Die bedeutendsten Staatsmänner. Isabella Ackerl
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Название: Die bedeutendsten Staatsmänner

Автор: Isabella Ackerl

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: marixwissen

isbn: 9783843802093

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СКАЧАТЬ wollte er keinesfalls eine Kaiserwahl durch die Paulskirche. Russland, das war für ihn damals der richtige Partner.

      In den 1850er-Jahren bewährte er sich auf diplomatischen Posten, in Frankfurt beim Bundestag, als Gesandter in Petersburg und Paris. Als er 1862 das Amt des Ministerpräsidenten antrat, steckte er sich nicht viele Ziele, er wollte Preußen zu einer Großmacht machen und mit Österreich eine Klärung des deutschen Dualismus erreichen. Mit dem Verfassungsstaat fand er sich ab, er wusste ihn zu nutzen, liebte ihn aber nicht. Preußen steckte zu diesem Zeitpunkt in einer schweren Krise. Auslösendes Moment war der seit 1857 schwelende Konflikt um die Heeresreform. Das seit 1814 geltende Gesetz war längst nicht mehr zeitgemäß, es musste erneuert werden. Eine zweite Konfliktebene bildete die Auseinandersetzung, ob die Armee nur dem König unterstehen oder ob sie nach dem Wunsch der Liberalen über die Exekutive in die Verfassung eingebunden werden solle. Die Liberalen fürchteten ein Unterdrückungsinstrument außerhalb des Parlaments. Als sie bei den Wahlen erheblich zulegen konnten, besaßen sie die Mehrheit im Landtag. Der König wollte abdanken, als sich Bismarck anbot, die Situation auch gegen den Landtag zu lösen. Er setzte scharfe Maßnahmen gegen die Presse- und Versammlungsfreiheit durch und erklärte im Landtag: »Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der Fehler von 1848 und 1849 gewesen – sondern durch Eisen und Blut.«

      Aus heutiger Sicht äußerst konsequent, setzte Bismarck Maßnahmen zur Stärkung von Preußens Position. 1863 verhinderte er den österreichischen Versuch zur Reorganisation des Deutschen Bundes, er begründete die Freundschaft mit Russland, dem er Unterstützung bei der Unterdrückung des polnischen Aufstandes von 1863 zusicherte, gewann die Unterstützung Österreichs gegen Dänemark in der Schleswig-Holstein-Frage. Doch Bismarck wollte diese beiden Provinzen völlig an Preußen angliedern und riskierte dazu die Auseinandersetzung mit Österreich. Für einen solchen Konflikt suchte er einen Partner in Italien. Österreich wollte den Bundestag mit der Frage beschäftigen, dies beantwortete Bismarck mit der Besetzung des von Österreich verwalteten Holsteins. Der Krieg von 1866 brachte Österreich eine demütigende Niederlage, die Friedensschlüsse von Nikolsburg und Prag hingegen fielen für Österreich äußerst maßvoll aus. Schleswig-Holstein wurde preußische Provinz, Hannover, Österreichs Verbündeter, wurde besetzt. Bismarck schuf aus diesen norddeutschen Staaten den Norddeutschen Bund, der ihm als Kanzler unterstand, wo er sofort das allgemeine und gleiche Wahlrecht einführte. Damit war Deutschland fast geeinigt, Preußen mächtiger denn je, die Liberalen zufrieden, weil auch die Verfassungsfrage eine Lösung gefunden hatte. Allerdings folgten nicht alle Anhänger der Konservativen und Liberalen Bismarcks Politk, es kam zu einer Spaltung der beiden Gruppen, Nationalliberale und Freikonservative standen auf der Seite des preußischen Kanzlers. Für die Entwicklung des deutschen Bürgertums war diese Spaltung verhängnisvoll, weil das Bürgertum durch die klassische Kabinettspolitik in die Rolle des Zuschauers gedrängt wurde.

      Schon 1866 hielt Bismarck eine Auseinandersetzung mit Frankreich für unausweichlich. Als die Kandidatur Leopolds von Hohenzollern-Sigmaringen für den spanischen Thron aufs Tapet kam, erhob Frankreich Einspruch, Bismarck zog zurück, allerdings wollte Frankreich eine Garantie gegen eine Wiederholung. Die Affäre um die Emser Depesche, ein von Bismarck in seinem Inhalt verändertes und veröffentlichtes Telegramm, das Frankreich der Drohung mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen beschuldigte, veranlasste das französische Kaiserreich zur Kriegserklärung. In wenigen Monaten war Frankreich völlig besiegt, Napoleon III. ins Exil gezwungen und im Januar 1871 wurde in Versailles das Deutsche Kaiserreich ausgerufen, nachdem zuvor mühevolle Verhandlungen um Bayerns Zustimmung stattgefunden hatten. Der Friede von Frankfurt war keineswegs maßvoll, denn Frankreich musste gegen den Willen der Bevölkerung Elsass-Lothringen an das Deutsche Reich abtreten. Der Keim für weitere Auseinandersetzungen, symbolisiert durch das Schlagwort von der »Revanche pour Sedan«, wurde mit diesem Vertrag gelegt.

