Wachtmeister Studer. Friedrich C. Glauser
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Читать онлайн книгу Wachtmeister Studer - Friedrich C. Glauser страница 17

Название: Wachtmeister Studer

Автор: Friedrich C. Glauser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962816315

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СКАЧАТЬ und von Thor­berg und von der Zwangs­er­zie­hungs­an­stal­t… Ein­mal hat ihn sei­ne Mut­ter be­sucht… Eine gute Frau… Der Er­win hat viel von sei­ner Mut­ter ge­hal­ten… Habt Ihr die Mut­ter ge­se­hen?«

      Stu­der nick­te. Er hör­te die alte, ru­hi­ge Stim­me, die frag­te: »Aber er darf noch z’Mor­gen neh­men?«

      Über der Kü­chen­tür schrill­te die Klin­gel. Es sei wohl je­mand im La­den, mein­te die Frau, stand auf, füll­te vor­sorg­lich Stu­ders Tas­se – mit Zu­cker und Milch sol­le er sich nur be­die­nen, mein­te sie –, und dann ging sie ihre Kun­den be­die­nen.

      Stu­der trank die Tas­se in klei­nen Schlücken leer, zog die Uhr: es war bald sechs. Er hat­te noch Zeit.

      Er spa­zier­te in der klei­nen Kü­che um­her, die Hän­de auf dem Rücken ver­schränkt, dach­te an nichts und schüt­tel­te nur von Zeit zu Zeit den Kopf, wenn ihn ir­gend­ein Ge­dan­ke be­läs­ti­gen woll­te. Zwei­mal, drei­mal kam er an dem wei­ßen Kü­chen­schaft vor­bei, ohne ihn rich­tig zu se­hen, bis er sich, bei ei­ner brüs­ken Kehrt­wen­dung, schmerz­haft an ei­ner Ecke stieß. Nun be­trach­te­te er erst das Mö­bel, auf­merk­sam und miss­bil­li­gend. Es war ein wei­ßer Kü­chen­schaft, un­ten breit, mit Holz­tü­ren; auf die­sem brei­ten un­te­ren Teil er­hob sich ein schmä­le­res Ge­stell mit Glas­fens­tern. Ein Sta­pel Tel­ler, da­ne­ben Tas­sen und Glä­ser, ei­ni­ge Bra­ten­schüs­seln. Auf dem obers­ten Brett la­gen alte Zei­tun­gen, or­dent­lich auf­ge­schich­tet und ne­ben ih­nen, durch­ein­an­der, al­tes Pack­pa­pier. Die Tü­ren wa­ren nur an­ge­lehnt. Stu­der starr­te auf den un­or­dent­li­chen Stoß Pack­pa­pier. Und da er sich lang­weil­te, nahm er das Pack­pa­pier her­aus – er pack­te es fest mit bei­den Hän­den, da­mit nicht ir­gend­ein klei­ne­res Blatt zu Bo­den flat­ter­te –, leg­te den Stoß auf den Tisch und be­gann es sorg­fäl­tig zu­sam­men­zu­le­gen.

      Als er das fünf­te Blatt hoch­hob (noch spä­ter er­in­ner­te er sich an die Far­be die­ses Pa­piers, es war blau­es Pa­pier, wie man es zum Ein­wi­ckeln von Zucker­hü­ten braucht), sah er et­was Schwar­zes lie­gen.

      Stu­der stütz­te die Fäus­te auf den Tisch und be­sah mit schief­ge­neig­tem Kopf das schwar­ze Ding. Kein Zwei­fel: eine Brow­ning­pis­to­le, Ka­li­ber 6,5, eine zier­li­che Waf­fe. Aber was hat­te die­ser Brow­ning in der Kü­che der Frau Hof­mann zu su­chen? Wie war er un­ter die­ses Pa­pier ge­rutscht? Hat­te der Schlumpf…? Eine böse Ge­schich­te. Wenn der Un­ter­su­chungs­rich­ter in Thun von die­sem Fund er­fuhr…

      Stu­der schwank­te. Vi­el­leicht wa­ren Fin­ger­ab­drücke auf dem Kol­ben zu fin­den, ob­wohl der Kol­ben ge­rippt war und die Ab­drücke si­cher nicht so klar wa­ren, dass man et­was mit ih­nen wür­de be­wei­sen kön­nen…

      Wie­der schrill­te die Klin­gel über der Kü­chen­tür kurz auf. Die Kun­den hat­ten wohl den La­den ver­las­sen. Frau Hof­mann wür­de gleich zu­rück­kom­men.

      »Ah bah«, sag­te Stu­der laut, nahm das zier­li­che schwar­ze Ding – und ganz kurz sah er das Loch, das dies Ding ge­macht hat­te, die Ein­schuss­öff­nung drei Fin­ger etwa vom rech­ten Ohr im Hin­ter­kopf des Wen­de­lin Wit­schi – dann steck­te Stu­der die Pis­to­le in sei­ne hin­te­re Ho­sen­ta­sche…

      Die Kü­chen­tür ging auf. Frau Hof­mann kam nicht al­lein zu­rück. Son­ja Wit­schi be­glei­te­te sie.

