Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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»Die Blumen fingen Ihren Blick, nicht wahr, mein Kind?« begann Frau Mortimer wieder. »Und die Blumen veranlassten Sie, einzutreten und zu mir zu kommen. Ja, und deshalb sind eben die Blumen mit dem Gemüse zusammengepflanzt, um die Aufmerksamkeit der Leute anzuziehen. Sie können sich nicht vorstellen, wie viele Menschen auf diese Weise in meinen Garten gelockt wurden. Es ist ein guter Weg, der viel von Leuten aus der Stadt befahren wird. Nein, mit Automobilen habe ich kein Glück gehabt. Die können vor Staub nicht sehen. Aber ich fing an, als alle Menschen noch mit Pferden fuhren. Leute aus der Stadt kamen beständig vorbeigefahren. Ihre Aufmerksamkeit wurde angezogen, erst von meinen Blumen und dann von meinem Haus. Dann sagten sie zu dem Kutscher, dass er halten sollte. Und, nun ja, ich richtete es eben so ein, dass ich meistens im Vordergarten war, sodass sie ein Gespräch mit mir anfingen. Und es endete denn auch meistens damit, dass ich sie einlud, meine Blumen anzusehen – und selbstverständlich mein Gemüse. Alles war frisch, rein und nett. Es tat alles seine Wirkung. Und« – Frau Mortimer zuckte die Achseln – »es ist eine alte Geschichte, dass der Magen durch die Augen sieht. Der Gedanke an Gemüse, das zwischen den Blumen wuchs, gefiel ihnen. Sie wollten mein Gemüse haben. Sie mussten es haben. Und sie bekamen es zum doppelten Marktpreis und bezahlten gern.
Sehen Sie, ich kam, wenn ich so sagen darf, in Mode. Niemand verlor dabei. Das Gemüse war wirklich ausgezeichnet, so gutes Gemüse, wie es nur je auf dem Markt zu haben war, und oft auch frischer. Und zudem schlugen meine Kunden zwei Fliegen mit einer Klappe; denn sie konnten sich gleichzeitig einbilden, etwas Gutes zu tun. Sie bekamen nicht nur das beste und frischeste Gemüse, das zu haben war, sondern sie hatten auch gleichzeitig die Befriedigung, zu wissen, dass sie einer würdigen, bedürftigen Witwe helfen. Ja, und es verlieh ihrem Hause ein gewisses vornehmes Gepräge, wenn sie sagen konnten, dass sie ihr Gemüse bei Frau Mortimer kauften. Die andere Seite der Sache Ihnen zu erklären, wäre zu umständlich. Kurz, mein kleines Haus wurde eine Art Ausstellungsobjekt – ein Ausflugsort, wenn man die Zeit totschlagen wollte. Und dann begann es herauszukommen, wer ich war, wer mein Mann und was ich selbst gewesen war. Einige Damen in der Stadt hatte ich persönlich in alten Tagen gekannt, und sie taten das ihre dazu, um mir meinen Erfolg zu sichern. Und dann begann ich, auch Tee zu geben. Ich gebe immer noch Tee, wenn sie mit ihren Freundinnen herausgefahren kommen, um mich zu zeigen. Und da sehen Sie selbst, dass die Blumen dazu beitrugen, meinen Erfolg zu schaffen.«
Saxons Wangen waren ganz heiß vor Begeisterung geworden, als Frau Mortimer jetzt aber Billy ansah, bemerkte sie, dass er nicht recht zufrieden aussah, und dass ein düsterer Ausdruck in seine blauen Augen getreten war.
»Nun, heraus mit der Sprache!« sagte sie ermunternd. »Woran denken Sie?«
Zu Saxons großem Erstaunen antwortete er gleich, und zu ihrem noch größeren Erstaunen galt seine Kritik einem Punkt, an den sie gar nicht dachte.
