Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke. Heinrich Zschokke
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Название: Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke

Автор: Heinrich Zschokke

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9788027214945

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СКАЧАТЬ damit im Lande böses Spiel gemacht.«

      »Das haben sie. Unsere Bauern sehen's den Entlebuchern ab, und wer durch einen Fluß gewatet ist, hat den anderen den Weg gezeigt.«

      »Die Rebellen haben es in blinder Tollheit leider zu weit getrieben,« sagte der Junker kopfschüttelnd. »Es giebt Zeiten und Umstände, in deren widerwärtigem Zusammengreifen die Ehre des Regenten höher stehen muß, als das heiligste Recht, denn die Ehre des Regenten ist sein Leben und höchstes Recht selbst, dem Alles weichen muß. Luzern darf der Ehre willen nicht mehr, was es vielleicht aus Friedensliebe thun möchte. Es ist vom Unterthan zu schwer beleidigt, fürchte ich.«

      »Junker Oberherr, es heißt, man muß nicht alle Prügel auflesen, die einem nachgeworfen sind. Wer Vorsicht vergaß, muß Nachsicht gebrauchen; die Obrigkeit geht einen festen Schritt und kann doch stolpern.«

      Hier ertönte plötzlich eine starke Mannsstimme: »Wahrhaft und zierlich geredet, mein Herr!«

      4.

       Der Schwede.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Spielmann von Aarau fuhr erschrocken zusammen; der Junker wandte sich gelassen, um den unbekannten Redner zu sehen. Wo auf der Berghöhe der Wald am dichtesten geworden, erschien mit großen Schritten hinter ihnen ein Reisender, der Wirris letzte Worte vernommen haben mochte, die seinen Beifall erworben zu haben schienen. Es war ein schöner, blühender Mann von etwa dreißig Jahren, mit schlankem, kräftigen Gliederbau. Die Kriegstracht nach Art der Schweden, der weite, sammetverbrämte Rock mit kurzen Schößen, Kragen und Ärmel mit schwarzer Stickerei verziert; das scharlachrote Leibchen, mit Goldtressen geschmückt, die kurzen, weiten Hosen, auf den Nähten mit seidenen Schnüren besetzt; der Hut mit breitem Rande, von welchem ein niederhängender weißer Federbusch wehte, einfach aufgekrämpt; Knebel und Zwickelbart an Kinn und Oberlippe – Alles das gab ihm ein heidenartiges und doch gefälliges Ansehen. Er trug den Säbel, der am breiten Riemen von der Schulter hing, im Arm und hielt spielend in der Hand einige Schneeglöckchen und blaßgelbe Primeln, die ersten Kinder des Lenzes, welche er unterwegs gefunden oder von einer Schönen zum Geschenk erhalten hatte.

      Als er neben den beiden Spaziergängern stand, verbeugte er sich leicht und sagte: »Günstige Herren! Es ist meines Geschäftes nicht, Euch im Gespräch zu stören, obgleich Euer Wort meinem Ohre wohlthat, und ich vor eitel Lust nicht umhin konnte, Euch meine Bewunderung zu zollen.«

      Der Oberherr und der Meistersänger staunten eine Weile den höflichen Fremdling an, der sie mit schwarzen, blitzenden Augen freundlich betrachtete und bei seinem Lächeln die Reihe von Perlen gleichen Zähnen sehen ließ. »Ihr seid gütig, Herr!« sagte der Oberherr. »Wohin des Weges?«

      »Gen Kulm hinab, wohin, allem Anschein nach, auch Eure Schritte zielen,« antwortete der Fremde. »Wenn Ihr's mir vergönnt, werde ich die Ehre haben, eine Weile Euer Begleiter zu sein. Ihr sprachet, wie mich dünkt, von des gemeinsamen Vaterlandes Freiheit und Wohlstand; gestattet, daß ich Euer Zuhörer sein dürfe, und glaubet, daß auch ich einer von denen sei, welche für das edle Kleinod Alles wagen und dransetzen.«

      Der Junker, dem die letzte Äußerung verdächtig klingen mochte, musterte den Mann von der Seite, während er den Weg langsam mit ihm fortsetzte.

