Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ Gott! dach­te sie, das Haus be­trach­tend, das Haus sieht aber gar nicht gut aus! Wenn es nur glatt­geht! Ich hät­te ihm viel­leicht nicht so zu­re­den sol­len, heu­te hier­her­zu­fah­ren. Er woll­te doch durch­aus nicht, ich hab’s ihm ja an­ge­merkt. Und das war nicht nur we­gen des Brie­fes, den er schrei­ben woll­te. Wenn ihm heu­te was pas­siert, wer­de ich mir ewig Vor­wür­fe ma­chen! Da kommt Otto …

      Aber es war nicht Otto, der aus dem Hau­se kam, es war eine Dame, die an Anna, sie scharf an­se­hend, vor­über­ging.

      Hat die mich eben arg­wöh­nisch an­ge­se­hen? Es kam mir bei­nah so vor. Ist was im Hau­se pas­siert? Otto ist schon so lan­ge drin, si­cher zehn Mi­nu­ten! Ach was, das weiß ich doch von vie­len Ma­len: Wenn man so war­tend vor ei­nem Hau­se steht, kommt ei­nem die Zeit im­mer end­los vor. Gott­lob, da ist Otto wirk­lich!

      Sie woll­te auf ihn zu­ge­hen – und sie blieb ste­hen.

      Denn Otto war nicht al­lein aus dem Hau­se ge­kom­men, son­dern er war be­glei­tet von ei­nem sehr großen Herrn, der einen schwar­zen Man­tel mit Samt­kra­gen trug und des­sen eine Ge­sichts­hälf­te von ei­nem rie­si­gen, großen Feu­er­mal mit wuls­ti­gen Nar­ben ent­stellt war. In der Hand trug die­ser Herr eine di­cke schwar­ze Ak­ten­ta­sche. Ohne ein Wort mit­ein­an­der zu spre­chen, gin­gen die bei­den an Anna, der das Herz vor Schreck ste­hen­ge­blie­ben war, vor­über, in der Rich­tung auf den Win­ter­feldt­platz zu. Sie folg­te ih­nen mit fast ver­sa­gen­den Fü­ßen.

      Was ist da schon wie­der pas­siert?, frag­te sie sich angst­voll. Was ist das für ein Herr, der mit Otto geht? Kann das ei­ner von der Ge­sta­po sein? Er sieht schreck­lich aus mit die­sem Feu­er­mal! Sie spre­chen kein Wort mit­ein­an­der – o Gott, hät­te ich Otto nur nicht zu­ge­re­det. Er tat, als kenn­te er mich nicht, es muss also Ge­fahr sein! Die­se un­se­li­ge Kar­te!

      Plötz­lich hielt es Anna nicht mehr aus. Sie er­trug die qual­vol­le Un­ge­wiss­heit nicht län­ger. Mit ei­ner bei ihr ganz sel­te­nen Ent­schlos­sen­heit über­hol­te sie die bei­den Her­ren und blieb ste­hen. »Herr Berndt!«, rief sie und reich­te Otto die Hand. »Das ist gut, dass ich Sie tref­fe! Sie müs­sen so­fort zu uns kom­men. Wir ha­ben einen Rohr­bruch in der Was­ser­lei­tung, die gan­ze Kü­che schwimmt schon …« Sie brach ab, sie fand, der Herr mit dem Feu­er­mal sah sie sehr son­der­bar an, so spöt­tisch, so ver­ächt­lich.

      Aber Otto sag­te: »Ich kom­me dann gleich zu Ih­nen. Ich will nur den Herrn Dok­tor zu mei­ner Frau brin­gen.«

      »Ich kann auch al­lein vor­an­ge­hen«, sag­te der Mann mit dem Feu­er­mal. »Von-Ei­nem-Stra­ße 17, sag­ten Sie? Schön. Ich hof­fe, Sie kom­men bald nach.«

      »In ei­ner Vier­tel­stun­de, Herr Dok­tor, spä­tes­tens in ei­ner Vier­tel­stun­de bin ich auch da. Ich wer­de erst mal nur den Haup­t­hahn ab­stel­len.«

      Und zehn Schrit­te wei­ter press­te er den Arm An­nas mit ei­ner ganz un­ge­wohn­ten Zärt­lich­keit ge­gen sei­ne Brust. »Das hast du groß­ar­tig ge­macht, Anna! Ich wuss­te doch nicht, wie ich den Kerl los­wer­den soll­te! Wie bist du denn auf die Idee ge­kom­men?«

      »Wer war das? Ein Arzt? Ich dach­te, es wäre ei­ner von der Ge­sta­po, und konn­te die Un­ge­wiss­heit nicht län­ger er­tra­gen. Geh lang­sa­mer, Otto, mir zit­tern jetzt alle Glie­der. Vor­hin habe ich nicht ge­zit­tert, aber jetzt! Was ist denn ge­sche­hen? Weiß er was?«