»Es ist ja nur ein Trick«, erklärte Billy. »Das meinte ich –«
»Aber ein Trick, der sich lohnt«, unterbrach Frau Mortimer ihn, und ihre Augen funkelten lebhaft hinter der Brille.
»Ja und nein!« sagte Billy eigensinnig auf seine gewöhnliche, langsame Art. »Wenn jeder Bauer Blumen und Gemüse mischte, würde kein doppelter Marktpreis dafür bezahlt werden. Alles würde sein, wie es zuvor war.«
»Sie führen eine Theorie ins Feld gegen Tatsachen«, erklärte Frau Mortimer. »Es ist Tatsache, dass nicht alle Bauern das tun. Es ist Tatsache, dass ich den doppelten Preis erhalte. Das können Sie nicht bestreiten.«
Billy war nicht überzeugt, wenn er auch keine Antwort wusste.
»Ja«, murmelte er und schüttelte besonnen den Kopf. »Ich verstehe es nun doch nicht. Etwas stimmt nicht dabei, wenn wir es von unserm Standpunkt aus betrachten, ich meine von meinem und dem meiner Frau. Aber vielleicht werde ich noch dahinterkommen.«
»Und unterdessen wollen wir uns umsehen«, schlug Frau Mortimer vor. »Ich will Ihnen gern alles zeigen und Ihnen erzählen, wie ich es mache. Später wollen wir uns setzen und über die Sache reden, und dann werde ich Ihnen von der ersten Zeit erzählen. Sehen Sie« – sie wandte sich zu Saxon – »Sie sollen wissen, dass man auf dem Lande vorwärts kommen kann, wenn man die Sache nur richtig anpackt. Auch ich verstand nicht das geringste von der Sache, und ich hatte keinen großen hübschen Mann, der mir half, wie Sie. Ich war ganz allein. Aber das werde ich Ihnen später erzählen.«
*
Die nächste Stunde verbrachten sie zwischen Gemüse, Obst, Obststräuchern und Bäumen, und Saxon füllte ihr Gehirn mit einer ungeheuren Menge von Wissen, das sie gelegentlich verdauen konnte. Auch Billy hatte Interesse, überließ es aber Saxon, zu sagen, was zu sagen war, und fragte nur hin und wieder einmal. Hinter dem Hause, wo alles ebenso hübsch und ordentlich wie im Vordergarten war, lag der Hühnerhof. Hier waren in verschiedenen Abteilungen mehrere hundert kleine schneeweiße Hühner.
»Das sind weiße Italiener«, sagte Frau Mortimer. »Sie machen sich keine Vorstellung, was die mir eingebracht haben. Ich behalte kein Huhn auch nur einen einzigen Tag über die beste Zeit hinaus –«
»Genau das, Saxon, was ich von Pferden sage«, unterbrach Billy sie.
»Und weil ich ganz einfach dafür sorge, dass sie zur rechten Zeit ausgebrütet werden – und daran denkt nicht ein Bauer von tausend – so bekomme ich sie dazu, dass sie im Winter legen, wenn die meisten Hühner es nicht mehr tun und die Eier am teuersten sind. Und noch eines: Ich habe meine speziellen Kunden. Die bezahlen mir zehn Cents das Dutzend über die höchste Notierung, weil meine Spezialität Eier sind, die nur einen Tag alt sind.« Hier sah sie zufällig Billy an und erriet, dass er sich mit demselben Problem beschäftigte.
»Immer noch derselbe Einwand?« fragte sie.
Er nickte. »Immer noch derselbe Einwand. Wenn alle Bauern Eier lieferten, die einen Tag alt wären, so würde es keine zehn Cents über den Höchstpreis geben. Sie würden nicht besser dastehen als zu Anfang.«
»Aber die Eier würden nur einen Tag alt sein, alle Eier würden nur einen Tag alt sein; das dürfen Sie nicht vergessen«, sagte Frau Mortimer.
»Ja, aber СКАЧАТЬ