Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ Dies­mal fand sie nicht in Esche­richs Zim­mer, sie fand im Saal un­ter dem Vor­sitz ei­nes der höchs­ten Füh­rer statt. Na­tür­lich wur­de nicht nur der Fall Kla­bau­ter­mann ver­han­delt, es wur­den auch vie­le Fäl­le aus an­de­ren Ab­tei­lun­gen be­spro­chen. Es wur­de ge­ta­delt, ge­brüllt, ver­ächt­lich ge­spot­tet. Und dann kam der nächs­te Fall.

      »Kom­missar Esche­rich, wol­len Sie uns jetzt vor­tra­gen, was Sie uns über den Fall des Post­kar­ten­schrei­bers zu sa­gen ha­ben?«

      Der Kom­missar woll­te es vor­tra­gen. Er gab einen klei­nen Be­richt über das Ge­sche­he­ne und das bis­her Er­mit­tel­te. Er mach­te das aus­ge­zeich­net, kurz, ge­nau, nicht ohne Witz, wo­bei er ge­dan­ken­voll sei­nen Schnurr­bart strei­chel­te.

      Dann kam die Fra­ge des Vor­sit­zen­den: »Und was für Vor­schlä­ge ha­ben Sie nun zur Er­le­di­gung die­ses seit zwei Jah­ren an­ste­hen­den Fal­les zu ma­chen? Zwei Jah­re, Kom­missar Esche­rich!«

      »Ich kann nur wei­ter ge­dul­di­ges War­ten emp­feh­len, et­was an­de­res gibt es nicht. Aber viel­leicht könn­te man den Fall Herrn Kri­mi­nal­rat Zott zur Nach­prü­fung über­ge­ben?«

      Ei­nen Au­gen­blick herrsch­te To­ten­stil­le.

      Dann brach hier und da spöt­ti­sches Ge­läch­ter aus. Eine Stim­me rief: »Drücke­ber­ger!«

      Eine an­de­re: »Erst ver­pfu­schen, dann an­de­re da­mit be­las­ten!«

      Ober­grup­pen­füh­rer Prall ließ don­nernd die Faust auf den Tisch fal­len: »Ich wer­de mit dir Schlit­ten fah­ren, du Aas!«

      »Ich bit­te um voll­kom­me­ne Ruhe!«

      Die Stim­me des Vor­sit­zen­den klang leicht an­ge­wi­dert. Es wur­de still.

      »Wir ha­ben hier eben ein Ver­hal­ten er­lebt, mei­ne Her­ren, das fast ei­ner – Fah­nen­flucht gleich­zu­set­zen ist. Fei­ges Aus­rei­ßen vor den Schwie­rig­kei­ten, die je­der Kampf un­ver­meid­lich bringt. Ich be­dau­re das. Esche­rich, Sie sind von der wei­te­ren Teil­nah­me an die­ser Sit­zung ent­bun­den. War­ten Sie in Ihrem Dienst­zim­mer mei­ne Be­feh­le ab!«

      Der Kom­missar, völ­lig fahl (denn nichts der Art hat­te er er­war­tet), ver­beug­te sich. Dann ging er zur Tür, dort knall­te er die Ab­sät­ze zu­sam­men und brüll­te mit aus­ge­streck­tem Arm: »Heil Hit­ler!«

      Nie­mand be­ach­te­te ihn. Der Kom­missar ging auf sein Zim­mer.

      Die ihm in Aus­sicht ge­stell­ten Be­feh­le er­schie­nen zu­erst in der Ge­stalt von zwei SS-Män­nern, die ihn fins­ter an­starr­ten und von de­nen der eine dann dro­hend sag­te: »Sie ha­ben hier nischt mehr an­zu­rüh­ren, ver­ste­hen Sie!«

      Esche­rich wand­te den Kopf lang­sam zu dem Mann hin, der so mit ihm sprach. Das war ein neu­er Ton. Nicht, dass Esche­rich ihn noch nicht kann­te, aber ihm ge­gen­über war er noch nie an­ge­wen­det wor­den. Ein ein­fa­cher SS-Mann, der Kerl – es muss­te schlimm um Esche­rich ste­hen, wenn der einen sol­chen Ton dem Kom­missar ge­gen­über an­schlug.

      Ein bru­ta­les Ge­sicht, ein­ge­drück­te Nase, stark ent­wi­ckel­te Kinn­par­tie, neigt zu Roh­heits­ak­ten, In­tel­li­genz man­gel­haft ent­wi­ckelt, in be­trun­ke­nem Zu­stan­de ge­fähr­lich, re­sü­mier­te Esche­rich. Wie hat­te das hohe Tier oben ge­sagt? Fah­nen­flucht? Lä­cher­lich! Kom­missar Esche­rich und fah­nen­flüch­tig! Aber das sah die­sen Brü­dern ähn­lich, im­mer hat­ten sie große Wor­te im Mund, und nach­her pas­sier­te gar nichts!

