Wachtmeister Studer. Friedrich C. Glauser
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Название: Wachtmeister Studer

Автор: Friedrich C. Glauser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816315

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СКАЧАТЬ schwe­rer Ge­gen­stand ge­rückt. Stu­der lä­chel­te. Das Mäd­chen mach­te wohl die Bet­ten, jetzt am Abend. Eine merk­wür­di­ge Ord­nung herrsch­te in der Fa­mi­lie Wit­schi…

      Stu­der blät­ter­te wei­ter in den Hef­ten. Er stieß auf ein paar Stel­len, die an­ge­stri­chen wa­ren und las:

      »Da stieg es in ihr auf, heiß und bren­nend. Sie warf sich in sei­ne Arme, sie um­klam­mer­te sei­nen Hals, als soll­te sie ihn nie, nie mehr los­las­sen…«

      Und wei­ter:

      »Und wir, Son­ja, mein sü­ßes Lieb, mein hol­des Weib – wir wer­den glück­lich sein…«

      »Lei­chen­blass bis in die Lip­pen, be­bend an al­len Glie­dern, stand Son­ja vor ihm…«

      Stu­der seufz­te. Er dach­te an lau­en Kaf­fee und an eine Frau, die am Mor­gen schmach­tend war, weil sie in der Nacht zu vie­le Ro­ma­ne ge­le­sen hat­te…

      Dann trat der Wacht­meis­ter ans schwe­re Bü­fett. Gera­de un­ter der Fo­to­gra­fie des Wen­de­lin Wit­schi stand oben auf dem Auf­satz eine Vase mit wäch­ser­nen Ro­sen und ei­ni­gen Zwei­gen bun­ten Herbst­laubs. Und Wit­schi schi­en auf die­se Vase zu schie­len. Ge­dan­ken­los hob sie Stu­der her­ab, sie war merk­wür­dig schwer – üb­ri­gens war das Herbst­laub auch künst­lich. Stu­der schüt­tel­te die Vase. Es ras­sel­te. Er kehr­te die Vase um…

      Zwei, vier, sechs, zehn – fünf­zehn Pa­tro­nen­hül­sen fie­len her­aus, Ka­li­ber 6,5… Im obe­ren Stock war es still ge­wor­den. Stu­der steck­te eine der Hül­sen in sei­ne Rock­ta­sche, die an­de­ren ließ er in die Vase zu­rück­glei­ten, ord­ne­te den Strauß und stell­te ihn an sei­ne alte Stel­le. Es ka­men Schrit­te die Trep­pe her­un­ter. Stu­der öff­ne­te die Kü­chen­tür und blieb auf der Schwel­le ste­hen.

      Der Herr Wacht­meis­ter müs­se ent­schul­di­gen, sag­te Son­ja, sie habe oben noch Ord­nung ma­chen wol­len, wenn er das Haus be­sich­ti­gen wol­le? Die Mut­ter kom­me erst nach dem Neun-Uhr-Zug heim, so lan­ge müs­se sie auf dem Bahn­hof blei­ben… Aber der Ar­min wer­de bald zu­rück sein.

      Son­ja plap­per­te und wich Stu­ders Blick aus; aber so­bald Stu­der bei­sei­te sah, fühl­te er, wie die Au­gen des Mäd­chens auf sein Ge­sicht ge­rich­tet wur­den, sah er wie­der hin, klapp­ten die Li­der über die Au­gen. Lan­ge Wim­pern hat­te das Mäd­chen. Die Stirn war ge­run­det, sprang ein we­nig vor. Die Haa­re wa­ren ge­bürs­tet. Son­ja sah viel or­dent­li­cher aus als heut mor­gen im Zuge.

      – Üb­ri­gens las­se der Schlumpf sie grü­ßen, sag­te Stu­der ne­ben­bei. Er sah zum Fens­ter hin­aus. Am Ende des Ge­mü­se­gar­tens stand ein al­ter, ver­fal­le­ner Schup­pen. Die Trag­stüt­zen des Da­ches wa­ren ein­ge­knickt, ei­ni­ge Zie­gel fehl­ten. Auch die Tür des Schup­pens fehl­te.

      Son­ja schwieg. Und als Stu­der sich um­wand­te, sah er, dass das Mäd­chen wein­te. Es war ein hem­mungs­lo­ses Wei­nen, das klei­ne Ge­sicht war ver­zo­gen, um die spitz vor­sprin­gen­de Nase gru­ben sich tie­fe Fal­ten ein, die Lip­pen wa­ren ver­zerrt, und aus den Au­gen flos­sen die Trä­nen die Wan­gen her­ab, blie­ben am Kinn haf­ten, tropf­ten dann auf die Blu­se. Die Hän­de wa­ren ge­ballt.

