Wachtmeister Studer. Friedrich C. Glauser
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Название: Wachtmeister Studer

Автор: Friedrich C. Glauser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816315

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СКАЧАТЬ an­ge­se­he­ner Bür­ger, ver­wandt mit dem Ge­mein­de­prä­si­den­ten, Haus­be­sit­zer… Und dann, Jahr für Jahr, die Än­de­run­gen… Die Frau, die häs­sig wird, die Frau, die Ro­ma­ne liest, dann die fi­nan­zi­el­len Schwie­rig­kei­ten, der Sohn, der sich auf die Sei­te der Mut­ter schlägt, der Gar­ten, der ver­lot­tert, der Wen­de­lin, der rei­sen geht, der Wen­de­lin, der Schnaps trinkt, die Zeit­schrif­ten mit den Ver­si­che­run­gen… Bei Gan­zin­va­li­di­tät war die Sum­me doch ge­ra­de so hoch wie bei To­des­fall… Aber als Bild, das sich nicht ver­trei­ben ließ, sah Stu­der im­mer die Bank vor dem Haus, die Kin­der, die am Bo­den spiel­ten, das lo­cke­re Zweig­lein, das im Win­de schwank­te, und das der Wen­de­lin mit ei­nem gel­ben Bast­fa­den fest­ban­d…

      Stu­der hat­te eine Wei­le nicht mehr zu­ge­hört, jetzt horch­te er auf, denn Mur­mann sag­te:

      »… und einen Hund hat er auch ge­habt. Ein­mal, wie der Wit­schi halb be­sof­fen nach Haus ge­gan­gen ist, ha­ben ihn ein paar Bur­schen an­ge­ödet. Da hat der Hund ge­bellt und ist auf die Bur­schen los. Ei­ner hat ihn mit ei­nem Stein tot­ge­schla­gen…«

      Das ge­hör­te na­tür­lich auch dazu. Der Wit­schi, der sich ein­sam fühlt und sich einen Hund hält. Wahr­schein­lich war der das ein­zi­ge We­sen, das ihm kei­ne Vor­wür­fe mach­te, vor dem er kla­gen konn­te… Und wie­der ver­sank Stu­der ins Träu­men.

      – Er sah die Fa­mi­lie Wit­schi um den Tisch sit­zen, im Wohn­zim­mer, das er kann­te. In der Ecke stand das stau­bi­ge Kla­vier. Der Wit­schi ver­such­te Zei­tung zu le­sen… Und die kei­fen­de Stim­me der Frau: Ver­si­chert sei­en sie und das vie­le Geld, das man der Ver­si­che­rung ge­zahlt habe! Die Frau dach­te nicht dar­an, dass schließ­lich sie bis jetzt alle Vor­tei­le ge­nos­sen hat­te von die­ser Ver­si­che­rung, die bun­ten Heft­li mit den Ro­ma­nen dar­in… Wa­ren die­se Ro­ma­ne nicht et­was Ähn­li­ches für die Ana­sta­sia Wit­schi wie für ih­ren Mann der Schnaps? Eine Mög­lich­keit, der Öde zu ent­rin­nen, zu flie­hen in eine Welt, in der es Kom­tes­sen gab und Gra­fen, Sch­lös­ser und Tei­che und Schwä­ne und schö­ne Klei­der und eine Lie­be, die sich in Sprü­chen Luft mach­te, wie: ›Son­ja, mei­ne ein­zig Ge­lieb­te…‹

      Mur­mann schwieg schon eine ge­rau­me Wei­le. Er woll­te den Wacht­meis­ter nicht in sei­nen Träu­men stö­ren. Plötz­lich schi­en Stu­der das Schwei­gen auf­zu­fal­len. Er schreck­te auf.

      »Nur wei­ter, nur wei­ter… Ich hör schon zu…«

      – Es schei­ne nicht, mein­te Mur­mann, über was denn Stu­der so tief nach­ge­dacht habe? – Er wer­de es ihm spä­ter sa­gen. Mur­mann sol­le jetzt die bei­den Tage schil­dern, die Ent­de­ckung der Lei­che, die Un­ter­su­chung, die Flucht des Schlumpf… – Da sei nicht viel zu sa­gen, nicht mehr auf alle Fäl­le, als was in den Ak­ten stün­de. Stu­der sol­le einen Au­gen­blick war­ten…

      Mur­mann stand auf, um die Ak­ten zu ho­len…

      Die Stil­le im Zim­mer war tie­f… Stu­der ging zum Fens­ter und öff­ne­te einen Flü­gel.

      Deut­lich durch die Nacht drang ein Sum­men zu ihm.

