Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ dass er hier kör­per­lich wan­del­te, und sie alle, die hier mit ihm gin­gen, mit ih­ren gleich­gül­ti­gen oder ro­hen oder gie­ri­gen oder trau­ri­gen Ge­sich­tern, sie alle wa­ren nichts Kör­per­li­ches. Der Kies war kaum Kies, und das Schar­ren der Füße, das Knir­schen der Stein­chen un­ter den Soh­len – das wa­ren Traum­ge­räusche …

      Sie tra­ten durch eine Tür und ka­men in einen Raum, der so grell be­leuch­tet war, dass Quan­gel zu­erst nichts sah. Sei­ne Beglei­ter ris­sen ihn plötz­lich nach vorn, an dem nie­der­kni­en­den Geist­li­chen vor­bei.

      Der Scharf­rich­ter kam mit sei­nen bei­den Ge­hil­fen auf ihn zu. Er streck­te ihm die Hand hin.

      »Also, nimm mir’s nicht übel!«, sag­te er.

      »Nee, zu was denn?«, ant­wor­te­te Quan­gel und nahm me­cha­nisch die Hand.

      Wäh­rend der Scharf­rich­ter Quan­gel die Ja­cke aus­zog und den Kra­gen sei­nes Hem­des ab­schnitt, sah Quan­gel zu­rück auf die, die ihn be­glei­tet hat­ten. Er sah in der blen­den­den Hel­le nur einen Kranz wei­ßer Ge­sich­ter, die alle ihm zu­ge­wandt wa­ren.

      Ich träu­me das, dach­te er, und sein Herz be­gann stär­ker zu klop­fen.

      Aus dem Zuschau­er­raum lös­te sich eine Ge­stalt, und als sie nä­her kam, er­kann­te Quan­gel den klei­nen, hilfs­be­rei­ten Arzt im hell­grau­en An­zug.

      »Nun?«, frag­te der Arzt mit ei­nem mat­ten Lä­cheln. »Wie geht es uns?«

      »Im­mer ru­hig!«, sag­te Quan­gel, wäh­rend ihm die Hän­de auf dem Rücken ge­bun­den wur­den. »Im Au­gen­blick habe ich ziem­li­ches Herz­klop­fen, aber ich neh­me an, das wird sich in den nächs­ten fünf Mi­nu­ten ge­ben.«

      Und er lä­chel­te.

      »War­ten Sie, ich gebe Ih­nen was!«, sag­te der Arzt und griff in sei­ne Ta­sche.

      »Ma­chen Sie sich kei­ne Mühe, Herr Dok­tor«, ant­wor­te­te Quan­gel. »Ich bin gut ver­sorgt …«

      Und für einen Au­gen­blick zeig­te die Zun­ge zwi­schen den dün­nen Lip­pen die Glasam­pul­le …

      »Ja, dann!«, mein­te der Arzt und sah ver­wirrt aus.

      Sie dreh­ten Quan­gel um. Jetzt sah er vor sich den lan­gen Tisch, der mit ei­nem glat­ten, stump­fen, schwar­zen Über­zug be­deckt war, wie Wachs­tuch. Er sah Rie­men, Schnal­len, aber vor al­lem sah er das Mes­ser, das brei­te Mes­ser. Es schi­en ihm sehr hoch über dem Kopf zu hän­gen, dro­hend hoch. Es blink­te grau­sil­bern, es sah ihn tückisch an.

      Quan­gel seufz­te leicht …

      Plötz­lich stand der Di­rek­tor ne­ben ihm und sprach mit dem Scharf­rich­ter ei­ni­ge Wor­te. Quan­gel sah un­ver­wandt auf das Mes­ser. Er hör­te nur halb hin: »Ich über­ge­be Ih­nen als dem Scharf­rich­ter der Stadt Ber­lin die­sen Otto Quan­gel, dass Sie ihn mit dem Fall­beil vom Le­ben zum Tode brin­gen, wie es an­ge­ord­net ist durch rechts­kräf­ti­ges Ur­teil des Volks­ge­richts­ho­fes …«

      Die Stim­me schall­te un­er­träg­lich laut. Das Licht war zu hell …

      Jetzt, dach­te Quan­gel. Jetzt …

      Aber er tat es nicht. Eine fürch­ter­li­che, pei­ni­gen­de Neu­gier kit­zel­te ihn …