      »Aber, Meit­schi«, sag­te Stu­der, »aber Meit­schi!…« Un­be­hag­lich wur­de es ihm zu­mu­te. Schließ­lich fiel ihm nichts an­de­res ein, als sein Schnupf­tuch aus der Ta­sche zu zie­hen, ne­ben Son­ja zu tre­ten und un­ge­schickt die flie­ßen­den Trä­nen auf­zu­tup­fen.

      »Komm, Meit­schi, komm, hock ab…«

      Son­ja hat­te sich an den Wacht­meis­ter ge­lehnt, ihr Kör­per zit­ter­te, die Schul­tern wa­ren weich. Stu­der seufz­te grund­los. »Komm, Meit­schi, kom­m…«

      Son­ja setz­te sich auf einen Stuhl. Ihre Arme la­gen lang aus­ge­streckt auf der Tisch­plat­te ne­ben dem Tel­ler mit dem An­ken, ne­ben dem Kam­m…

      Drau­ßen wur­de die Däm­me­rung dicht. Stu­der hat­te we­nig Zeit. Um halb acht Uhr soll­te er bei Mur­mann zum Nachtes­sen sein…

      Son­ja dau­er­te ihn. Er woll­te sie nicht aus­fra­gen… Ihr Va­ter war tot, ihr Liebs­ter saß in ei­ner Zel­le, tags­über ging sie nach Bern schaf­fen, ihr Bru­der ließ sich von ei­ner Kell­ne­rin Geld ge­ben, und ihre Mut­ter las im Bahn­hof­ki­osk Ro­ma­ne…

      »Der Er­win«, sag­te Stu­der sanft, »der Er­win hat mir ge­sagt, er las­se dich grü­ßen…«

      »Und glau­bet Ihr, dass er schul­dig ist?«

      Stu­der schüt­tel­te stumm den Kopf. Ei­nen Au­gen­blick lä­chel­te Son­ja, dann ka­men die Trä­nen wie­der.

      »Er wird’s nicht be­wei­sen kön­nen, dass er un­schul­dig ist…«, sag­te sie schluch­zend.

      »Hast du ihm das Geld ge­ge­ben?«

      Merk­wür­dig, wie ein Ge­sicht sich ver­än­dern konn­te!… Son­ja blick­te starr vor sich hin, zum Fens­ter hin­aus, in die Rich­tung, wo der alte, ver­fal­le­ne Schup­pen stand, des­sen Ein­gang ein schwar­zes Recht­eck war… Und schwieg.

      »Wa­rum hast du dem Ger­ber, dem Coif­feur, den Füll­fe­der­hal­ter ge­schenkt?«

      »Weil… weil… er et­was weiß…«

      »So, so«, sag­te Stu­der.

      Er hat­te sich an den Tisch ge­setzt, das Hocker­li war zu klein für sei­nen schwe­ren Kör­per, er fühl­te sich un­ge­müt­lich.

      »– Ob sie schon lan­ge in dem Hau­se wohn­ten? frag­te er. – Der Va­ter habe es bau­en las­sen mit dem Geld der Mut­ter, er­zähl­te Son­ja, und es schi­en, als sei sie froh, spre­chen zu kön­nen. Der Va­ter sei bei der Bahn ge­we­sen, als Kon­duk­teur, und dann habe die Mut­ter eine Erb­schaft ge­macht. Die Mut­ter stam­me von hier, aus Ger­zen­stein, der Va­ter sei aus dem See­land ge­we­sen. Die Mut­ter habe den La­den ein­ge­rich­tet und der Va­ter habe wei­ter auf der Bahn ge­schafft. Wäh­rend dem Krieg sei das Ge­schäft gut ge­gan­gen, es hät­te da­mals noch we­nig Lä­den ge­ge­ben in Ger­zen­stein. Da habe sich der Va­ter pen­sio­nie­ren las­sen. Viel­mehr, er sei ein­fach aus­ge­tre­ten und habe auf die Pen­si­on ver­zich­tet, weil er einen Herz­feh­ler ge­habt habe, und sie hät­ten ihm auf der Bahn Schwie­rig­kei­ten ge­macht. Ja, wäh­rend dem Krieg sei es gut ge­gan­gen. Der Ar­min habe spä­ter aufs Gym­na­si­um kön­nen nach Bern, nach­dem er hät­te stu­die­ren sol­len. Aber dann sei der große Bank­krach ge­kom­men und die El­tern hät­ten al­les ver­lo­ren. Und dann sei es aus ge­we­sen. Die Mut­ter sei häs­sig ge­wor­den und der Va­ter sei rei­sen ge­gan­gen. Aber er habe we­nig ver­dient. Und al­les sei so teu­er!… Die Mut­ter kön­ne nicht mit dem Geld wirt­schaf­ten, sie gebe im­mer al­les aus für Me­di­zi­nen und sol­ches Zeug. Der On­kel Äsch­ba­cher sei ein oder zwei­mal ein­ge­sprun­gen…«

      Die СКАЧАТЬ