Wachtmeister Studer. Friedrich C. Glauser
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Название: Wachtmeister Studer

Автор: Friedrich C. Glauser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816315

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СКАЧАТЬ den Ge­brü­dern Man­nes­mann im Sü­den des Lan­des er­stell­ten Blei­öfen. Wird im Juli 1917 schwer er­krankt mit ei­nem Flug­zeug nach Fez ge­bracht. Stirbt nach Aus­sa­gen der Toch­ter, die sich auf ein un­auf­find­ba­res Te­le­gramm stüt­zen, am 20. Juli all­dort. Hin­ter­lässt ge­rin­ge Erb­schaft. War zwei­mal ver­hei­ra­tet. Ers­te Frau lebt in Bern, sie­he An­ga­ben des Pa­ters. Scheint Ver­mö­gen zu be­sit­zen. Ist Schwes­ter der in Ba­sel ver­stor­be­nen Jo­se­pha Cle­man.«

      Her­zo­gen­buch­see… Es hat­te auf­ge­hört zu schnei­en. Die tro­ckene Hit­ze im Wa­gen mach­te schläf­rig und Stu­der träum­te vor sich hin…

      Frem­den­le­gi­on! Marok­ko! Die Sehn­sucht nach den fer­nen Län­dern und ih­rer Bunt­heit, die, schüch­tern nur, sich ge­mel­det hat­te, da­mals, bei Pa­ter Matt­hias’ Er­zäh­lung, sie wuchs in Stu­ders Brust. Ja, in der Brust! Es war ein son­der­bar zie­hen­des Ge­fühl, die un­be­kann­ten Wel­ten lock­ten und Bil­der stie­gen auf – ganz wach träum­te man sie. Unend­lich breit war die Wüs­te, Ka­me­le trab­ten durch ih­ren gold­gel­ben Sand, Men­schen, braun­häu­ti­ge, in wal­len­den Ge­wän­dern, schrit­ten ma­je­stä­tisch durch blen­dend­wei­ße Städ­te. Von ei­ner Räu­ber­ban­de wur­de Ma­rie ge­raubt – wie ge­lang­te Ma­rie plötz­lich in den Traum? – sie wur­de ge­raubt und man durf­te sie be­frei­en. »Dan­ke, Vet­ter Ja­kob!«, sag­te sie. Das war Glück! Das war et­was an­de­res als das ewi­ge Rap­port­schrei­ben im Amts­haus z’Bärn, im klei­nen Büro, das nach Staub und Bo­den­öl ro­ch… Dort un­ten gab es an­de­re Gerü­che – frem­de, un­be­kann­te. Und in des Wacht­meis­ters Kopf stie­gen Erin­ne­run­gen auf: an das »Hohe Lied Sa­lo­mo­nis«, an die Mär­chen aus Tau­send­und­ei­ner Nacht…

      Vi­el­leicht, viel­leicht war dies wirk­lich der große Fall…

      Vi­el­leicht, viel­leicht wur­de man of­fi­zi­ös nach Marok­ko ent­sandt…

      Auf alle Fäl­le emp­fahl es sich, gleich mor­gen zu frü­he­s­ter Stun­de in die Ge­rech­tig­keits­gas­se Nr. 44 zu ge­hen, um die ge­schie­de­ne Frau des Geo­lo­gen aus­zu­fra­gen…

      Burg­dor­f… Stu­der leer­te den Rest des kal­ten Kaf­fees in sei­ne Tas­se, trank das Ge­misch, fand sei­nen Ge­schmack ab­scheu­lich und rief: »Zah­len!« Der Kell­ner grins­te wie­der ver­trau­lich. Aber Stu­der war es nicht mehr ums La­chen zu tun. Er konn­te Ma­rie nicht ver­ges­sen, die mit dem Se­kre­tär Kol­ler nach Pa­ris ge­reist war, – Pelz­jackett, sei­de­ne St­rümp­fe, Wild­le­der­schu­he! – Es war nicht zu leug­nen, dass er Ma­rie lieb­ge­won­nen hat­te… Es war ihm, als habe er eine Toch­ter wie­der­ge­fun­den. Denn sei­ne Toch­ter hat­te vor ei­nem Jahr einen Land­jä­ger aus dem Thur­gau ge­hei­ra­tet – nun war sie Mut­ter, und dem Wacht­meis­ter war es, als habe er sie end­gül­tig ver­lo­ren. All die­se un­kla­ren Emp­fin­dun­gen wa­ren wohl schuld, dass er dem ver­trau­li­chen Kell­ner nur zwan­zig Rap­pen Trink­geld gab.

      Sei­ne Lau­ne bes­ser­te sich auch nicht, als er in Bern aus­stieg. Die Woh­nung auf dem Kir­chen­feld war leer – Stu­der hat­te kei­ne Lust, den Ofen zu hei­zen. Er ging ins Café, um dort Bil­lard zu spie­len, be­such­te her­nach ein Kino und är­ger­te sich über den Fil­m… Spä­ter trank er ir­gend­wo ein paar große Hel­le, aber auch die be­ka­men ihm nicht. So leg­te er sich denn ge­gen elf Uhr mit ei­nem zünf­ti­gen Kopf­weh zu Bett. Er konn­te lan­ge nicht ein­schla­fen.

