Название: Gesammelte Werke
Автор: Фридрих Вильгельм Ðицше
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962815295
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Den Irrtum unangenehm sagen. – Es ist nicht nach jedermanns Geschmack, daß die Wahrheit angenehm gesagt werde. Möge aber wenigstens niemand glauben, daß der Irrtum zur Wahrheit werde, wenn man ihn unangenehm sage.
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Die goldene Losung. – Dem Menschen sind viele Ketten angelegt worden, damit er es verlerne, sich wie ein Tier zu gebärden: und wirklich, er ist milder, geistiger, freudiger, besonnener geworden, als alle Tiere sind. Nun aber leidet er noch daran, daß er so lange seine Ketten trug, daß es ihm so lange an reiner Luft und freier Bewegung fehlte: – diese Ketten aber sind, ich wiederhole es immer und immer wieder, jene schweren und sinnvollen Irrtümer der moralischen, der religiösen, der metaphysischen Vorstellungen. Erst wenn auch die Ketten-Krankheit überwunden ist, ist das erste große Ziel ganz erreicht: die Abtrennung des Menschen von den Tieren. – Nun stehen wir mitten in unserer Arbeit, die Ketten abzunehmen, und haben dabei die höchste Vorsicht nötig. Nur dem veredelten Menschen darf die Freiheit des Geistes gegeben werden; ihm allein naht die Erleichterung des Lebens und salbt seine Wunden aus; er zuerst darf sagen, daß er um der Freudigkeit willen lebe und um keines weiteren Zieles willen; und in jedem anderen Munde wäre sein Wahlspruch gefährlich: Frieden um mich und ein Wohlgefallen an allen nächsten Dingen. – Bei diesem Wahlspruch für Einzelne gedenkt er eines alten großen und rührenden Wortes, welches allen galt, und das über der gesamten Menschheit stehengeblieben ist, als ein Wahlspruch und Wahrzeichen, an dem jeder zugrunde gehen soll, der damit zu zeitig sein Banner schmückt, – an dem das Christentum zugrunde ging. Noch immer, so scheint es, ist es nicht Zeit, daß es allen Menschen jenen Hirten gleich ergehen dürfe, die den Himmel über sich erhellt sahen und jenes Wort hörten: "Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen an einander." – Immer noch ist es die Zeit der Einzelnen.
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Der Schatten: Von allem, was du vorgebracht hast, hat mir nichts mehr gefallen als eine Verheißung: ihr wollt wieder gute Nachbarn der nächsten Dinge werden. Dies wird auch uns armen Schatten zugute kommen. Denn, gesteht es nur ein, ihr habt bisher uns allzugern verleumdet. Der Wanderer: Verleumdet? Aber warum habt ihr euch nie verteidigt? Ihr hattet ja unsere Ohren in der Nähe. Der Schatten: Es schien uns, als ob wir euch eben zu nahe wären, um von uns selber reden zu dürfen. Der Wanderer: Delikat! Sehr delikat! Ach, ihr Schatten seid "bessere Menschen" als wir, das merke ich. Der Schatten: Und doch nanntet ihr uns "zudringlich" – uns, die wir mindestens eines gut verstehen: zu schweigen und zu warten – kein Engländer versteht es besser. Es ist wahr, man findet uns sehr, sehr oft in dem Gefolge des Menschen, aber doch nicht in seiner Knechtschaft. Wenn der Mensch das Licht scheut, scheuen wir den Menschen: soweit geht doch unsere Freiheit. Der Wanderer: Ach, das Licht scheut noch viel öfter den Menschen, und dann verlaßt ihr ihn auch. Der Schatten: Ich habe dich oft mit Schmerz verlassen: es ist mir, der ich wißbegierig bin, an dem Menschen vieles dunkel geblieben, weil ich nicht immer um ihn sein kann. Um den Preis der vollen Menschen-Erkenntnis möchte ich auch wohl dein Sklave