Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ auch die größ­te Schand­tat zu ver­ste­cken. Und nun muss­te er er­le­ben, wie der Kri­mi­nal­rat nach ei­nem kur­z­en Blick auf Esche­rich kalt sag­te: »Den Mann? Zu ei­ner Auf­klä­rung? Dan­ke, Herr Ober­grup­pen­füh­rer. Ich klä­re mich lie­ber selbst auf!«

      »Ab­füh­ren den Mann«, schrie der Ober­grup­pen­füh­rer. »Und macht ihm ein biss­chen Bei­ne, Kerls!«

      Und im Eil­tem­po wur­de zwi­schen den bei­den SS-Män­nern der Esche­rich den Gang ent­lang­ge­ris­sen, den­sel­ben Gang, den er vor rund ei­nem Jahr den Bark­hau­sen mit ei­nem Tritt hin­ab­ge­schickt hat­te, la­chend über den treff­li­chen Witz. Und über die­sel­ben Stein­trep­pen wur­de er hin­un­ter­ge­wor­fen, auf der­sel­ben Stel­le blieb er blu­tend lie­gen, auf der Bark­hau­sen blu­tend ge­le­gen hat­te. Wur­de mit Trit­ten hoch­ge­jagt, die Kel­ler­trep­pe zum Bun­ker hin­un­ter­ge­wor­fen …

      Je­des Glied schmerz­te ihn, und dann kam es, Schlag auf Schlag: raus aus dem Zi­vil, rein in die Ze­brakluft, die scham­los of­fe­ne Ver­tei­lung sei­nes Be­sit­zes un­ter die SS-Män­ner. Und im­mer­zu Hie­be, Püf­fe, Dro­hun­gen …

      Oh, ja­wohl, der Kom­missar Esche­rich hat­te das al­les oft in den letz­ten Jah­ren ge­se­hen, und er hat­te nichts Ver­wun­der­li­ches oder Ver­werf­li­ches dar­in ge­fun­den, denn so ge­sch­ah es ja Ver­bre­chern. Es ge­sch­ah so mit Recht. Aber dass er, der Kri­mi­nal­kom­missar Esche­rich, jetzt zu die­sen recht­lo­sen Ver­bre­chern zäh­len soll­te, das woll­te ihm nicht in den Kopf. Er hat­te nichts ver­bro­chen. Er hat­te nur den Vor­schlag ge­macht, eine Sa­che ab­ge­ben zu dür­fen, in der auch sei­ne sämt­li­chen Vor­ge­setz­ten nicht einen brauch­ba­ren Vor­schlag hat­ten ma­chen kön­nen. Es wür­de sich auf­klä­ren, sie muss­ten ihn wie­der ho­len! Sie ka­men ja ein­fach nicht ohne ihn aus! Und bis da­hin muss­te er Hal­tung be­wah­ren, er durf­te kei­ne Furcht zei­gen, nicht ein­mal sei­ne Schmer­zen durf­te er sich mer­ken las­sen.

      Sie brach­ten gra­de noch einen in den Bun­ker. Ei­nen klei­nen Ta­schen­dieb, wie man gleich hör­te, der das Un­glück ge­habt hat­te, die Dame ei­nes ho­hen SA-Füh­rers be­klau­en zu wol­len, und der da­bei er­wi­scht wor­den war.

      Jetzt brach­ten sie ihn her, sie hat­ten ihn wohl schon un­ter­wegs in der Ma­che ge­habt, ein wim­mern­des Ge­schöpf, das nach sei­nem Kot stank und das im­mer wie­der, auf den Kni­en rut­schend, die Bei­ne der SS-Män­ner um­schlang: sie möch­ten ihm doch um der hei­li­gen Ma­ria wil­len nichts tun! Sie möch­ten doch Gna­de an ihm üben – der lie­be Herr Je­sus wür­de es ih­nen ver­gel­ten!

      Die SS-Män­ner mach­ten sich den Scherz, den Klei­nen, der ihre Bei­ne um­klam­mert hielt, im schöns­ten Bet­teln mit den Kni­en ins Ge­sicht zu sto­ßen. Dann wälz­te sich der klei­ne Ta­schen­dieb schrei­end auf der Erde – bis er wie­der in die har­ten Ge­sich­ter späh­te, in ei­nem den Schim­mer von Gna­de zu ent­de­cken glaub­te und von neu­em mit sei­nen An­ru­fun­gen be­gann …

      Und mit die­sem Ge­würm, mit die­sem kot­stin­ken­den Feig­ling, wur­de der all­mäch­ti­ge Kom­missar Esche­rich in eine Zel­le ge­sperrt.

