Die Seele Chinas. Richard Wilhelm
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Название: Die Seele Chinas

Автор: Richard Wilhelm

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Kleine historische Reihe

isbn: 9783843800495

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СКАЧАТЬ gar nicht Tschang Tso Lin. Aber als sein Räuberhauptmann, der wirklich Tschang Tso Lin hieß, von dem Regierungsgeneral aufgefordert wurde, sich zu melden unter Zusicherung von freiem Geleit, wagte er es an Stelle des ängstlich gewordenen Hauptmannes und unter dessen Namen sich zu stellen. Er erhielt nun, da die Sache tatsächlich gut ablief, den diesem zugedachten Posten und blieb von da ab Tschang Tso Lin.

      Das waren die hauptsächlichsten Vertreter der verschiedenen einander entgegengesetzten Parteien. In diese Verhältnisse griff zunächst der Weltkrieg ein. Der amerikanische Gesandte Paul Reinsch, ein Deutscher von Geburt, der diesen Makel durch vermehrte Deutschfeindlichkeit gutzumachen suchte, agitierte in Übereinstimmung mit der Politik Präsident Wilsons in der Richtung, China erst zum Abbruch der Beziehungen mit Deutschland und dann zum Eintritt in den Krieg zu bewegen. Dabei musste er China möglichst weitgehende Hoffnungen machen, ohne positiv etwas zu versprechen. Denn die ganze Sache war auf einen großzügigen Betrug Chinas angelegt, da man schon längst vorher die Treue Japans durch geheime Verträge erkauft hatte, die auf Kosten von Chinas Integrität und Souveränität gingen. England, Frankreich, Russland hatten alle Geheimverträge mit Japan geschlossen, alle auf Kosten Chinas und zum Teil so geheim, dass die verschiedenen Partner Japans und Japan selbst den Inhalt der Verträge vor den übrigen Partnern geheim hielten. Eben deshalb musste Amerika an die Front, das durch keinen solchen Vertrag gebunden war, und daher China gegenüber mit besserem Gewissen Hoffnungen erwecken konnte.

      So kam es, dass Tuan K’i Jui, der Ministerpräsident, der für den Krieg war, im Parlament zunächst eine Mehrheit kaufte – das Parlament wurde immer mehr zu einer Gesellschaft m. b. H., die aus dem Verkauf ihrer Stimmen ein gutes Einkommen bezog, ohne irgendwen zu »vertreten« als sich selbst –, die den Abbruch der Beziehungen mit Deutschland beschloss. Li Yüan Hung, der dagegen war, sah sich als Präsident der Republik genötigt, dem Parlamentsbeschluss Folge zu leisten.

      Der nächste Schritt war der Beschluss des Parlaments, in den Krieg gegen Deutschland einzutreten. Der Süden unter Sun Yat Sen war dagegen. Im Parlament fand sich diesmal keine Mehrheit. Man übte einen Druck auf den Präsidenten aus, das Parlament aufzulösen. Die Parlamentarier zogen sich nach Süden zurück. Li Yüan Hung verschwand von der Bildfläche. Dies war der Moment des chinesischen Kapp-Putsches, der von Tschang Hsün veranstaltet war. Tschang Hsün sah sich dabei von anderer Seite gedrängt. Es blieb ihm schließlich nichts anderes übrig, als den jungen Kaiser auf den Thron zu erheben. Aber nur fünf Tage dauerte die neue Monarchie. Sie war zu schlecht organisiert. Vor allem hatte man versäumt, mit dem mächtigen Mann Tuan K’i Jui sich ins Benehmen zu setzen. Dieser aber war keineswegs gewillt, die über Nacht geschaffene Tatsache anzuerkennen. Es kam zu Straßenkämpfen in Peking. Tschang Hsün zog sich in den Schutz des Gesandtschaftsviertels zurück.11 Der Kaiser trat ungefährdet – er hatte ja nichts dafür gekonnt – in seine bisherige Stellung zurück, und Hsü Schï Tsch’ang, der alte Freund des verstorbenen Yüan Schï K’ai, wurde Präsident. Der Krieg gegen Deutschland wurde auf den Druck der Alliierten erklärt. Dennoch blieb die Stimmung in China im Allgemeinen durchaus freundlich gegen Deutschland, und die Behandlung der internierten Deutschen war die denkbar beste. Auch als später nach dem Abschluss des Waffenstillstandes die Deutschen auf englischen Schiffen gewaltsam aus China abtransportiert wurden in der Absicht, dadurch den deutschen Handel endgültig zu vernichten, nahmen sich die Chinesen der Deutschen nach Möglichkeit an und verhinderten manche unmenschlichen Härten der christlichen Europäer. Im Übrigen hat diese Rückbeförderung der deutschen Kaufleute einen Erfolg gehabt, der dem beabsichtigten entgegengesetzt war. In jener Zeit nämlich trat der Sturz des während des Krieges auf mehr als das Doppelte seines Wertes gestiegenen chinesischen Silberdollars ein. Alle ausländischen Firmen, die damals in China Geschäfte machten, hatten enorme Verluste. Viele machten Bankrott. Vor dem allem wurden die Deutschen gewaltsam behütet und als sie nach China zurückkamen, was nach sehr kurzer Zeit der Fall war, konnten sie mit frischer Kraft in das Geschäft eintreten.