sein. Der Wanderer: Weißt du denn, weiß ich denn, ob du damit nicht unversehens aus dem Sklaven zum Herrn würdest? Oder zwar Sklave bliebest, aber als Verächter deines Herrn ein Leben der Erniedrigung, des Ekels führtest: Seien wir beide mit der Freiheit zufrieden, so wie sie dir geblieben ist – dir und mir! Denn der Anblick eines Unfreien würde mir meine größten Freuden vergällen; das Beste wäre mir zuwider, wenn es jemand mit mir teilen müßte, – ich will keine Sklaven um mich wissen. Deshalb mag ich auch den Hund nicht, den faulen, schweifwedelnden Schmarotzer, der erst als Knecht des Menschen "hündisch" geworden ist und von dem sie gar noch zu rühmen pflegen, daß er dem Herrn treu sei und ihm folge wie sein – Der Schatten: Wie sein Schatten, so sagen sie. Viel leicht folgte ich dir heute auch schon zu lange? Es war der längste Tag, aber wir sind an seinem Ende, habe eine kleine Weile noch Geduld! Der Rasen ist feucht, mich fröstelt. Der Wanderer: Oh, ist es schon Zeit zu scheiden? Und ich mußte dir zuletzt noch wehe tun; ich sah es, du wurdest dunkler dabei. Der Schatten: Ich errötete, in der Farbe, in welcher ich es vermag. Mir fiel ein, daß ich dir oft zu Füßen gelegen habe wie ein Hund, und daß du dann – Der Wanderer: Und könnte ich dir nicht in aller Geschwindigkeit noch Etwas zu Liebe tun? Hast du keinen Wunsch? Der Schatten: Keinen, außer etwa den Wunsch, welchen der philosophische "Hund" vor dem großen Alexander hatte: gehe mir ein wenig aus der Sonne, es wird mir zu kalt. Der Wanderer: Was soll ich tun? Der Schatten: Tritt unter diese Fichten und schaue dich nach den Bergen um; die Sonne sinkt. Der Wanderer – Wo bist du? Wo bist du?
Aus dem Nachlaß
Einleitung.
Schon im Frühjahr 1883, als ich mit meinem Bruder in Rom war, sagte er, daß, wenn einmal der Zarathustra fertig wäre, er sein theoretisch-philosophisches Hauptprosawerk schreiben wollte; und als ich im Herbst 1884 in Zürich auf dieses Gespräch zurückkam und ihn danach fragte, lächelte er geheimnißvoll und deutete an, daß der Aufenthalt im Engadin in dieser Beziehung sehr fruchtbar gewesen sei. Wir wissen schon aus der Einleitung zum achten Band, wie bedeutungsvoll dieser Sommer gerade für dieses Hauptprosawerk gewesen ist. Indessen darf man durchaus nicht annehmen, daß die Grundgedanken dieses Werkes erst damals entstanden wären, nein, sie sind bereits sämmtlich in poetischer Form im Zarathustra enthalten, was sich besonders darin zeigt, daß Pläne und Gedankengänge von Ende 1882, also aus der Zeit vor der Entstehung des ersten Theiles des Zarathustra, die größte Ähnlichkeit mit dem gedanklichen Inhalt des »Willens zur Macht« haben.
Aber es versteht sich von selbst, daß die Welt neuer Gedanken im Zarathustra nicht erschöpft werden konnte und nach einer theoretisch-philosophischen prosaischen Darstellung verlangte, dabei aber von Jahr zu Jahr wuchs und deutlicher wurde. Wir begegnen deshalb in den Plänen des Sommers 1884 immer den gleichen Problemen wie im Zarathustra und wie später im »Willen zur Macht«. Alle Niederschriften von dieser Zeit an sind Erklärungen und Darstellungen jener Hauptgedanken, sodaß man wohl vom »Willen zur Macht« dasselbe sagen kann, was mein Bruder an Jacob Burckhardt von »Jenseits von Gut und Böse« schreibt: »daß es dieselben Dinge sagt, wie der Zarathustra, aber anders, sehr anders«.
Daß sich der Autor mehrere Jahre Zeit lassen wollte (er spricht von sechs und auch von zehn Jahren), ehe er an die endgültige Ausarbeitung dieses ungeheuren Werkes dachte, und zunächst nur СКАЧАТЬ