Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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      »Und Got­tes Ge­bo­te ver­lan­gen also von Ih­nen, mei­ner Frau den Trost, dass sie in der glei­chen Stun­de mit mir stirbt, zu ver­sa­gen?«

      »Ich darf nicht falsch Zeug­nis re­den wi­der mei­nen Nächs­ten, Quan­gel!«

      »Scha­de, scha­de! Sie sind wirk­lich nicht der gute Pas­tor.«

      »Wie?«, rief der Geist­li­che, halb ver­wirrt, halb dro­hend.

      »Herr Pas­tor Lo­renz hieß im Ge­fäng­nis nur der gute Pas­tor«, er­klär­te Quan­gel.

      »Nein, nein«, rief der Pas­tor zor­nig, »ich seh­ne mich nicht nach ei­nem sol­chen von euch ge­spen­de­ten Ehren­na­men! Ich wür­de das einen Uneh­ren­na­men hei­ßen!« Er be­sann sich. Mit ei­nem Plumps fiel er auf die Knie, ge­nau auf das wei­ße Ta­schen­tuch. Er deu­te­te auf eine Stel­le des dunklen Zel­len­bo­dens ne­ben sich (denn das wei­ße Tuch reich­te nur für ihn aus): »Kni­en Sie auch nie­der, Quan­gel, wir wol­len be­ten!«

      »Vor wem soll ich kni­en?«, frag­te Quan­gel kalt. »Zu wem soll ich be­ten?«

      »Oh!«, brach der Pas­tor är­ger­lich aus, »fan­gen Sie doch nicht schon wie­der da­mit an! Ich habe schon viel zu viel Zeit an Sie ver­schwen­det!« Er sah kni­end zu dem Mann mit dem har­ten, bö­sen Ge­sicht auf. Er mur­mel­te: »Gleich­viel, ich wer­de mei­ne Pf­licht tun. Ich wer­de für Sie be­ten!«

      Er senk­te den Kopf, fal­te­te die Hän­de, und sei­ne Au­gen schlos­sen sich. Dann stieß er den Kopf vor, öff­ne­te die Au­gen weit und schrie plötz­lich so laut, dass Quan­gel er­schro­cken zu­sam­men­fuhr: »O Du mein Herr und mein Gott! All­mäch­ti­ger, all­wis­sen­der, all­gü­ti­ger, all­ge­rech­ter Gott, Rich­ter über Gut und Böse! Ein Sün­der liegt hier vor Dir im Stau­be, ich bit­te Dich, Du wol­lest die Au­gen in Barm­her­zig­keit wen­den auf die­sen Men­schen, der vie­le Mis­se­tat be­gan­gen hat, ihn er­qui­cken an Leib und See­le und ihm alle sei­ne Sün­den in Gna­den ver­ge­ben …«

      Der kni­en­de Pas­tor schrie noch lau­ter: »Nimm an das Op­fer des un­schul­di­gen To­des Jesu Chris­ti, Dei­nes lie­ben Soh­nes, für die Be­zah­lung sei­ner Mis­se­tat! Er ist ja auch auf des­sel­bi­gen Na­men ge­tauft und mit des­sel­bi­gen Blut ge­wa­schen und ge­rei­nigt. So er­ret­te ihn nun von des Lei­bes Qual und Pein! Ver­kür­ze ihm sei­ne Schmer­zen, er­hal­te ihn wi­der die An­kla­ge des Ge­wis­sens! Ver­lei­he ihm eine se­li­ge Heim­fahrt zum ewi­gen Le­ben!«

      Der Geist­li­che senk­te sei­ne Stim­me zu ei­nem ge­heim­nis­vol­len Flüs­tern: »Schi­cke Dei­ne hei­li­gen En­gel her, dass sie ihn be­glei­ten zur Ver­samm­lung Dei­ner Au­ser­wähl­ten in Chri­sto Jesu, un­serm Herrn.«

      Der Pas­tor rief wie­der sehr laut: »Amen! Amen! Amen!«

      Er stand auf, fal­te­te das wei­ße Tuch sorg­fäl­tig wie­der zu­sam­men und frag­te, ohne Quan­gel an­zu­se­hen: »Es ist wohl ver­geb­lich, dass ich Sie fra­ge, ob Sie be­reit sind, das hei­li­ge Abend­mahl ein­zu­neh­men?«

      »Völ­lig ver­geb­lich, Herr Pas­tor.«

      Der Pas­tor streck­te zö­gernd sei­ne Hand ge­gen Quan­gel aus.

      Quan­gel schüt­tel­te den Kopf und leg­te sei­ne Hän­de auf den Rücken.

