Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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»Wohin?« fragte er schließlich.
»Irgendwohin. Das ist einerlei. Rauch jetzt eine Zigarette und denk darüber nach.«
Er schüttelte den Kopf und sah ihr forschend ins Gesicht.
»Ist das dein Ernst?« fragte er schließlich.
»Das ist es. Ich kann Oakland ebensowenig ertragen, wie du das Fleisch, den Kaffee und die Butter ertragen konntest.«
Sie konnte sehen, wie er mit sich rang. Sie konnte sehen, wie er direkt körperlich mit sich rang, ehe er antwortete:
»Na ja, wenn du durchaus willst! Dann gehen wir also weg. Wir sagen Oakland Lebewohl. Teufel auch, es hat nie etwas für mich getan, und ich bin doch auch schließlich Manns genug, um unseren Lebensunterhalt überall zu verdienen. Und jetzt, da es abgemacht ist, kannst du mir erzählen, was du gegen Oakland hast.«
Und sie erzählte ihm alles, was ihr eingefallen war, zählte alle ihre Klagepunkte gegen Oakland auf, ohne etwas zu vergessen, nicht einmal ihren letzten Besuch bei Doktor Hentley oder Billys Trinken. Aber er zog sie nur fester an sich und versicherte ihr nochmals, dass er seinen Entschluss gefasst hätte. Die Zeit verging. Die Bratkartoffeln wurden kalt, und das Feuer im Herd ging aus.
Als sie sich ausgesprochen hatten, stand Billy auf. Er sah auf die Bratkartoffeln.
»Eiskalt«, sagte er und wandte sich zu ihr. »Aber, weißt du, jetzt geh hinein und zieh dir dein bestes Zeug an. Wir gehen in die Stadt, um etwas zu essen zu kriegen und uns zur Feier des Tages zu amüsieren. Ich finde, wir haben jetzt einen Grund zu feiern, wenn wir aufbrechen und die alte Stadt mit Sack und Pack verlassen sollen. Und wir brauchen nicht zu Fuß zu gehen, ich kann mir immer zehn Cent vom Barbier leihen, und ich habe altes Zeugs genug zu verkaufen.«
Sein »altes Zeugs« waren ein paar goldene Medaillen, die er bei verschiedenen Amateurboxkämpfen gewonnen hatte. Sie kamen in die Stadt und fanden eine Pfandleihe, und als sie sie verließen, hatte Billy eine Handvoll rasselndes Silbergeld in der Tasche.
Er war ausgelassen wie ein Schuljunge, und sie war ebenso froh und heiter wie er. Vor dem Zigarrengeschäft an der Ecke blieb er stehen, um eine Tüte Bull Durham zu kaufen, änderte aber plötzlich seinen Entschluss und kaufte statt dessen Imperialzigaretten.
»Ach, ich bin heute ganz toll«, lachte er. »Nichts ist zu gut – nicht einmal fertiggekaufte Glimmstengel. Und ich will nichts von billigen Speisehäusern oder japanischen Wirtschaften hören. Wir gehen zu Barnum.«
Sie schlenderten nach dem großen Restaurant, wo sie an ihrem Hochzeitstage gegessen hatten.
»Du kannst bestellen, wozu du Lust hast«; sagte Billy freigebig, als sie sich gesetzt hatten. »Hier gibt es Lendenbraten für einen Dollar fünfzig. Was meinst du dazu?«
»Ja«, sagte sie eifrig, »und nachher Mokka, und vorher Austern – ich möchte sie gern mit den Austern vom Rock Wall vergleichen.«
Billy las die Theateranzeigen. Dann sah er von der Zeitung auf. »Matinée in Bells Theater. Für fünfundzwanzig Cent können wir reservierte Plätze haben – Teufel auch!« Sein Ausruf war so gekränkt und erbittert, dass sie ein ganz erschrockenes Gesicht machte. »Wenn ich doch nur daran gedacht hätte«, sagte er ärgerlich, »dann hätten wir zum Essen ins Forum gehen können. Das ist das feine Restaurant, wo Burschen wie Roy Blanchard verkehren und das Geld vergeuden, für das wir anderen uns abrackern müssen.«
Sie kauften sich numerierte Plätze für Bells Theater; aber die Vorstellung begann erst etwas später, und so gingen sie den Broadway hinab und in das Electric-Theater, um sich die Zeit mit einem Film zu vertreiben. Sie sahen zuerst einen Cowboyfilm, dann ein französisches Lustspiel, und dann kam ein ländliches Drama, das im Mittelwesten spielte. Es begann mit einer Szene in einem Bauernhof. Die Sonne schien warm auf die Ecke einer Scheune und einen Zaun, während der Boden von großen Bäumen beschattet wurde. Da waren Hühner und Enten und Truthähne, die auf dem Hofe scharrten und herumwatschelten. Eine große Sau marschierte, von einem prächtigen Wurf sieben kleiner Ferkel gefolgt, majestätisch durch den Kükenschwarm, dass er beiseite stob, während die Hühner sich an den Ferkelchen rächten und nach ihnen hackten, sobald sie sich von ihrer Mutter entfernten. Und hinter dem Zaun stand ein Pferd, das schlaff und schläfrig zusah, und hin und wieder, in gleichmäßigen Zwischenräumen, träge mit dem Schweif schlug.
»Es ist ein warmer Tag, da sind Fliegen – merkst du?« flüsterte Saxon.
»Gewiss. Und der Pferdeschweif! Das ist das lebendigste, was man sich vorstellen kann.«
Jetzt kam ein Hund auf die Szene. Die Muttersau machte kehrt und verschwand mit lächerlichen kurzen Sprüngen in Begleitung ihrer Nachkommenschaft, eifrig verfolgt von dem Hunde. Ein junges Mädchen erschien. Ein breitrandiger Strohhut hing ihr im Nacken, und die Schürze war vorn aufgesteckt und voller Körner für das unruhige Federvieh. Tauben flogen vom Bildrand herab und schlossen sich dem geschäftigen Schwarm an, und alle stritten sich um ihren Anteil am Futter. Der Hund kam wieder und drängte sich durch die gefiederten Geschöpfe hindurch zu dem jungen Mädchen, das er, mit der Rute wedelnd, anlachte. Und dahinter stand das Pferd, nickte über den Zaun und schlug mit dem Schweif.
Ein junger Mann erschien, und das Publikum wusste gleich, was er wollte. Aber Saxon hatte keinen Sinn für die Liebesszene, für die leidenschaftlichen Bitten des jungen Mannes und die schamhafte Zurückhaltung des jungen Mädchens. Ihr Blick suchte immer wieder die Küken, die Sonne und die Schattenflecken unter den Bäumen, die sonnenbeschienene Scheunenmauer und das schläfrige Pferd, das mit dem Schweif schlug.
Sie schmiegte sich enger an Billy, und ihre Hand, die sie unter seinen Arm gesteckt hatte, suchte die seine.
»Ach, Billy«, seufzte sie. »Ich würde vor Freude sterben, wenn ich an einem solchen Ort wohnen könnte.« Und als der Film zu Ende war, sagte sie: »Wir haben noch sehr viel Zeit, ehe das Theater anfängt. Lass uns bleiben und den Bauernhof noch einmal sehen.«
Sie blieben sitzen und sahen die ganze Vorstellung noch einmal, und als sie zu der Szene im Bauernhof kamen, wurde Saxon immer begeisterter, СКАЧАТЬ