sie sich direkt zu Billy – »sind eine historische Persönlichkeit, oder vielmehr Ihr Vater war es. Ich erinnere mich der Sache gut. Sie steht in Bancrofts Geschichte. Es waren Modoc-Indianer. Es waren achtzehn Wagen. Ihr Vater war der einzige, der nicht getötet wurde, aber er war ein ganz kleines Kind und wusste nicht das geringste von dem, was geschah. Er wurde später von dem Anführer der Weißen adoptiert.«
»Das stimmt«, sagte Billy. »Es waren Modoc-Indianer. Der Zug, in dem er sich befand, muss nach Oregon bestimmt gewesen sein. Aber er wurde vollkommen aufgerieben. Ich möchte wissen, ob Sie etwas über Saxons Mutter wissen. Sie schrieb damals Gedichte.«
»Ist etwas davon gedruckt?«
»Ja«, antwortete Saxon, »in den alten Zeitungen von San José.«
»Erinnern Sie sich einiger davon?«
»Ja, da ist eines, das so anfängt:
Süß wie die luftigen Windharfensaiten,
So konnte deine holde Muse singen,
Und Kaliforniens endlose Weiten,
Sie ließen sanft das Echo wiederklingen.«
»Das kommt mir bekannt vor«, sagte Frau Mortimer sinnend.
»Und ein andres Gedicht fängt so an:
Fort schlich ich von den anderen in den Hain,
Wo nackte Statuen unter kühlen Blättern stehn –
Es sind noch viel mehr von derselben Art. Ich verstehe nicht alles. Es ist an meinen Vater gerichtet.«
»Ein Liebesgedicht!« fiel Frau Mortimer ihr ins Wort. »Ja, jetzt erinnere ich mich«, rief sie, »warten Sie. – Da, da – dah, ja, jetzt hab’ ich es.
Im Gesprüh des Springbrunns, dessen Amethystensaat
Einen Augenblick auf Brust und Hand erzittern –
Den Vers mit der Amethystensaat habe ich nie vergessen, aber an den Namen Ihrer Mutter kann ich mich nicht erinnern.«
»Sie hieß Daisy –« begann Saxon.
»Nein, Dayelle«, berichtigte Frau Mortimer, deren schlummernde Erinnerung jetzt geweckt war.
»Aber niemand nannte sie so.«
»Nein, aber es war der Name, den sie unter ihre Gedichte setzte. Wie weiter?«
»Daisy Wiley Brown.«
Frau Mortimer trat ans Bücherregal und kehrte gleich mit einem großen dunklen Band zurück.
»Das ist ›Die Geschichte der Reihen‹«, erklärte sie. »Unter anderem enthält sie alle guten Verse aus jener Zeit, aus alten Zeitungen gesammelt.« Ihr Blick durchlief das Inhaltsverzeichnis und blieb plötzlich haften. »Ja, es stimmt! Dayelle Wiley Brown. Hier ist es. Und hier sind obendrein zehn Gedichte von ihr: ›Die Suche СКАЧАТЬ