      38. Die zweite Warnung

      An ei­nem Sonn­tag­mor­gen sag­te Frau Anna et­was zag­haft: »Ich glau­be, Otto, wir müs­sen mal wie­der nach mei­nem Bru­der Ul­rich se­hen. Du weißt, wir sind dran. Wir ha­ben uns acht Wo­chen nicht mehr bei Heff­kes se­hen las­sen.«

      Otto Quan­gel sah von sei­ner Schrei­be­rei hoch. »Schön, Anna«, sag­te er. »Dann also nächs­ten Sonn­tag. Ist’s recht?«

      »Es wäre mir lie­ber, wenn du es die­sen Sonn­tag ein­rich­ten könn­test, Otto. Ich glau­be, sie er­war­ten uns.«

      »De­nen ist doch ein Sonn­tag wie der an­de­re. Die ha­ben kei­ne Ex­tra­ar­beit wie wir, die Lei­se­tre­ter!«

      Und er lach­te spöt­tisch.

      »Aber Ul­rich hat am Frei­tag Ge­burts­tag ge­habt«, wand­te Frau Quan­gel ein. »Ich habe ihm einen klei­nen Ku­chen ge­ba­cken, den ich ihm gern brin­gen möch­te. Be­stimmt er­war­ten sie uns heu­te.«

      »Ich möch­te heu­te ei­gent­lich au­ßer die­ser Kar­te noch einen Brief schrei­ben«, sag­te Quan­gel ver­dros­sen. »Ich habe es mir nun ein­mal so vor­ge­nom­men. Ich schmei­ße nicht gern mein Pro­gramm um.«

      »Bit­te, Otto!«

      »Kannst du nicht al­lein ge­hen, Anna, und de­nen sa­gen, ich habe mein Rei­ßen? Du hast das doch schon ein­mal ge­tan!«

      »Gra­de, weil ich’s schon ein­mal ge­tan habe, möch­te ich’s nicht schon wie­der tun«, bat Anna. »Jetzt, wo er Ge­burts­tag hat …«

      Quan­gel sah in das bit­ten­de Ge­sicht sei­ner Frau. Er woll­te ihr ger­ne den Ge­fal­len tun, aber der Ge­dan­ke, heu­te sei­ne Stu­be zu ver­las­sen, mach­te ihn miss­mu­tig.

      »Wo ich heu­te den Brief schrei­ben woll­te, Anna! Der Brief ist wirk­lich wich­tig. Ich habe mir da was aus­ge­dacht … Er wird be­stimmt eine mäch­ti­ge Wir­kung tun. Und dann, Anna, ich ken­ne jetzt all eure Kin­der­ge­schich­ten, ich weiß sie aus­wen­dig. Es ist so lang­wei­lig bei Heff­kes. Ich hab nichts zu re­den mit ihm, und dei­ne Schwä­ge­rin sitzt auch im­mer bloß ein­ge­fro­ren da­bei. Wir hät­ten das nie mit der Ver­wandt­schaft an­fan­gen sol­len, Ver­wand­te sind ein Gräu­el. Wir bei­de sind voll­kom­men ge­nug!«

      »Nun gut, Otto«, gab sie zum Teil nach, »so wol­len wir es heu­te un­sern letz­ten Be­such sein las­sen. Ich ver­sprech dir, dich nicht wie­der dar­um zu bit­ten. Aber nur heu­te, wo ich den Ku­chen ge­ba­cken habe und Ul­rich Ge­burts­tag fei­ert! Nur die­ses eine Mal noch! Bit­te, Otto!«

      »Heu­te ist es mir gra­de be­son­ders zu­wi­der«, sag­te er.

      Aber von ih­ren fle­hen­den Au­gen über­wun­den, brumm­te er schließ­lich doch: »Na schön, Anna, ich will mir’s über­le­gen. Wenn ich bis Mit­tag zwei Kar­ten schaf­fe …«

      Er schaff­te bis Mit­tag zwei Kar­ten, und so gin­gen Quan­gels denn ge­gen drei Uhr aus der Woh­nung. Sie woll­ten mit der U-Bahn bis Nol­len­dorf­platz fah­ren, aber kurz vor der Bülow­stra­ße schlug Quan­gel sei­ner Frau vor, schon Bülow­stra­ße aus­zu­stei­gen, viel­leicht sei da et­was zu ma­chen.

      Sie wuss­te, er hat­te die zwei Kar­ten in der Ta­sche, sie ver­stand ihn so­fort und nick­te.

      Sie gin­gen ein Stück die Pots­da­mer Stra­ße hin­un­ter, ohne ein pas­sen­des Haus zu fin­den. Dann muss­ten sie rechts in die Win­ter­feldt­stra­ße ein­bie­gen, sonst wä­ren sie zu weit von der Woh­nung des Schwa­gers ab­ge­kom­men. Und wie­der such­ten sie.

      »Das ist kei­ne so gute Ge­gend wie bei uns«, sag­te Quan­gel un­zu­frie­den.

      »Und heu­te ist Sonn­tag«, setz­te sie СКАЧАТЬ