      Ober­grup­pen­füh­rer Prall und Kri­mi­nal­rat Zott tra­ten ein.

      Na also, ha­ben sie mei­nen Vor­schlag doch an­ge­nom­men! Das Ver­nünf­tigs­te, was sie tun konn­ten, trotz­dem ich nicht glau­be, dass selbst die­ser schlaue Tüf­tel­kopf et­was Neu­es aus dem Ma­te­ri­al her­aus­schin­den kann!

      Esche­rich will gra­de den Kri­mi­nal­rat Zott freund­lich-freu­dig be­grü­ßen, schon um ihm zu zei­gen, dass er über die Ab­ga­be des Fal­les kein biss­chen ge­kränkt ist, da fühlt er sich von den bei­den SS-Leu­ten rau zur Sei­te ge­ris­sen, und der mit dem Tot­schlä­ger­ge­sicht schreit: »Mel­de SS-Män­ner Do­bat und Ja­co­by mit ei­nem Häft­ling!«

      Häft­ling – der soll ich wohl sein?, denkt Esche­rich ver­wun­dert.

      Und laut: »Herr Ober­grup­pen­füh­rer, darf ich noch sa­gen, dass …«

      »Mach, dass das Aas die Schnau­ze hält!«, brüllt Prall, der wahr­schein­lich auch was auf den De­ckel ge­kriegt hat, wü­tend.

      Der SS-Mann Do­bat schlägt Esche­rich mit der ge­ball­ten Faust ge­gen den Mund. Der fühlt einen wü­ten­den Schmerz, wi­der­lich war­men Blut­ge­schmack im Mun­de. Dann beugt er sich vorn­über und spuckt ein paar Zäh­ne auf den Tep­pich.

      Und wäh­rend er das al­les tut, ganz me­cha­nisch tut, nicht ein­mal der Schmerz tut rich­tig weh, denkt er: Ich muss das so­fort auf­klä­ren. Na­tür­lich bin ich zu al­lem be­reit. Haus­su­chun­gen durch ganz Ber­lin. Spio­ne in je­dem Haus, wo meh­re­re Rechts­an­wäl­te und Ärz­te woh­nen. Ich tu al­les, was ihr wollt, aber ihr könnt mir hier doch nicht ein­fach in die Fres­se schla­gen, mir, ei­nem al­ten Kri­mi­nal­be­am­ten und In­ha­ber des Kriegs­ver­dienst­kreu­zes!

      In­dem er fie­ber­haft so denkt, ganz me­cha­nisch von den Grif­fen der SS-Män­ner frei­zu­kom­men sucht und da­bei im­mer wie­der zum Spre­chen an­setzt – aber er kann doch we­gen der zer­ris­se­nen Ober­lip­pe und des blu­ten­den Mun­des gar nicht spre­chen –, wäh­rend­dem ist Ober­grup­pen­füh­rer Prall vor ihn ge­sprun­gen, hat ihn mit bei­den Hän­den vor der Brust ge­fasst und ge­schri­en: »Na, ha­ben wir dich end­lich so weit, dich hoch­nä­si­gen Klug­schei­ßer! Bist dir ja im­mer mäch­tig schlau vor­ge­kom­men, wenn du mir dei­ne scheiß­klu­gen Vor­trä­ge hieltst, was? Denkst du viel­leicht, ich hab das nicht ge­merkt, für wie dumm du mich hieltst, und du warst ober­schlau, he? Na, nun ha­ben wir dich, und nun wer­den wir mit dir Schlit­ten fah­ren, das sollst du er­le­ben!«

      Ei­nen Au­gen­blick starr­te Prall, fast be­sin­nungs­los vor Zorn, den blu­ten­den Mann an.

      Er schrie: »Spuckst mir hier den Tep­pich voll, mit dei­nem dre­cki­gen Hun­de­blut, was? Schluckst du das Blut run­ter, du Hund, oder ich schla­ge dir gleich sel­ber eins in die Schnau­ze!«

      Und der Kom­missar Esche­rich – nein, das jäm­mer­li­che, angst­vol­le Männ­lein Esche­rich, das noch vor ei­ner Stun­de ein mäch­ti­ger Kom­missar der Ge­sta­po ge­we­sen war, müh­te sich, To­des­schweiß auf der Stirn, den wi­der­lich war­men Blutstrom hin­un­ter­zu­schlu­cken, nicht den Tep­pich zu be­schmut­zen, sei­nen ei­ge­nen, nein, jetzt den Tep­pich von Herrn Kri­mi­nal­rat Zott …

      Mit gie­ri­gen Au­gen hat­te der Ober­grup­pen­füh­rer die­ses kläg­li­che Be­neh­men СКАЧАТЬ