Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ wie steht die Sa­che, Esche­rich? Be­den­ken Sie, wie lan­ge der Mann jetzt schon schreibt, das kann doch un­mög­lich so wei­ter­ge­hen! Wir ha­ben hier kein sta­tis­ti­sches Amt zur Re­gis­trie­rung von hoch­ver­rä­te­rischen Kar­ten, Sie sind ein Fahn­dungs­be­am­ter, mein Lie­ber! Also, was ha­ben Sie für Spu­ren?«

      So be­drängt, be­klag­te sich der Kom­missar bit­ter über die Dumm­heit der zwei Frau­en, die den Mann ge­se­hen und nicht an­ge­hal­ten hat­ten, die ihn ge­se­hen hat­ten und nicht mal be­schrei­ben konn­ten.

      »Ja, ja, al­les schön und gut, mein Lie­ber. Aber wir re­den hier nicht von Zeu­gen­dumm­heit, wir re­den von den Spu­ren, die Ihr klu­ges Köpf­chen ge­fun­den hat!«

      Worauf der Kom­missar die Her­ren wie­der an die Kar­te führ­te und ih­nen flüs­ternd zeig­te, wie über­all nörd­lich vom Alex Fah­nen steck­ten, nur ein be­stimm­ter, nicht sehr großer Be­zirk blieb völ­lig frei von Fah­nen.

      »Und in die­sem Be­zirk steckt mein Kla­bau­ter­mann. Da legt er kei­ne Kar­te ab, weil er zu be­kannt ist, weil er im­mer be­fürch­ten muss, dass ihn ein Nach­bar sieht. Es sind nur ein paar Stra­ßen, al­les klei­ne Leu­te, die da woh­nen. Da sitzt er.«

      »Und warum las­sen Sie ihn da sit­zen? Wa­rum ha­ben Sie nicht längst Haus­su­chung an­ge­ord­net in den paar Stra­ßen? Sie müs­sen ihn da doch schnap­pen, Esche­rich! Wir ver­ste­hen Sie nicht, sonst sind Sie doch wirk­lich ganz brauch­bar, aber in die­sem Fal­le ma­chen Sie eine Dumm­heit nach der an­de­ren. Wir ha­ben uns mal die Ak­ten an­ge­se­hen. Da ist die­se Ge­schich­te mit dem Klu­ge, den Sie trotz sei­nes Ge­ständ­nis­ses ha­ben lau­fen­las­sen! Und dann küm­mern Sie sich nicht mehr um ihn und las­sen den Bur­schen glatt Selbst­mord ver­üben, gra­de dann, wenn wir ihn am nö­tigs­ten ge­brau­chen! Dumm­hei­ten über Dumm­hei­ten, Esche­rich!«

      Der Kom­missar Esche­rich, ner­vös sei­nen Schnurr­bart dre­hend, ge­stat­tet sich, dar­auf hin­zu­wei­sen, dass der Klu­ge ent­schie­den mit dem Kar­ten­schrei­ber nicht das Ge­rings­te zu tun hat­te. Die Post­kar­ten wa­ren vor wie nach sei­nem Tode un­ver­än­dert ge­kom­men.

      »Ich hal­te sein Ge­ständ­nis, dass ihm ein Un­be­kann­ter die Kar­te zum Ab­le­gen ge­ge­ben hat, für un­be­dingt glaub­haft.«

      »Na, wenn Sie’s nur da­für hal­ten! Wir hal­ten es für not­wen­dig, dass Sie nun end­lich et­was tun! Ist uns ganz egal, was, aber jetzt wol­len wir Er­fol­ge sehn! Ma­chen Sie also erst mal Haus­su­chung in den paar Stra­ßen. Wer­den ja sehn, was da­bei raus­kommt. Ir­gend­was kommt im­mer raus, über­all stink­t’s!«

      Wie­de­r­um gibt der Kom­missar Esche­rich in al­ler De­mut zu be­den­ken, dass, wenn auch nur ein paar Stra­ßen in Fra­ge kom­men, im­mer­hin fast tau­send Woh­nun­gen durch­sucht wer­den müs­sen.

      »Es wird die Be­völ­ke­rung ge­wal­tig be­un­ru­hi­gen. Die Leu­te sind schon oh­ne­dies reich­lich ner­vös durch die zu­neh­men­den Flie­ger­an­grif­fe, und wenn wir ih­nen nun erst Grund zum Me­ckern ge­ben! Aber wei­ter: Was kann man sich von ei­ner Haus­su­chung ver­spre­chen? Was sol­len wir denn ei­gent­lich fin­den? Der Mann braucht für sei­ne ver­bre­che­ri­sche Tä­tig­keit nur einen Fe­der­hal­ter (hat je­der Haus­halt), ein Tin­ten­fläsch­chen (dito), ein paar Post­kar­ten (dito, dito). Ich wüss­te nicht, was für An­halts­punk­te ich mei­nen Leu­ten für die­se Haus­su­chun­gen ge­ben soll­te, wo­nach sie ei­gent­lich zu su­chen ha­ben. Höchs­tens et­was Ne­ga­ti­ves: der Kar­ten­schrei­ber be­sitzt be­stimmt kei­nen Ra­dio­ap­pa­rat. Noch nie habe ich auf all die­sen Kar­ten einen Hin­weis dar­auf ge­fun­den, dass er sei­ne Nach­rich­ten aus dem Ra­dio be­zo­gen hät­te. Oft ist er ein­fach schlecht in­for­miert. Nein, ich weiß nicht, wor­auf ich die­se Haus­su­chung an­set­zen soll.«