      Die Regierung in Peking war in den Jahren 1919 und 1920 in den Händen der Partei Tuan K’i Juis, der sogenannten Anfupartei, die den Japanern sehr nahe stand. Der Präsident suchte zwischen der Anfu- und der Tschïlipartei zu lavieren, um durch das Gleichgewicht der Kräfte seine Autorität herzustellen. Aber es gelang ihm nicht. Schließlich kam es zu offenen Kämpfen zwischen der Anfu- und der Tschïligruppe, deren Feldherr Wu P’e Fu war. Wu P’e Fu siegte, obwohl Tuan K’i Jui von japanischer Seite bedeutenden Zuzug erhalten hatte. Tuan K’i J ui zog sich in die Fremdenniederlassung von Tientsin ins Privatleben zurück, um seine Zeit abzuwarten. Es ist eines der größten Hindernisse der Gesundung der chinesischen Verhältnisse, dass diese Fremdenniederlassungen, die der chinesischen Jurisdiktion entnommen sind, bestehen. Auf diese Weise wird eine Entscheidung der politischen Verhältnisse nahezu unmöglich gemacht. Wenn ein Beamter oder Parlamentarier sich seine Summe Geldes zusammengebracht hat und sich nicht mehr sicher fühlt, so flieht er mit seinem Geld nach Tientsin oder Schanghai und genießt sein Leben dort in Frieden, ohne dass die Möglichkeit vorhanden wäre, dass er von China aus zur Rechenschaft gezogen werden könnte. Ebenso zieht sich die in den Kämpfen jeweils unterliegende Partei zu den Fremdenniederlassungen ins Asyl zurück, nur um zu geeigneter Zeit aufs Neue wieder aufzutauchen.

      Nach dem Siege Wu P’e Fus trat ein starker Rückgang der bisher so mächtigen Anfupartei ein. Der Hauptgrund war ihre Unbeliebtheit namentlich bei der Jugend, der ihre Japanfreundlichkeit ein Dorn im Auge war. Noch aber stand als nicht zu verachtender Gegner der Einigung mit Blut und Eisen in der Mandschurei Tschang Tso Lin. Im Frühjahr 1922 rückte er in Tschïli ein. In der Nähe von Peking kam es zur Schlacht. Tschang Tso Lin wurde besiegt. Große Teile seines Heeres gerieten in Gefangenschaft und wurden später auf Staatskosten in die Mandschurei zurücktransportiert. Aber Wu P’e Fu unterschätzte den Gegner. Er begnügte sich damit, dass er Tschang Tso Lin in die Mandschurei zurückdrängte. Englische Missionare haben sich damals eingemischt und eine Konferenz der feindlichen Führer auf einem englischen Kriegsschiff in der Nähe von Schanhaikuan bewirkt, durch die das Spiel abgebrochen wurde.

      Wu P’e Fu, und durch ihn Ts’ao K’un, hatte gesiegt, und seine Herrschaft umfasste damit den Norden von der mandschurischen Grenze bis zum Yangtse ziemlich unbestritten. Weitere Kämpfe in Fukiän und Setschuan sollten das Gebiet nach Süden und Westen ausdehnen, während die schwachen Versuche Sun Yat Sens, eine »Strafexpedition« nach Norden zu unternehmen, kläglich scheiterten, da er mit seinem General Tsch’en K’iung Min in einen sehr unliebsamen Kampf geriet, der den Süden für lange Zeit hemmte.

      Hsü Schï Tsch’ang legte die Präsidentschaft nieder, da er keine Möglichkeit für eine Durchführung seiner Gedanken mehr sah. Auf den verlassenen Präsidentenstuhl setzte man dann auf die weiter oben beschriebene Art den schon einmal vertriebenen Li Yüan Hung, den man solange auf dem Posten ließ, bis dieser Platz reif zu sein schien für Ts’ao K’un selbst, worauf denn Li Yüan Hung abermals vertrieben wurde.

      Nur das eine war nicht zu verhindern, dass die Südprovinzen sich formell von der Zentralregierung lösten. Die tatsächlichen Verhältnisse wurden dadurch freilich nur wenig berührt, da auch von den übrigen Provinzen keine Einnahmen oder Steuern an die Zentralregierung abgeführt wurden. Vielmehr ist die Zentralregierung ziemlich ausschließlich auf die Einnahmen, die das Seezollamt ihr auszuzahlen für gut befindet, angewiesen. Diese Einnahmen stehen aber weitgehend unter der Kontrolle der alliierten Gesandten, von deren gutem Willen somit letzten Endes abhängt, ob die chinesische Regierung die ihr zustehenden Gelder ausbezahlt bekommt oder nicht. Immerhin lag es im Interesse dieser Gesandten, eine Zentralregierung in China zu haben, schon damit sie bei ihr eventuelle Beschwerden anbringen konnten.

      Man kann nicht sagen, dass das Schauspiel, das von den fremden Gesandtschaften in China aufgeführt wird, besonders erbaulich ist. Es besteht in einem dauernden Druck auf die chinesische Regierung, um alle möglichen Wünsche durchzusetzen, und einem ebenso starken passiven Widerstand von chinesischer Seite, die nur nachgibt, wenn es absolut nicht anders geht. Die chinesische Regierung hat bei dieser Haltung die Sympathie des ganzen chinesischen Volkes auf ihrer Seite. Denn die verschiedenen chinesischen Parteien mögen untereinander noch so sehr entzweit sein und einander noch so СКАЧАТЬ