      »Auch das ist ver­geb­lich, Herr Pas­tor!«, sag­te er.

      Der Pas­tor ging, ohne ihn an­zu­se­hen, zur Tür. Er wand­te sich noch ein­mal um, warf einen flüch­ti­gen Blick auf Quan­gel und sag­te: »Neh­men Sie noch die­sen Spruch mit zur letz­ten Richt­stät­te, Phil­ip­per 1,21: Chris­tus ist mein Le­ben, und Ster­ben ist mein Ge­winn.«

      Die Tür klapp­te, er war ge­gan­gen.

      Quan­gel at­me­te auf.

      71. Der letzte Weg

      Der Geist­li­che war kaum ge­gan­gen, da trat ein klei­ner, un­ter­setz­ter Mann in ei­nem hell­grau­en An­zug in die Zel­le. Er warf einen ra­schen, scharf prü­fen­den, klu­gen Blick auf Quan­gels Ge­sicht, ging dann auf ihn zu und sag­te: »Dr. Brandt, Ge­fäng­nis­arzt.« Er hat­te da­bei Quan­gels Hand ge­schüt­telt und be­hielt sie nun in der sei­nen, wäh­rend er sag­te: »Darf ich Ih­nen den Puls füh­len?«

      »Im­mer zu!«, sag­te Quan­gel.

      Der Arzt zähl­te lang­sam. Dann ließ er die Hand Quan­gels los und sag­te bei­fäl­lig: »Sehr gut. Aus­ge­zeich­net. Sie sind ein Mann.«

      Er warf einen ra­schen Blick zur Tür, die halb of­fen­ge­blie­ben war, und frag­te flüs­ternd: »Kann ich was für Sie tun? Was Be­täu­ben­des?«

      Quan­gel be­weg­te ver­nei­nend den Kopf. »Ich dan­ke schön, Herr Dok­tor. Es wird auch so ge­hen.«

      Sei­ne Zun­ge be­rühr­te die Am­pul­le. Er über­leg­te einen Au­gen­blick, ob er dem Arzt noch ir­gend­ei­nen Auf­trag an Anna ge­ben soll­te. Aber nein, die­ser Pas­tor wür­de ihr doch al­les er­zäh­len …

      »Sonst et­was?«, frag­te der Arzt flüs­ternd. Er hat­te Quan­gels Schwan­ken so­fort be­merkt. »Vi­el­leicht ein Brief zu be­stel­len?«

      »Ich habe hier kein Schreib­zeug – ach nein, ich will es auch las­sen. Ich dan­ke Ih­nen je­den­falls, Herr Dok­tor, wie­der ein Mensch mehr! Gott­lob sind auch in solch ei­nem Bau nicht alle schlecht.«

      Der Arzt nick­te trü­be, gab Quan­gel noch ein­mal die Hand, über­leg­te und sag­te rasch: »Ich kann Ih­nen nur sa­gen: Blei­ben Sie so mu­tig.«

      Und er ver­ließ rasch die Zel­le.

      Ein Auf­se­her trat ein, ge­folgt von ei­nem Ge­fan­ge­nen, der eine Schüs­sel und einen Tel­ler trug. In der Schüs­sel dampf­te hei­ßer Kaf­fee, auf dem Tel­ler la­gen mit But­ter be­stri­che­ne Bro­te. Da­ne­ben zwei Zi­ga­ret­ten, zwei Streich­höl­zer und ein Stück­chen Reib­flä­che.

      »So«, sag­te der Auf­se­her. »Sie se­hen, wir las­sen uns nicht lum­pen. Und al­les ohne Kar­ten!«

      Er lach­te, und der Kal­fak­tor lach­te pflicht­schul­digst mit. Es war zu mer­ken, dass die­ser »Witz« schon oft ge­macht wor­den war.

      In ei­ner plötz­li­chen, über­ra­schen­den Auf­wal­lung von Är­ger sag­te Quan­gel: »Neh­men Sie das Zeug wie­der raus! Ich brau­che eure Hen­kers­mahl­zeit nicht!«

      »Das soll mir kei­ner zwei­mal sa­gen!«, sag­te der Auf­se­her. »Üb­ri­gens ist der Kaf­fee bloß Mucke­fuck und die But­ter Mar­ga­ri­ne …«

      Und wie­der war Quan­gel al­lein. Er ord­ne­te sein Bett, zog die Be­zü­ge ab und leg­te sie ne­ben der Tür nie­der, klapp­te das Ge­stell an die Wand. Dann mach­te er sich СКАЧАТЬ