      Die alte Frau mit der War­ze ne­ben dem lin­ken Na­sen­flü­gel, die so ru­hig und ge­löst in ih­rem grü­nen Lehn­stuhl saß, ne­ben dem zweiflam­mi­gen Gas­réchaud, kam in der Dun­kel­heit zu Be­such… Ma­rie tauch­te auf, ver­schwand. Dann war der Sil­ves­ter­abend da, Kom­mis­sär Ma­de­lin und das Le­xi­kon Go­do­frey… Be­son­ders die­ser Go­do­frey, der mit sei­ner Horn­bril­le ei­ner noch nicht flüg­gen Eule glich, ließ sich nicht ver­trei­ben… »Pour ma­da­me!«, sag­te Go­do­frey und reich­te eine Gans­le­ber­ter­ri­ne durchs Wag­gon­fens­ter… Aber da wur­de die Ter­ri­ne rie­sig groß, grün und fest und gri­mas­sie­rend hock­te sie oben auf ei­nem Wand­brett und war ein Gas­zäh­ler – ein Kopf war die­ser ver­damm­te Gas­zäh­ler, ein Trau­mun­ge­tüm, das mit sei­nem ein­zi­gen Arm si­gna­li­sier­te… Senk­recht, waag­recht, schief stand der Arm… Ma­rie ging mit dem Pa­ter Matt­hi­as Arm in Arm – aber es war nicht Pa­ter Matt­hi­as, son­dern der Se­kre­tär Kol­ler, der aus­sah wie des Wacht­meis­ters Dop­pel­gän­ger…

      Im Halb­schlaf hör­te sich Stu­der laut sa­gen:

      »Das isch ei­newäg Cha­bis!«

      Sei­ne Stim­me dröhn­te durch die lee­re Woh­nung, ver­zwei­felt tas­te­te Stu­der das Bett ne­ben dem sei­nen ab. Aber das Hedy war noch im­mer im Thur­gau, um das neue Ja­kob­li zu pfle­gen… Äch­zend zog er den Arm zu­rück, denn ihn fror. Und dann schlief er plötz­lich ein…

      Ob es in Pa­ris schön ge­we­sen sei, frag­te am nächs­ten Mor­gen um neun Uhr Fahn­der­kor­po­ral Mur­mann, der mit Stu­der das Büro teil­te. Der Wacht­meis­ter war noch im­mer schlech­ter Lau­ne; er grunz­te et­was Un­ver­ständ­li­ches und be­ar­bei­te­te wei­ter die Tas­ten sei­ner Schreib­ma­schi­ne. Im Rau­me roch es nach kal­tem Rauch, Staub und Bo­den­öl. Vor den Fens­tern pfiff die Bise, und der Dampf knack­te in den Heiz­kör­pern.

      Mur­mann setz­te sich sei­nem Freun­de Stu­der ge­gen­über, zog den »Bund« aus der Ta­sche und be­gann zu le­sen. Sei­ne mäch­ti­gen Arm­mus­keln hat­ten die Är­mel sei­ner Kut­te aus der Façon ge­bracht.

      »Köbu!«, rief er nach ei­ner Wei­le. »Los ei­nisch!«

      »Jaaa«, sag­te Stu­der un­ge­dul­dig. Er muss­te einen Rap­port über einen vor un­denk­li­chen Zei­ten pas­sier­ten Man­sar­den­dieb­stahl schrei­ben, den der Un­ter­su­chungs­rich­ter I mit viel Ge­schrei am Te­le­fon ver­langt hat­te.

      »In Ba­sel«, fuhr Mur­mann ge­müt­lich fort, »hat sich eine mit Gas ver­gif­tet…«

      Das wis­se er schon lan­ge, sag­te Stu­der ge­reizt.

      Mur­mann ließ sich nicht aus der Ruhe brin­gen.

      Selbst­mord mit Gas sei an­ste­ckend, mein­te er. Heut’ mor­gen habe man ihn um sechs Uhr in die Ge­rech­tig­keits­gas­se ge­holt, sie hät­ten ge­gen­wär­tig kei­ne Leu­te auf der Stadt­po­li­zei, al­les sei noch in den Fe­ri­en… Ja… Und in der Ge­rech­tig­keits­gas­se habe sich auch eine Frau mit Gas ver­gif­tet.

      »In der Ge­rech­tig­keits­gas­se? Wel­che Num­mer?«, frag­te Stu­der.

      »Vie­re­vier­zig«, mur­mel­te Mur­mann, kau­te an sei­nem Stum­pen, kratz­te sich den Na­cken, schüt­tel­te den »Bund« zu­recht und las den Leit­ar­ti­kel wei­ter.

      Plötz­lich schrak er auf, ein Stuhl war um­ge­fal­len. Stu­der beug­te sich über den Tisch, sein Atem ging schwer. – Wie die Frau hei­ße?… Sein sonst blei­ches Ge­sicht war ge­rötet.

      »Köbu«, mein­te СКАЧАТЬ