      »Herr,« sagte der Spielmann von Aarau zu dem Fremden, »Ihr habt läuten hören, wißt aber gewiß nicht, in welchem Dorfe? Doch das ist gleichviel! Ihr seid also ein Schweizer? Eure seinen Redensarten scheinen aus einem andern Lande gebürtig.«

      »Ihr habt einen scharfen Blick,« erwiderte der Fremde mit verbindlichem Lächeln. »In der That habe ich fast länger im Auslande gelebt, als zwischen den Bergen meiner Heimat. Nachdem ich die Hochschule besucht hatte, ging ich in die Lehre des Kriegsgottes, und mußte mich in vieler Herren Länder herumtummeln.«

      »Nun ja,« sagte Wirri, »viel Land, viel Bräuch'! Jetzt aber wird's Euch beim schlechten Habermuß, den man zu Hause kocht, nicht sonderlich gefallen. Jedoch vom geringen Tisch ist am sichersten essen; bei Soldatenbrot sitzt allezeit der Tod.«

      »Und ohne Zweifel habt Ihr im Kriege reiche Beute erworben?« fügte Junker Mey hinzu. »Die bringt nirgends so viel Lust und Ehre, als in der Heimat.«

      »Mit Eurer Gunst, meine Herren!« versetzte der Kriegsmann, »Ich kann nicht gleicher Meinung sein. Zwar hat der furchtbare Schlachtengott Mars für treu geleistete Dienste sich mir nicht undankbar erwiesen, jedennoch würde ich heute aufsatteln und hinziehen, wo man die Trommel statt der Betglocke rührt, und lieber auf dem Wahlplatze alles mit Ehren verlieren, als hier auf der Bärenhaut mit Leib und Seele verdorren.«

      »Das ist die Sprache des Soldaten!« entgegnete der Oberherr. »Doch sollte Euch, falls Ihr ein Schweizer seid, das teure Vaterland über alles gelten.«

      Der Fremde verzog den Mund ein wenig und sagte: »Des Herrn Bemerkung würde allerdings gegründet sein, so ich die Ehre hätte, Edelherr in einer regierenden Stadt zu heißen. Die übrigen armen Städtchen, wie Euch zweifelsohne nicht unbekannt ist, müssen sich mit den magern Brosamen ihrer Freiheiten und Rechte begnügen lassen, und das Landvolk wird gefüttert, gleich der Schafherde, seiner Milch und Wolle wegen.«

      Der Oberherr warf abermals einen argwöhnischen Seitenblick auf den Mann, doch schien es ihm nicht unzweckmäßig, ihn weiter auszuforschen und dessen Namen, Stand und Wohnort zu erfahren. Er verbarg also eine rege werdende Empfindlichkeit und sagte mit gewohnter Unbefangenheit: »Mich dünkt, Ihr urteilet fast zu hart, denn wenn Ihr den Wohlstand in unsern Dörfern sähet, und den Ackerbau des ganzes Landes, würdet Ihr, hoffe ich, der väterlichen Gesinnung unserer Regierungen mehr Gerechtigkeit widerfahren lassen.«

      »Der gedeihliche Wohlstand des Landes,« erwiderte der Unbekannte, »ist wohl schwerlich den Regierungen zu danken, sondern dem Fleiß und Schweiß des Volkes. Mir ist nicht bekannt, was die Obrigkeit hinzuthut, wohl aber, was sie davon nimmt. Alles mit einem Male zu nehmen, wäre thöricht, denn so nichts mehr verbliebe, hieße es nicht unbillig, den Bach verlangen, und doch die Brunnquellen abgraben. Lasset Euch nicht befremden, daß ich in dieser Materie etwas hartnäckig bin, denn ich habe das Lehrgeld bezahlt. Oder saget an, was gilt hier ein Ehrenmann, wenn er nicht das Ratsherrn-Barettlein ansprechen darf? Ohne Ruhm zu melden, hat mich, wie Ihr mich hier sehet, der große Kriegsheld, der unvergeßliche Feldmarschall Torstenson, wie sein eigenes Kind gehalten; der Fürst von Siebenbürgen, der berühmte Ragoczi, behandelte mich wie seines Gleichen, und oftmals habe ich mit Prinzen zu Tafel gesessen. Hier meint sich jedes Jünkerlein mehr, und schaut von oben auf unsereins herab, als auf seinen angebornen Knecht, und erwartet, man solle ihm den Hof machen. Ich habe andere Majestäten gesehen. Ha! Ha!«

      »Vermutlich hat man Eure Dienste nicht gekannt,« sagte der Oberherr mit feinem, kaum merklichem Lächeln. »Ihr habt sie allzu bescheiden verschwiegen.«

      »Mit Eurer Gunst, Herr!« versetzte der Kriegsmann. »Es stände mir nicht zu, mit Verdiensten zu prahlen. wenn ich sie mir erworben hätte; aber es steht auch keinem Stadtjunker zu, mich hochmütig anzublasen, wenn ich ihm die Schuhe nicht putze. Würde man aber nicht außerdem noch gesetzmäßiger Weise ausgeplündert, könnte man allenfalls über den Spaß lachen.«

      »Wie versteht Ihr das Ausplündern?« fragte der Oberherr etwas ernster.

      »Wie jedermann,« antwortete der Fremde. »Denn ob Ihr durch Umhertreiber und Räuber oder durch ein Münzmandat die Hälfte Eurer wohlerworbenen Barschaft davonfliegen sehet, Ihr werdet eins wie das andere nicht zu den ehrlichen Gebräuchen rechnen. СКАЧАТЬ