Wachtmeister Studer. Friedrich C. Glauser
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Название: Wachtmeister Studer

Автор: Friedrich C. Glauser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816315

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СКАЧАТЬ der Leh­rer Schwomm?«

      Son­ja wur­de rot, hol­te Atem, woll­te spre­chen, die Stim­me ver­sag­te, sie hus­te­te, such­te nach ei­nem Ta­schen­tuch, wisch­te sich die Au­gen mit dem Han­drücken, stot­ter­te dann:

      »Er ist an der Se­kun­dar­schu­le, er ist Ge­mein­de­schrei­ber, auch Sek­ti­ons­chef, und den ge­misch­ten Chor lei­tet er auch…«

      »Dann hat er viel mit dem Ge­mein­de­prä­si­den­ten zu tun? Mit dem ›On­kel‹ Äsch­ba­cher?«

      Son­ja nick­te.

      »Leb wohl.« Stu­der streck­te ihr die Hand hin. »Und wein’ nicht. Es kommt schon bes­ser.«

      »Le­bet wohl, Wacht­meis­ter«, sag­te Son­ja und streck­te ihre klei­ne Hand aus. Die Nä­gel wa­ren sau­ber.

      Sie stand nicht auf und ließ Stu­der al­lein hin­aus­ge­hen. Im Haus­gang blieb Stu­der ste­hen und such­te nach sei­nem Schnupf­tuch, fand es nicht, er­in­ner­te sich, dass er es in der Kü­che ge­braucht hat­te, kehr­te an der Hau­stü­re um und be­trat, ohne an­zu­klop­fen, die Kü­che.

      Sie war leer. Die Tür zum an­de­ren Zim­mer war of­fen… Vor dem schwe­ren schwar­zen Büf­fet stand Son­ja. Sie hielt die Vase mit den Wachs­ro­sen und dem künst­li­chen Herbst­laub in der Hand und schi­en das Ge­wicht der Vase zu prü­fen. Ihre Au­gen wa­ren auf das Bild des Va­ters ge­rich­tet.

      Auf dem Bo­den ne­ben dem Kü­chen­tisch lag Stu­ders Nas­tuch.

      Stu­der ging lei­se zum Tisch, hob es auf, schlich zur Türe zu­rück:

      »Gut’ Nacht, Meit­schi«, sag­te er.

      Son­ja fuhr her­um, stell­te die Vase ab. Sie riss sich zu­sam­men:

      »Gut’ Nacht, Wacht­meis­ter…«

      Merk­wür­dig, ihr Blick er­in­ner­te Stu­der an den des Bur­schen Schlumpf: Er­stau­nen lag dar­in und viel ver­stock­te Verzweif­lung.

      Der Fall Wendelin Witschi zum zweiten

      Neh­met Platz, Stu­der«, sag­te Frau Mur­mann. Auf dem Tisch stand eine große Plat­te mit Auf­schnitt und Schin­ken, es gab Salat, und an der einen Ti­sche­cke, dicht ne­ben Mur­manns Platz, stan­den vier Fla­schen Bier.

      »Und, Stu­der, zie­het den Kit­tel ab«, mein­te Frau Mur­mann noch. Dann emp­fahl sie sich. Sie müs­se das Kind stil­len, sag­te sie.

      – Ob Stu­der et­was ge­fun­den habe, frag­te Mur­mann, ohne auf­zu­bli­cken. Er war da­mit be­schäf­tigt, ein Bü­schel Salat­blät­ter auf sei­ne Ga­bel zu spie­ßen. Dann kau­te er, an­däch­tig und ab­we­send.

      »Ich hab’ den Cot­te­reau ge­fun­den…«, sag­te Stu­der und be­äug­te prü­fend ein Stück saf­ti­gen Schin­kens.

      »So, so«, mein­te Mur­mann. »Al­ler­han­d…« Er leer­te sein Bier­glas auf einen Zug. Dann schwie­gen die bei­den.

