Название: Die bedeutendsten Staatsmänner
Автор: Isabella Ackerl
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: marixwissen
isbn: 9783843802093
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In konsequenter Verfolgung seiner Ideen organisierte und leitete er die Selbstverwaltung der Jewish Agency, welche die illegale Einwanderung von Juden, vor allem aus Deutschland, organisierte. Im Machtkalkül zwischen der britischen Mandatsmacht, die nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges die Einwanderung nach Palästina empfindlich einschränkte, und den arabischen Einwohnern Palästinas versuchte Ben Gurion eine ausgleichende, maßvolle Rolle, die zwischen politischer Vision und der Situation angepasstem Pragmatismus oszillierte, zu spielen. Konsequent in seinen Standpunkten, aber flexibel in der Taktik erreichte er damit ein Maximum, vor allem für die von Nazi-Deutschland verfolgten Juden. Ab 1942 galt daher sein Hauptaugenmerk dem sogenannten Biltmore-Programm, das eine jüdische Masseneinwanderung für die Verfolgten forderte. Zu diesem Zeitpunkt wurde erstmals auch die Gründung eines eigenen jüdischen Staates als Programm öffentlich formuliert.
Auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ging die illegale Masseneinwanderung weiter, die Überlebenden des Holocausts wollten sicher im eigenen Land leben. Wie dramatisch die damalige Situation war, schildert Leon Uris in seinem (auch verfilmten) Buch »Exodus«. In diesen Jahren leitete Ben Gurion im Rahmen der Jewish Agency den Bereich Verteidigung; er kämpfte gegen die britische Mandatsmacht und für die Gründung eines unabhängigen Staates.
Angesichts dieser Lage sahen sich die Briten gezwungen, die Sache den Vereinten Nationen zur Entscheidung vorzulegen, die im November 1947 die Aufteilung Palästinas zwischen Juden und Arabern festlegten.
Am 14. Mai 1948 verkündete Ben Gurion die Unabhängigkeit des Staates Israel. Wenige Stunden später marschierten vier arabische Staaten in Israel ein – Gebot der Stunde war nun die Überleitung der bisher illegalen Verteidigungskräfte in eine reguläre Armee. Der Erhalt des Staates in dieser schwierigen Gründungsphase war sicherlich das Verdienst Ben Gurions. Treffend charakterisiert der Schriftsteller Amos Oz die damalige Rolle des Staatsgründers: »Ben Gurions eiserner Führungswille in diesen eineinhalb schicksalhaften Jahren des Unabhängigkeitskrieges verwandelte ihn vom ›Ersten unter Gleichen‹ in der zionistischen Führung in einen modernen König David.«
Siebenmal übernahm er in den folgenden Jahren die Ministerpräsidentschaft, fünfmal auch das Verteidigungsressort. Ben Gurion ist vor allem die militärische Verteidigungsbereitschaft Israels zu verdanken, die in den lokalen Kämpfen der folgenden Jahre das Überleben des Staates sicherte. Seine konsequent verfolgte Einwanderungspolitik machte es möglich, dass sich die Bevölkerung Israels innerhalb von fünf Jahren ab der Staatsgründung verdoppeln konnte.
Grundsätzlich versöhnungsbereit, schloss Ben Gurion 1952 mit der Bundesrepublik Deutschland ein Wiedergutmachungsabkommen. 1963 trat er als Ministerpräsident zurück, bis 1970 gehörte er dem jüdischen Parlament, der Knesset, an. Im Alter von 84 Jahren zog er sich aus der Politik zurück und lebte im Kibbuz Sde Boker in der Negev-Wüste, wo er seine Memoiren schrieb.
OTTO VON BISMARCK
Otto von Bismarck, der Schöpfer des Deutschen Kaiserreiches, ist als politische Persönlichkeit nicht mit Schlagworten wie dem »eisernen Kanzler« oder gar mit der Kategorie eines großen Bösewichts zu erfassen. Er war vielmehr ein Mensch der vielfältigen Spannungen und der Widersprüche. Seinem Grundsatz, dass ein Politiker immer mehrere Möglichkeiten vorausplanen müsse, entsprach er völlig. Keineswegs hatte er von Anbeginn seiner politischen Karriere den deutschen Nationalstaat geplant, vielmehr arbeitete er sich von der Ebene Preußens hinauf zum deutschen Nationalstaat. Zweifellos hatte er gerade auf dem Felde der Innenpolitik viele Schwächen, viel zu spät erkannte er, wohin sich im Zeitalter der Industrialisierung die politischen Kräfte und damit die Parteien entwickeln würden. Unbenommen bleiben ihm seine außenpolitischen Leistungen, sein klares Kalkül und die politische Fantasie, die er zur Erreichung eines politischen Zieles entwickelte.