      »Aber liebs­ter, bes­ter Esche­rich – wir ver­ste­hen Sie wirk­lich nicht mehr! Im­mer ha­ben Sie nur Be­denk­lich­kei­ten, aber nicht einen po­si­ti­ven Vor­schlag wis­sen Sie zu ma­chen! Wir müs­sen den Mann doch fas­sen, und das bald!«

      »Wir wer­den ihn auch fas­sen«, sag­te der Kom­missar lä­chelnd, »aber frei­lich, bald? Das kann ich nicht ver­spre­chen. Im­mer­hin glau­be ich nicht, dass er noch wei­te­re zwei Jah­re sei­ne Post­kar­ten schrei­ben wird.«

      Sie stöhn­ten.

      »Und warum nicht? Weil die Zeit ge­gen ihn ar­bei­tet. Se­hen Sie sich die Fähn­chen an, noch hun­dert mehr, und wir wer­den ein ge­wal­ti­ges Stück kla­rer sehn. Er ist ein ver­dammt zä­her, kalt­blü­ti­ger Bur­sche, mein Kla­bau­ter­mann, aber er hat auch einen Schwei­ne­du­sel ge­habt. Mit der Kalt­blü­tig­keit al­lein ist es näm­lich nicht ge­tan, man muss auch ein biss­chen Glück ha­ben, und das hat er bis­her in fast un­be­greif­li­cher­wei­se ge­habt. Aber das ist ge­nau wie beim Kar­ten­spie­len, mei­ne Her­ren, eine Wei­le kön­nen die Kar­ten für den einen Spie­ler güns­tig fal­len, aber dann ist es auch plötz­lich alle. Plötz­lich steht das Spiel ge­gen den Kla­bau­ter­mann, und wir ha­ben die Trümp­fe in der Hand!«

      »Al­les sehr schön und in­ter­essant, Esche­rich! Feins­te Kri­mi­na­lis­ten­theo­rie, wir ver­ste­hen schon. Aber wir sind nicht so sehr für Theo­rie, und wir hö­ren aus Ihren Wor­ten nur her­aus, dass wir even­tu­ell noch zwei wei­te­re Jah­re zu war­ten ha­ben, bis Sie sich zum Han­deln ent­schlie­ßen wer­den. Da ma­chen wir nicht mit, son­dern wir schla­gen Ih­nen vor, Sie durch­den­ken den gan­zen Fall noch ein­mal gründ­lich und ma­chen uns, sa­gen wir in ei­ner Wo­che, Ihre Vor­schlä­ge. Dann wer­den wir ja se­hen, ob Sie zur Er­le­di­gung die­ses Fal­les ge­eig­net sind oder nicht. Heil Hit­ler, Esche­rich!«

      Der Ober­grup­pen­füh­rer Prall aber, der bis­her we­gen An­we­sen­heit noch hö­he­rer Vor­ge­setz­ter die Klap­pe hat­te hal­ten müs­sen, kam noch ein­mal in Esche­richs Zim­mer ge­stürzt: »Sie Ka­mel! Sie Idi­ot! Den­ken Sie, ich las­se mei­ne Ab­tei­lung noch wei­ter durch einen Trot­tel, wie Sie es sind, schän­den? Eine Wo­che ha­ben Sie noch Zeit!« Er schüt­tel­te grim­mig die Fäus­te. »Der Him­mel gna­de Ih­nen, wenn Ih­nen auch in die­ser Wo­che nichts ein­fällt! Ich fah­re Schlit­ten mit Ih­nen!« Und so wei­ter und so wei­ter. Kom­missar Esche­rich hör­te das schon gar nicht mehr.

      In der ihm ver­blie­be­nen ein­wö­chi­gen Gna­den­frist be­schäf­tig­te sich Kom­missar Esche­rich der­art mit dem Fall Kla­bau­ter­mann, dass er sich gar nicht mit ihm be­schäf­tig­te. Ein­mal hat­te er sich durch sei­ne Vor­ge­setz­ten aus der für rich­tig er­kann­ten Ab­war­te­tak­tik her­aus­drän­gen las­sen, und gleich war al­les auf ein falsches Gleis ge­ra­ten, drum hat­te die­ser Enno Klu­ge dar­an glau­ben müs­sen.

      Nicht, dass die­ser Klu­ge sei­nem Ge­wis­sen viel zu­ge­setzt hät­te. Ein wert­lo­ser, jäm­mer­li­cher Plär­rer, das war ganz un­wich­tig, ob der leb­te oder nicht. Aber der Kom­missar Esche­rich hat­te viel Sche­re­rei­en we­gen die­ses klei­nen Biests ge­habt, es hat­te ei­ni­ge Mühe ge­kos­tet, den ein­mal ge­öff­ne­ten Mund wie­der zu schlie­ßen. Ja, in je­ner Nacht, an die er nicht ger­ne dach­te, war der Kom­missar sehr auf­ge­regt ge­we­sen – СКАЧАТЬ