      Er habe ein we­nig Ord­nung ma­chen wol­len zum Dank für den Kaf­fee, sag­te Stu­der, aber das sei ja nicht mehr nö­tig. Er nahm den Stoß Pack­pa­pier, warf ihn auf das obe­re Brett des Kü­chen­schaf­tes und setz­te sich wie­der. Er schi­en das Mäd­chen gar nicht zu be­ach­ten.

      »Im Dorf wis­sen sie schon, dass Ihr die Un­ter­su­chung führt, Herr Wacht­meis­ter, und da hat die Son­ja mit Euch re­den wol­len«, sag­te Frau Hof­mann. Und zu dem Mäd­chen ge­wandt: – Es sol­le ab­ho­cken, Kaf­fee sei noch da…

      Stu­der sah das Mäd­chen an. Das klei­ne Ge­sicht mit der spit­zen Nase und den Som­mer­spros­sen an den Schlä­fen war bleich und sah ver­stört aus. Und im­mer wi­chen die Au­gen Stu­ders Blick aus. Die­se Au­gen blick­ten furcht­sam in der Kü­che um­her, wan­der­ten vom Tisch, auf dem das Pack­pa­pier ge­le­gen hat­te, zum Schaft, in dem der Sta­pel nun lag. Die Lip­pen press­ten sich auf­ein­an­der.

      Am liebs­ten wäre Stu­der auf­ge­stan­den, hät­te dem Mäd­chen die Haa­re ge­strei­chelt und es be­ru­higt, wie man einen zit­tern­den Hund be­ru­higt. Aber das ging nicht. Vi­el­leicht wuss­te das Mäd­chen et­was von der ver­steck­ten Pis­to­le? Hat­te der Schlumpf die Waf­fe ver­steckt und am Abend vor sei­ner Flucht dem Mäd­chen er­zählt, wo sie lag? Wa­rum war dann Son­ja nicht frü­her ge­kom­men, um sie bei­sei­te zu schaf­fen? Fra­gen, vie­le Fra­gen!… Stu­der seufz­te.

      Nun kam Son­ja auf ihn zu, sie schi­en ihn als den­je­ni­gen wie­der­zu­er­ken­nen, der im Zug die Be­mer­kung über Fe­li­ci­tas Rose ge­macht hat­te, denn sie wur­de rot, als sie Stu­der die Hand gab. Aber viel­leicht hat­te die Röte auch eine an­de­re Ur­sa­che. Die fried­li­che At­mo­sphä­re, die vor­her in der Kü­che ge­herrscht hat­te, war ge­stört. Es war eine Span­nung da, die nicht nur von der Ver­le­gen­heit (oder war es Angst?) der klei­nen Son­ja Wit­schi er­zeugt wur­de – nein, Stu­der schi­en es, als habe sich auch die Hal­tung Frau Hof­manns ver­än­dert.

      Das Schwei­gen, das über der klei­nen Kü­che lag, wur­de nur vom Ti­cken der Uhr un­ter­bro­chen, ei­ner wei­ßen Por­zel­lan­uhr mit blau­en Zif­fern. Und wäh­rend die­ses Schwei­gens wur­de Stu­ders op­ti­mis­ti­sche Stim­mung zer­nagt und lang­sam wuchs eine läh­men­de Mut­lo­sig­keit in ihm. Vi­el­leicht trug zum Wach­sen die­ser Mut­lo­sig­keit auch das un­ge­wohn­te Ge­wicht bei, das in sei­ner hin­te­ren Ho­sen­ta­sche las­te­te.

      – Es sei­en wohl noch an­de­re Kun­den da­ge­we­sen, mein­te Stu­der plötz­lich. – Nein, kei­ne Kun­den… Frau Hof­mann schüt­tel­te den Kopf. Zwei Her­ren sei­en da­ge­we­sen… – Zwei Her­ren? Wie sie ge­hei­ßen hät­ten? – Der Ge­mein­de­prä­si­dent und der Leh­rer Schwomm. – Was die Her­ren denn ge­wollt hät­ten?

      Frau Hof­mann schwieg ver­stockt. Stu­der blick­te auf Son­ja Wit­schi, die er bei sich Fe­li­ci­tas nann­te. Aber das Mäd­chen zuck­te nur die Ach­seln.

      – Ob sie mit den bei­den Her­ren ge­kom­men sei? frag­te Stu­der das Mäd­chen.– Es habe die bei­den ge­holt, als es den Wacht­meis­ter habe in den La­den ge­hen se­hen.

      Stu­der stand auf, kratz­te sich die Stir­ne – das wur­de ja im­mer kom­pli­zier­ter… Aus Frau Hof­mann war wohl nichts mehr zu ho­len… Aber viel­leicht aus dem Mäd­chen?…

      »Adieu, Frau Hof­mann«, sag­te Stu­der freund­lich. »Und du, komm ein­mal mit. Wir wol­len noch ein we­nig zu­sam­men re­den…«

      Es hat­te kei­nen Sinn, sich Schlumpfs Zim­mer an­zu­se­hen. Das war si­cher ge­putzt und ge­fegt wor­den und die Sa­chen, die Schlumpf ge­hört hat­ten, wa­ren ver­packt und la­gen СКАЧАТЬ