      »Nichts. Sei ganz ru­hig. Er weiß gar nichts. Nichts ist ge­sche­hen, Anna. Aber seit heu­te früh, seit du mir ge­sagt hast, wir soll­ten zu dei­nem Bru­der ge­hen, bin ich ein schlech­tes Ge­fühl nicht los­ge­wor­den. Ich hab ge­dacht, es sei we­gen des Brie­fes, den ich mir doch ein­mal vor­ge­nom­men hat­te. Und we­gen der Lan­gen­wei­le bei den Heff­kes. Aber jetzt weiß ich, es war, weil ich im­mer das Ge­fühl hat­te, heu­te pas­siert noch was. Heu­te gehe ich lie­ber nicht aus dem Bau …«

      »Es ist also doch was pas­siert, Otto?«

      »Nein, gar nichts. Ich sag­te dir doch schon, dass nichts pas­siert ist, Anna. Ich kom­me also die Trep­pe hoch und will gra­de mei­ne Kar­te ab­le­gen, habe sie in der Hand, da kommt die­ser Mann aus sei­ner Woh­nung ge­rannt. Ich sage dir, Anna, er lief so, er hät­te mich fast über den Hau­fen ge­rannt. Ich hat­te kei­ne Zeit, die Kar­te wie­der weg­zu­ste­cken. ›Was ma­chen Sie denn hier im Haus?‹, rief er mich gleich an. Nun, du weißt ja, ich habe die An­ge­wohn­heit, mir im­mer den Na­men von je­mand im Hau­se nach den Schil­dern am Ein­gang zu mer­ken. ›Ich will zu Dr. Boll‹, sage ich. ›Der bin ich!‹, sagt er wie­der. ›Was ist? Ist je­mand krank zu Hau­se?‹ Nun, was blieb mir da wei­ter üb­rig, als zu schwin­deln? Ich sag­te ihm, du sei­est krank, und er sol­le doch bei uns vor­bei­kom­men. Gott­lob er­in­ner­te ich mich an den Na­men Von-Ei­nem-Stra­ße. Ich dach­te, er wür­de sa­gen, er kommt abends oder mor­gen Vor­mit­tag, aber er rief gleich: ›Passt groß­ar­tig! Liegt gra­de auf mei­nem Weg! Kom­men Sie mit, Herr Schmidt!‹ – Ich habe mich Schmidt ge­nannt, ver­stehst du, vie­le Leu­te hei­ßen ja wirk­lich Schmidt.«

      »Ja, und ich habe dich vor ihm ›Herr Berndt‹ an­ge­re­det«, rief Anna er­schro­cken. »Das muss dem doch auf­ge­fal­len sein.«

      Quan­gel blieb be­trof­fen ste­hen. »Wahr­haf­tig«, sag­te er, »dar­an habe ich noch gar nicht ge­dacht! Aber es scheint ihm doch nicht auf­ge­fal­len zu sein. Die Stra­ße ist leer. Kei­ner geht hin­ter uns her. In der Von-Ei­nem-Stra­ße wird er na­tür­lich um­sonst su­chen, aber dann sit­zen wir längst bei Heff­kes.«

      Anna blieb ste­hen. »Weißt du, Otto«, sag­te sie, »jetzt bin ich es, die sagt: Ge­hen wir lie­ber heu­te nicht zu Ul­rich. Jetzt habe ich das Ge­fühl, es ist heu­te ein schlech­ter Tag. Lass uns nach Haus fah­ren. Die Kar­ten brin­ge ich mor­gen fort.«

      Aber er schüt­tel­te lä­chelnd den Kopf. »Nein, nein, Anna, wo wir ein­mal so weit sind, wol­len wir den Be­such auch hin­ter uns brin­gen. Wir ha­ben doch aus­ge­macht, es soll un­ser letz­ter sein. Und au­ßer­dem möch­te ich nicht gra­de jetzt auf den Nol­len­dorf­platz ge­hen. Wo­mög­lich tref­fen wir wie­der den Arzt.«

      »Dann gib mir we­nigs­tens die Kar­ten! Ich mag nicht, dass du jetzt mit die­sen Kar­ten in der Ta­sche her­um­läufst!«

      Nach an­fäng­li­chem Wi­der­stre­ben hän­dig­te er ihr die bei­den Post­kar­ten aus.

      »Es ist wirk­lich kein gu­ter Sonn­tag, Otto …«

      39. Die dritte Warnung

      Aber dann bei den Heff­kes ver­ga­ßen sie ganz ihre schlim­men Vorah­nun­gen. Es zeig­te sich, dass sie dort wirk­lich er­war­tet wor­den wa­ren. Auch die dunkle, schweig­sa­me Schwä­ge­rin hat­te Ku­chen ge­ba­cken, und nach­dem die bei­den Ku­chen zum Mucke­fuck ge­ges­sen wa­ren, brach­te Ul­rich Heff­ke eine Fla­sche Schnaps zum Vor­schein, die ihm die Kol­le­gen im Be­trieb ge­schenkt hat­ten.

      Sie tran­ken lang­sam und mit Ge­nuss in klei­nen Glä­sern das ih­nen al­len un­ge­wohn­te Ge­tränk, und es be­wirk­te, dass sie leb­haf­ter als sonst wur­den, ge­sprä­chi­ger. СКАЧАТЬ