      In ei­ner Ecke des Zim­mers stand ein bun­ter Bau­ern­schrank, des­sen Tü­ren Ro­sen­gir­lan­den um­rank­ten…

      Mur­mann trug die Tel­ler hin­aus. Dann setz­te er sich, zün­de­te sei­ne Pfei­fe an. »Also, er­zähl!…«

      Aber Stu­der schwieg. Er griff in die hin­te­re Ho­sen­ta­sche, zog die bei Frau Hof­mann ge­fun­de­ne Pis­to­le her­aus und leg­te sie auf den Tisch. Dann such­te er in der Rock­ta­sche, ließ die bei Wit­schis ge­fun­de­ne Pa­tro­nen­hül­se im Licht der Lam­pe glän­zen und frag­te schließ­lich:

      »Ge­hö­ren die bei­den zu­sam­men?«

      Mur­mann ver­tief­te sich in die Un­ter­su­chung. Er nick­te ein paar­mal…

      »Das Ka­li­ber ist das glei­che«, sag­te er still. »Ob die Hül­se von der Waf­fe da ab­ge­schos­sen wor­den ist, kann ich nicht so ohne wei­te­res sa­gen. Es sind hei­kle Sa­chen. Man müss­te den Ein­schlag prü­fen… Wo hast du die Hül­se ge­fun­den?«

      »In ei­ner Vase auf dem Kla­vier im Wohn­zim­mer der Wit­schis. Es wa­ren fünf­zehn Hül­sen in der Vase. Es hat so aus­ge­se­hen, als ob ei­ner eif­rig die Pis­to­le pro­biert hät­te…«

      »Ja?« sag­te Mur­mann.

      »Die Son­ja fürch­tet sich… Ganz si­cher vor min­des­tens vier Leu­ten: vor dem Coif­feur­ge­hil­fen, dem Leh­rer Schwomm, vor ih­rem Bru­der und viel­leicht auch vor dem ›On­kel Äsch­ba­cher‹.«

      »Ja«, sag­te Mur­mann, »das glaub’ ich. Die Son­ja meint, dass ihr Va­ter Selbst­mord be­gan­gen hat. Aber wenn man Selbst­mord an­nimmt, dann wer­den kei­ne Ver­si­che­run­gen aus­ge­zahlt. Und der Ger­ber, der Coif­feur, hat be­merkt, dass bei dem so­ge­nann­ten Mord nicht al­les stimmt. Und nun hat die Son­ja Angst, er kön­ne et­was sa­gen… Ver­stehst du?«

      »Er­zähl’ ein­mal die Ge­schich­te von An­fang an. Ich brauch’ we­ni­ger die Tat­sa­chen als die Luft, in der die Leu­te ge­lebt ha­ben… Ver­stehst? So die klei­nen Sä­che­li, auf die nie­mand acht­gibt und die dann ei­gent­lich den gan­zen Fall er­hel­len… Hell!… So­weit das mög­lich ist, na­tür­lich.«

      Von großen Pau­sen un­ter­bro­chen, mit vie­len Ab­schwei­fun­gen und un­ge­zähl­ten ein­ge­schal­te­ten ›Nid?‹ und ›Be­griifscht?‹ er­zähl­te Land­jä­ger­kor­po­ral Mur­mann dem Wacht­meis­ter Stu­der etwa fol­gen­de Ge­schich­te:

      – Der Wit­schi Wen­de­lin hat­te vor zwei­und­zwan­zig Jah­ren ge­hei­ra­tet. Er war da­mals bei der Bahn ge­we­sen. Das Ehe­paar hat­te zu­erst eine Woh­nung im Haus des Äsch­ba­cher in­ne­ge­habt, dann war eine Tan­te der Frau Wit­schi ge­stor­ben, die Erb­schaft war ziem­lich groß ge­we­sen und da hat­ten sie sich ent­schlos­sen zu bau­en…

      »Wie heißt üb­ri­gens die Frau Wit­schi mit dem Vor­na­men?« frag­te Stu­der.

      »Ana­sta­sia… Wa­rum?«

      Stu­der lä­chel­te, schwieg eine Wei­le, dann sag­te er:

      »Nur so, er­zähl’ wei­ter…«

      – Sie hat­ten also das Haus ge­baut, Kin­der wa­ren ge­kom­men, das Ehe­paar schi­en glück­lich zu sein. Die Frau war schaf­fig, sie hielt den Gar­ten in Ord­nung, sie be­dien­te im La­den. Am Abend sah man die bei­den ein­träch­tig auf ei­ner Bank vor dem Hau­se sit­zen, der Wit­schi las die Zei­tung, die Frau strick­te…

      – Stu­der sah das Bild deut­lich vor sich. Un­ter den Fens­tern des ers­ten Stockes glänz­te noch, neu und un­ver­blasst, der Name des Hau­ses, ›Al­pen­ruh‹, und über der Tür der Spruch: ›Grüß Gott, tritt ein, bring Glück her­ein.‹ Der Wen­de­lin Wit­schi СКАЧАТЬ