Gesammelte Werke. Фридрих Вильгельм Ницше
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СКАЧАТЬ Ge­set­ze, daß der Mensch das Un­ver­än­der­lich-Häß­li­che nicht er­träg­t: es sei denn auf einen Au­gen­blick; er ver­gißt es oder leug­net es in al­len Fäl­len. – Die Mora­lis­ten müs­sen auf je­nen "Au­gen­blick" rech­nen, um ihre Wahr­hei­ten vor­brin­gen zu dür­fen.

      Mei­nun­gen und Fi­sche. – Man ist Be­sit­zer sei­ner Mei­nun­gen, wie man Be­sit­zer von Fi­schen ist, – in­so­fern man näm­lich Be­sit­zer ei­nes Fisch­tei­ches ist. Man muß fi­schen ge­hen und Glück ha­ben, – dann hat man sei­ne Fi­sche, sei­ne Mei­nun­gen. Ich rede hier von le­ben­di­gen Mei­nun­gen, von le­ben­di­gen Fi­schen. An­de­re sind zu­frie­den, wenn sie ein Fos­si­li­en-Ka­bi­nett be­sit­zen – und, in ih­rem Kop­fe, "Über­zeu­gun­gen".

      An­zei­chen von Frei­heit und Un­frei­heit. – Sei­ne not­wen­di­gen Be­dürf­nis­se so­viel wie mög­lich sel­ber be­frie­di­gen, wenn auch un­voll­kom­men, das ist die Rich­tung auf Frei­heit von Geist und Per­son. Vie­le, auch über­flüs­si­ge Be­dürf­nis­se sich be­frie­di­gen las­sen, und so voll­kom­men als mög­lich, – er­zieht zur Un­frei­heit. Der So­phist Hip­pi­as, der al­les was er trug, in­nen und au­ßen, selbst er­wor­ben, sel­ber ge­macht hat­te, ent­spricht eben da­mit der Rich­tung auf höchs­te Frei­heit des Geis­tes und der Per­son. Nicht dar­auf kommt es an, daß al­les gleich gut und voll­kom­men ge­ar­bei­tet ist; der Stolz flickt schon die schad­haf­ten Stel­len aus.

      Sich sel­ber glau­ben. – In un­se­rer Zeit miß­traut man je­dem, der an sich sel­ber glaubt; ehe­mals ge­nüg­te es, um an sich glau­ben zu ma­chen. Das Re­zept, um jetz­t Glau­ben zu fin­den, heißt: "Scho­ne dich sel­ber nicht! Willst du dei­ne Mei­nung in ein glaub­wür­di­ges Licht set­zen, so zün­de zu­erst die ei­ge­ne Hüt­te an!"

      Rei­cher und är­mer zu­gleich. – Ich ken­ne einen Men­schen, der als Kind schon sich ge­wöhnt hat­te, gut von der In­tel­lek­tua­li­tät der Men­schen zu den­ken, also von ih­rer wah­ren Hin­ge­bung in be­zug auf geis­ti­ge Din­ge, ih­rer un­ei­gen­nüt­zi­gen Be­vor­zu­gung des als wahr Er­kann­ten und der­glei­chen, da­ge­gen von sei­nem ei­ge­nen Kop­fe (Ur­teil, Ge­dächt­nis, Geis­tes­ge­gen­wart, Phan­ta­sie) be­schei­de­ne, ja nied­ri­ge Be­grif­fe zu ha­ben. Er mach­te sich nichts aus sich, wenn er sich mit an­de­ren ver­glich. Nun wur­de er im Lau­fe der Jah­re erst ein­mal und dann hun­dert­fach ge­zwun­gen, in die­sem Punk­te um­zu­ler­nen, – man soll­te den­ken zu sei­ner großen Freu­de und Ge­nug­tu­ung. Es gab auch in der Tat et­was da­von; aber "doch ist, wie er ein­mal sag­te, eine Bit­ter­keit der bit­ters­ten Art bei­ge­mischt, wel­che ich im frü­he­ren Le­ben nicht kann­te: denn seit ich die Men­schen und mich sel­ber ge­rech­ter schät­ze, scheint mir mein Geist we­ni­ger nüt­ze; ich glau­be da­mit kaum noch et­was Gu­tes er­wei­sen zu kön­nen, weil der Geist der An­de­ren es nicht an­zu­neh­men ver­steht: ich sehe jetzt die schreck­li­che Kluft zwi­schen dem Hil­f­rei­chen und dem Hil­fe­be­dürf­ti­gen im­mer vor mir. Und so quält mich die Not, mei­nen Geist für mich ha­ben und al­lein ge­nie­ßen zu müs­sen, so­weit er ge­nieß­bar ist. Aber ge­ben ist se­li­ger als ha­ben: und was ist der Reichs­te in der Ein­sam­keit ei­ner Wüs­te!"