      Er kann­te das Lied. Eine Klein­mäd­chen­stim­me hat­te es ges­tern vor ei­nem Zel­len­fens­ter ge­sun­gen:

      »O, du liebs En­ge­li…«

      Das Sum­men rie­sel­te von oben durch das Dun­kel. Frau Mur­mann sang ihr Kind in den Schlaf…

      Der Land­jä­ger kam zu­rück. Er trug lose Blät­ter in der Hand, setz­te sich, brei­te­te sie vor sich aus und be­gann zu spre­chen. Stu­der stand am Fens­ter, ge­gen die Wand ge­lehnt.

      – Der Cot­te­reau – üb­ri­gens, wie habe Stu­der den Cot­te­reau ent­deckt? – Stu­der wink­te ab: Spä­ter…

      – Also der Cot­te­reau sei in den Pos­ten ge­stürzt ge­kom­men und habe wir­res Zeug durch­ein­an­der­ge­re­det von ei­nem To­ten, der im Wald lie­ge… Ein Er­mor­de­ter!…

      »Ich hab’ an den Re­gie­rungs­statt­hal­ter te­le­fo­niert, be­vor ich auf­ge­bro­chen bin, und der hat ver­spro­chen zu kom­men. Vor der Türe hab’ ich den Ge­mein­de­prä­si­den­ten Äsch­ba­cher ge­trof­fen, der war vom Leh­rer Schwomm be­glei­tet. Das war nichts Merk­wür­di­ges, denn der Schwomm ist Ge­mein­de­schrei­ber. Die bei­den ha­ben sich auf­ge­drängt, der Äsch­ba­cher hat so­fort die Un­ter­su­chung in die Hand neh­men wol­len… Da ist er aber schlecht an­ge­kom­men. Ich lass mir nichts vor­schrei­ben. Aber ich habe den Fo­to­gra­fen des Dor­fes bei­ge­zo­gen…«

      – Sie sei­en dann zu fünft nach dem Tat­ort ge­gan­gen, der Prä­si­dent, Schwomm, der Fo­to­graf und er, Mur­mann… Cot­te­reau habe sie ge­führ­t… Am Tat­ort an­ge­kom­men, habe Mur­mann den Fo­to­gra­fen an­ge­wie­sen, ein paar Auf­nah­men zu ma­chen, und der Mann habe das ganz rich­tig ge­macht.

      Si­cher, sag­te Stu­der, »der hat gut ge­ar­bei­tet. Hast du auch be­merkt, dass kei­ne Tan­nen­na­deln auf dem Rücken des Rockes zu se­hen wa­ren?«

      Mur­mann schüt­tel­te den Kopf.

      – Das sei ihm nicht auf­ge­fal­len. Aber wenn Stu­der es be­merkt habe, dann sei das ja die Haupt­sa­che… Der Ge­mein­de­prä­si­dent habe im­mer drein­re­den wol­len: das sei ein Mord, habe er ge­sagt, si­cher ein Raub­mord, und nie­mand an­ders habe ihn be­gan­gen als ei­ner der Ver­bre­cher, die der El­len­ber­ger bei sich an­ge­stellt ha­be… Na­tür­lich sei­en ein Hau­fen Leu­te bei der Ent­de­ckung da­bei ge­we­sen, so­dass es dem Statt­hal­ter nicht schwer ge­fal­len sei, die Stel­le zu fin­den. Sie hät­ten dann noch den Dr. Neu­en­schwan­der ge­holt, der den Tod fest­ge­stellt und den Wit­schi ins Ge­mein­de­spi­tal habe brin­gen las­sen. Mur­mann habe ver­langt, die Sek­ti­on sol­le im Ge­richts­me­di­zi­ni­schen In­sti­tut aus­ge­führt wer­den. Dr. Neu­en­schwan­der sei är­ger­lich ge­wor­den, habe dann aber auch ein­ge­wil­ligt, nur habe er ein Pro­to­koll auf­ge­setzt und es ›Sek­ti­ons­pro­to­koll‹ ge­tauft, auch mit ei­ner Son­de die Schuss­wun­de un­ter­sucht und dann in ge­lehr­ten Aus­drücken ihre mut­maß­li­che Stel­lung fest­ge­hal­ten…

      »Die Ta­schen wa­ren leer?«

      »Ganz leer«, sag­te Mur­mann. »Und das ist mir auch auf­ge­fal­len.«

      »Wa­rum?«

      »Ich weiß sel­ber nicht…«

      »Aber an dem Tag soll der Wit­schi drei­hun­dert Fran­ken bei sich ge­habt ha­ben? Er hat doch Rech­nun­gen ein­kas­siert? Und von da­heim noch Geld mit­ge­nom­men?«

      – Von da­heim habe er si­cher kein Geld mit­ge­nom­men, dar­auf möch­te er, Mur­mann, schwö­ren. Aber hun­dert­fünf­zig Fran­ken habe er wohl ge­habt, er habe Rech­nun­gen ein­kas­siert, und die Bau­ern, bei de­nen er ge­we­sen sei, hät­ten te­le­fo­nisch die Sa­che be­stä­tig­t…

      »Wei­ter!« СКАЧАТЬ