Bismarck stammte aus einer Familie einfacher Landedelleute aus der Altmark, seine Vorfahren waren Gewandschneider, sein Vater Ferdinand war ein bescheidener Mann, seine Mutter Wilhelmine, geborene Mencken, hingegen eine sehr gebildete und ehrgeizige Bürgerliche aus einer Gelehrtenfamilie. Ihr Ziel war es, aus dem Sohn etwas zu machen. Mit dem Vater verband ihn eine liebevolle Beziehung, von der Mutter fühlte er sich ziemlich gegängelt.
Das Jahr seiner Geburt, 1815, in dem der Wiener Kongress die politische Landkarte Europas neu gestaltete, mit dem Wunsch, alles wieder so herzustellen, wie es vor der Französischen Revolution gewesen war, stellte auch eine Zeitenwende dar, die den Aufbruch zu neuen Denkweisen einleitete.
Bismarck besuchte in Berlin das Gymnasium, wo er nie als besonders begabt auffiel. 1832 ging er nach Göttingen, um Jura zu studieren, genoss jedoch mehr das Studentenleben – er gehörte dem Korps Hannovera an -, als sich den Wissenschaften zu widmen. Viele Streiche aus seiner Studentenzeit sind überliefert, viele eher peinliche Vorfälle mit den akademischen Behörden sind dokumentiert. Er selbst schrieb später, dass er ein »liederliches Leben« geführt habe, Interesse für Politik war damals nicht auszumachen.
Bismarck beendete sein Studium in Berlin und ging nach dem Referendarsexamen an Gerichte nach Aachen und Potsdam. Sein damaliges Berufsziel war die diplomatische Laufbahn, denn die Bürokratie konnte er nicht ausstehen. Er konnte sich weder an geregelte Dienstzeiten noch an Autoritäten anpassen. Zum großen Missfallen der Eltern quittierte er 1838 den Staatsdienst, er wollte unter gar keinen Umständen Beamter werden. »Ich will aber Musik machen, wie ich sie für gut erkenne, oder gar keine«, meinte er später über diesen Entschluss. Bismarck wollte mit Menschen arbeiten und nicht mit Papier. Daher konzentrierte er sich für wenige Jahre auf den Beruf eines Landwirtes, die dafür nötigen Kenntnisse eignete er sich selbst an. In diesen Jahren ging er viel auf Reisen, fuhr nach England, Frankreich und in die Schweiz und führte ein bewegtes Leben, wofür sein Spitzname, der »tolle Bismarck«, Zeugnis ablegt. Er las enorm viel, Literatur, Geschichte, Philosophie waren die Themen, denen sein Interesse galt. Er liebte William Shakespeare und Lord Byron, mit dem Geheimrat Goethe konnte er weniger anfangen. Seine metaphysische Ausrichtung bezeichnete er selbst als »nackten Deismus«. In einem pietistisch angehauchten Freundeskreis lernte er Johanna von Puttkamer kennen, seine spätere Frau. Als in ebendiesem Freundeskreis eine noch junge Frau einer tödlichen Krankheit zum Opfer fiel, wurde er ein überzeugter Christ, ohne jedoch eine engere kirchliche Bindung zu suchen. 1846 hielt er brieflich um Johannas Hand an, ein Jahr später wurde geheiratet. Sie war eine Frau von »seltenem Geist und seltenem Adel der Gesinnung«.
Im Mai 1847 wählte ihn die Ritterschaft in den Vereinigten Preußischen Landtag, in ein Gremium, in dem die Liberalen das Übergewicht hatten. Die Konservativen, denen Bismarck nahestand, die für Krone und Adel eintraten, waren nur schwach vertreten. Bismarck rückte nur als Ersatzmann in diesen Landtag ein. Zuvor war er Deichhauptmann von Schönhausen gewesen, hatte also einer ständischen Vertretung angehört. Seine generelle Gesinnung war ständisch konservativ, er verteidigte etwa die Rechte des Adels zur Parforcejagd und trat für die Beibehaltung der Patrimonialgerichtsbarkeit ein. Einen beachtlichen Bekanntheitsgrad erreichte er, als er eine Rede über die Haltung des preußischen Volkes im Jahr 1813 hielt. Er widersprach vehement der These, dass sich das Volk erhoben habe, um eine Verfassung zu erlangen. Zu diesem Thema kam es im Landtag zu wilden Diskussionen. Mit solchen Äußerungen erwarb er sich den Ruf eines radikalen Kämpfers gegen Liberalismus und Verfassung. Gerade in den Jahren der Revolution von 1848/49 hielt er kämpferische Reden, in dieser Wendezeit stand er für Preußentum und Königstreue. Bismarck bekannte sich zu seinem Antisemitismus, er sah, welche konfessionellen Auseinandersetzungen zu gewärtigen waren.
Im Jahr 1849 wurde er Mitglied der zweiten Kammer des preußischen СКАЧАТЬ