      Wie man an­grei­fen soll. – Die Grün­de, um de­rent­wil­len man an et­was glaubt oder nicht glaubt, sind bei den al­ler­sel­tens­ten Men­schen über­haupt so stark, als sie sein kön­nen. Für ge­wöhn­lich hat man, um den Glau­ben an et­was zu er­schüt­tern, durch­aus nicht nö­tig, ohne wei­te­res das schwers­te Ge­schütz des An­griffs vor­zu­fah­ren; bei vie­len führt es schon zum Zie­le, wenn man den An­griff mit et­was Lärm macht: so daß oft Knall­erb­sen ge­nü­gen. Ge­gen sehr eit­le Per­so­nen reicht die Mie­ne des al­ler­schwers­ten An­griffs aus: sie se­hen sich sehr ernst ge­nom­men – und ge­ben gern nach.

      Tod. – Durch die si­che­re Aus­sicht auf den Tod könn­te je­dem Le­ben ein köst­li­cher, wohl­rie­chen­der Trop­fen von Leicht­sinn bei­ge­mischt sein – und nun habt ihr wun­der­li­chen Apo­the­ker-See­len aus ihm einen übel­schme­cken­den Gift-Trop­fen ge­macht, durch den das gan­ze Le­ben wi­der­lich wird!

      Reue. – Nie­mals der Reue Raum ge­ben, son­dern sich so­fort sa­gen: dies hie­ße ja der ers­ten Dumm­heit eine zwei­te zu­ge­sel­len. – Hat man Scha­den ge­stif­tet, so sin­ne man dar­auf, Gu­tes zu stif­ten. Wird man we­gen sei­ner Hand­lun­gen ge­straft, dann er­tra­ge man die Stra­fe mit der Emp­fin­dung, da­mit schon et­was Gu­tes zu stif­ten, man schreckt die an­de­ren ab, in die glei­che Tor­heit zu ver­fal­len. Je­der ge­straf­te Übel­tä­ter darf sich als Wohl­tä­ter der Mensch­heit füh­len.

      Zum Den­ker wer­den. – Wie kann je­mand zum Den­ker wer­den, wenn er nicht min­des­tens den drit­ten Teil je­den Ta­ges ohne Lei­den­schaf­ten, Men­schen und Bü­cher ver­bringt?

      Das bes­te Heil­mit­tel. – Et­was Ge­sund­heit ab und zu ist das bes­te Heil­mit­tel des Kran­ken.

      Nicht an­rüh­ren! – Es gibt schreck­li­che Men­schen, wel­che ein Pro­blem, an­statt es zu lö­sen, für alle, wel­che sich mit ihm ab­ge­ben wol­len, ver­fit­zen und schwe­rer lös­bar ma­chen. Wer es nicht ver­steht, den Na­gel auf den Kopf zu tref­fen, soll ja ge­be­ten sein, ihn gar nicht zu tref­fen.

      Die ver­ges­se­ne Na­tur. – Wir spre­chen von Na­tur und ver­ges­sen uns da­bei: wir sel­ber sind Na­tur, quand memê –. Folg­lich ist Na­tur et­was ganz an­de­res als das, was wir beim Nen­nen ih­res Na­mens emp­fin­den.

      Tie­fe und Lang­wei­lig­keit. – Bei tie­fen Men­schen wie bei tie­fen Brun­nen dau­ert es lan­ge, bis et­was, das in sie fällt, ih­ren Grund er­reicht. Die Zuschau­er, wel­che ge­wöhn­lich nicht lan­ge ge­nug war­ten, hal­ten sol­che Men­schen leicht für un­be­weg­lich und hart – oder auch für lang­wei­lig.

      Wann es Zeit ist, sich Treue zu ge­lo­ben. – Man ver­läuft sich mit­un­ter in eine geis­ti­ge Rich­tung, wel­cher un­se­re Be­ga­bung wi­der­spricht; eine Zeit­lang kämpft man he­ro­isch wi­der die Flut und den Wind an, im Grun­de ge­gen sich selbst: man wird müde, keucht; was man voll­bringt, macht ei­nem kei­ne rech­te Freu­de, man meint СКАЧАТЬ