      Die beiden nächsten Jahrzehnte nutzte Bismarck, um dieses Deutsche Kaiserreich, das wohl saturiert, aber noch nicht konsolidiert war, nach allen Seiten durch ein kompliziertes Netz von Verträgen abzusichern. Grundprinzip wurde, durch Verträge mit Österreich, Russland und Italien, prinzipiell jedoch unter Ausschluss Frankreichs, ein ausbalanciertes Verhältnis zu wahren. Gefährdet war dies immer wieder etwa durch den österreichisch-russischen Gegensatz auf dem Balkan, den Bismarck 1878 auf dem Berliner Kongress nur oberflächlich beruhigen konnte. Der Abschluss des Dreibunds mit Österreich und Italien und der Rückversicherungsvertrag mit Russland sollten ein tragfähiges System bilden. Ob dieses System an Bismarcks Nachfolgern oder an seinen zweifellos großen innenpolitischen Fehlern scheiterte, ist zu diskutieren. Bismarcks Kulturkampf mit der katholischen Kirche, durch deren Internationalität er das Reich gefährdet sah, das Sozialistengesetz von 1879, das die sozialdemokratisch denkende und fühlende Bevölkerung illegalisierte, konnten durch die positive Sozialgesetzgebung nicht ausglichen werden. Die folgende innenpolitische Lähmung und der Ehrgeiz von Wilhelm II. beschleunigten seinen Sturz. Verbittert verließ er das Amt, in den folgenden Jahren immer wieder laut und deutlich Kritik äußernd. Es waren dies die Jahre, in denen die einseitigen Bismarck-Legenden entstanden, die seinem sehr differenzierten Wirken nicht gerecht wurden.

      Bismarck hielt sich für einen Auserwählten, er war ein Mann, der einen Auftrag Gottes erfüllte. Im Grunde war dies eine calvinische Einstellung. Am Ende seiner Laufbahn erwog er sogar kurz einen Staatsstreich, um das Parlament zu beseitigen und das Kaisertum zu festigen. Den Sozialdemokraten wollte er überhaupt das Wahlrecht entziehen.

      1866 hätte er Frankfurt am liebsten gewaltsam eingenommen, hätte die Stadt nicht die Kontribution von 25 Millionen Talern bezahlt, denn die Erinnerungen an die Paulskirche waren noch sehr virulent. In jenen Situationen, in denen er sich Feinde gemacht hatte, die auf Dauer gefährlich werden konnten, zeigte Bismarck Maß und Zurückhaltung.

      Er besaß ein gefährliches, jähzorniges Temperament, mit 16 Jahren soll er einem Reitlehrer ein Auge ausgeschlagen haben, von einem Berliner Gymnasium wurde er relegiert, weil er einen Professor einen bürgerlichen Esel nannte. Als Abgeordneter in Frankfurt hatte er die bürgerliche Intelligenz und Tüchtigkeit kennengelernt, die den ostelbischen Junkern weit überlegen waren. Es war dieses tüchtige Bürgertum, das aus eigener Kraft etwas erreicht hatte, das Bismarck auch weit über seinen Sturz hinaus die Treue hielt. Gleichzeitig spottete er über die »Professorenschwätzer« des Jahres 1848.

      Im Prinzip war Bismarck ein Mensch der Tat, der handelte, der Reden verabscheute, daher waren seine Parlamentsreden auch immer ziemlich sarkastisch.

      Außenpolitisch war er der geniale Politiker, der klar erkannte, was möglich war. Er selbst formulierte dazu einen großartigen Satz: »Der Staatsmann kann nie selbst etwas schaffen, er kann warten und lauschen, bis er den Schritt Gottes durch die Ereignisse hallen hört – dann vorspringen und den Zipfel des Mantels fassen, das ist alles.«

      Innenpolitisch verfehlte er mit seinem Kampf gegen die Sozialdemokratie die Zukunft, konnte auch nicht die Werte einer konstitutionellen Monarchie erkennen. Ein bleibendes Verdienst war das geheime, gleiche und direkte Wahlrecht für den Reichstag.

      In seine Ära fiel der Beginn jenes kabarettreifen (Hauptmann von Köpenick) gehorsamen preußischen Beamtentums. Bismarck ließ gegen freisinnige Beamte Maßnahmen ergreifen, sie wurden versetzt, schikaniert und aus dem Dienst drangsaliert – in dieser Atmosphäre musste das devote Untertanentum blühen.

      Bismarcks Verhältnis zur Presse war herablassend, er konnte die Journalisten nicht ausstehen, daher ging er auch mit der Pressefreiheit salopp um, schikanierte oder kaufte sie – die geheime Schatulle für die Bezahlung von gehorsamen Journalisten hieß nicht zufällig »Reptilienfonds«. Kluge Gegner im Parlament nannte er diffamierend Rabulisten, das Wort Intellektueller wurde regelrecht zu einem Schimpfwort pervertiert.

      Von Gegensätzen bestimmt war sein Verhältnis zum Militär, Politik und Heeresführung waren in ihren Zielen nicht kompatibel. Kein Wunder, dass ihn mit Moltke eine erbitterte Feindschaft verband. Respekt für den politischen Gegner und ein dementsprechender СКАЧАТЬ