      Nur noch ein paar Mi­nu­ten, dach­te er. Ich muss noch wis­sen, wie es auf die­sem Tisch ist …

      »Nun mal los, al­ter Jun­ge!«, mahn­te der Scharf­rich­ter. »Mach jetzt kei­ne lan­gen Ge­schich­ten. In zwei Mi­nu­ten hast du es aus­ge­stan­den. Hast du üb­ri­gens an die Haa­re ge­dacht?«

      »Lie­gen an der Tür«, ant­wor­te­te Quan­gel.

      Ei­nen Au­gen­blick spä­ter lag Quan­gel auf dem Tisch, er fühl­te, wie sie sei­ne Füße fest­schnall­ten. Ein stäh­ler­ner Bü­gel senk­te sich auf sei­nen Rücken und press­te sei­ne Schul­tern fest ge­gen die Un­ter­la­ge …

      Es stank nach Kalk, nach feuch­tem Sä­ge­mehl, es stank nach Des­in­fek­ti­ons­mit­teln … Aber vor al­lem stank es, al­les an­de­re über­täu­bend, wi­der­lich süß nach et­was, nach et­was …

      Blut …, dach­te Quan­gel. Es stinkt nach Blut …

      Er hör­te, wie der Scharf­rich­ter lei­se flüs­ter­te: »Jetzt!«

      Aber so lei­se er auch flüs­ter­te, so lei­se konn­te kein Mensch flüs­tern, Quan­gel hör­te es doch, die­ses »Jetzt!«

      Er hör­te auch ein sur­ren­des Geräusch …

      Jetzt!, dach­te es auch in ihm, und sei­ne Zäh­ne woll­ten die Zy­an­ka­liam­pul­le zer­bei­ßen …

      Da würg­te es in ihm, ein Strom von Er­bro­che­nem füll­te sei­nen Mund, riss das Glas­röhr­chen mit …

      O Gott, dach­te er, ich habe zu lan­ge ge­war­tet …

      Das Sur­ren war ein Sau­sen ge­wor­den, das Sau­sen war ein gel­len­des Ge­schrei ge­wor­den, das bis in die Ster­ne, bis vor Got­tes Thron zu hö­ren sein muss­te …

      Dann krach­te das Beil durch sein Ge­nick.

      Quan­gels Kopf fällt in den Korb.

      Ei­nen Au­gen­blick lag er ganz still, als sei die­ser kopf­lo­se Kör­per ver­blüfft über den Streich, den man ihm da ge­spielt. Dann bäum­te der Leib sich auf, er wand sich zwi­schen Rie­men und Stahl­bü­geln, die Ge­hil­fen des Scharf­rich­ters war­fen sich auf ihn und ver­such­ten, ihn nie­der­zu­drücken.

      Die Ve­nen in den Hän­den des To­ten wur­den dick und di­cker, und dann fiel al­les zu­sam­men. Man hör­te nur das Blut, das zi­schen­de, rau­schen­de, dumpf nie­der­fal­len­de Blut.

      Drei Mi­nu­ten nach dem Fall des Beils ver­kün­de­te der blei­che Arzt mit et­was zit­tern­der Stim­me den Tod des Hin­ge­rich­te­ten.

      Sie räum­ten den Ka­da­ver fort.

      Otto Quan­gel war nicht mehr.

      72. Anna Quangels Wiedersehen

      Die Mo­na­te ka­men, und die Mo­na­te gin­gen, die Jah­res­zei­ten wech­sel­ten, und Frau Anna Quan­gel saß noch im­mer in ih­rer Zel­le und war­te­te auf das Wie­der­se­hen mit Otto Quan­gel.

      Manch­mal sag­te die Auf­se­he­rin, de­ren Lieb­ling Frau Anna jetzt war, zu ihr: »Ich glau­be, Frau Quan­gel, die ha­ben Sie ganz ver­ges­sen.«

      »Ja«, ant­wor­te­te die Ge­fan­ge­ne 76 freund­lich. »Es scheint bei­na­he so. Mich und mei­nen Mann. Wie СКАЧАТЬ