Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke. Heinrich Zschokke
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Название: Ausgewählte Werke von Heinrich Zschokke

Автор: Heinrich Zschokke

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9788027214945

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СКАЧАТЬ und Schöne schmücken, besonders wenn es fern ist, und die Gegenwart sich nur gemein zeigt. Es fehlte nicht, Wirris dichterische Einbildungskraft mußte in Flammen geraten. Er sah das Schönste des Schönen in Epiphanias jungfräulichen Reizen lebendig vor seinen inneren Sinnen schweben, und die lieblichsten Möglichkeiten und mancherlei daraus hervorsprossende Entwürfe benebelten ihn fast mehr als der Wein des Verwalters. Wirri war ein alter Junggesell, und man weiß was das zu sagen hat; dazu Dichter und mithin geborener Anbeter des Erhabenen und Schönen. Gleichwie der Oberherr zuweilen, wenn er von Epiphanias ganz eigentümlicher, wunderbarer Gemütsart redete, seines Zuhörers zu vergessen schien, so vergaß dieser hinwieder eben so oft des Redenden, sah nur das Liebliche im Schimmer der Anmut, sah den Seufzer und die Thräne der verlassenen und verlorenen Waise; fühlte sich dann als ihren Erlöser aus des Hexenmeisters Gewalt, und von ihrem Freudenblick belohnt. Seine Phantasie rechnete noch weiter. Die Dankbarkeit der Geretteten, ihre Anmut näherten sie den geheimen Wünschen des entzückten Befreiers. Konnte es zuletzt fehlen, daß der edelmütige Oberherr von Rued, der Pate zu Aarau und mancher andere Gönner eine reiche Aussteuer zusammenlegen und die stattlichste aller Hochzeiten anstellen würden?

      »Ja, ja, Heini,« sagte der Oberherr, als ihn der Meistersänger wieder anhörte, lächelnd mit dem Finger drohend, »nimm Dein Herz in Obacht und blicke der Fanely nicht zu tief in die hellen Augen, sonst ists um Meister Wirris Ruhe gethan.«

      »Ei, behüte uns!« rief stotternd der Meistersänger. »Euch beliebt mit mir zu scherzen. Nicht doch!

      Jungferngunst und Harfenklang

       Dünkt wohl gut, doch währts nicht lang.

      Darüber bin ich längst hinaus; ich denke an solchen Firlefanz der jungen Welt nicht mehr. Nein, nein, in der Liebe ist wahrlich nicht alles Zucker,

      Frauenlieb' ist fahrende Hab'.

       Röslein heut und morgen Schabab.

      Drum, will ich im Paradiese bleiben, darf ich keine Eva haben.«

      Unter diesen Gesprächen war die Mitternachtsstunde herangekommen. Der Oberherr verhieß ihm auf den folgenden Morgen die Briefe.

      6.

       Gute Gesellschaft.

       Inhaltsverzeichnis

      Obwohl der Meistersänger bis tief in das Licht des Tages hinein schlief, und erst spät erschien, fand er die Schreiben doch nicht ausgefertigt. Er zürnte nicht, seine Abreise verzögert zu sehen, teils weil er, obwohl vergebens, Zeuge des Schauspiels zu werden wünschte, welches ihm der schwedische Schweizer geben sollte, wenn derselbe gefangen eingebracht werben würde, teils auch, weil die Zeit der Morgenmahlzeit herannahte, was man in unsern Tagen Mittagsmahl zu nennen pflegt.

      Die gestern ausgesandten Boten kamen endlich zurück; aber von der Person, welche sie hatten aufsuchen sollen, war weithin nirgends eine Spur gefunden worden. Dagegen dampften um halb elf Uhr die Schüsseln auf dem Tische des Verwalters und Wirri nahm bereitwillig den ihm angewiesenen Ehrenplatz beim Mahle ein. Die Unterhaltung drehte sich vorzüglich um den verschwundenen Zögling des Helden Torstenson. Wirri, der, was er gestern durch das Feuer des Weines als Wunder erkannt, jetzt nüchtern allen Ernstes glaubte, verbarg dem Verwalter seinen Triumph darüber nicht, in dem auf der Berghöhe erschienenen Krieger ein übermenschliches Wesen vermutet zu haben. Auch der Verwalter war nicht mehr weit davon, diesem Urteile des Spielmannes beizustimmen, der vermöge seines Berufs Gelegenheit gehabt hatte, mancherlei in der Welt kennen zu lernen, was das Ruederthal nicht kannte.

      Indessen, die Morgenmahlzeit war beendet. Der Oberherr übergab dem Meistersänger die verheißenen Briefe, erteilte ihm unter vier Augen einige Belehrungen, und entließ ihn mit Glückwünschen für das Wohlgelingen der Sendung.

      Langsamen Schrittes bestieg dieser den Berg, und ging nicht ohne heimliches Grauen an der Stelle im Walde vorüber, auf welcher er und sein Absender den gestrigen Auftritt erlebt hatten. Er fürchtete, jeden Augenblick das furchtbar-schöne Antlitz des Schweden aus den dichten Gesträuchen hervorblicken zu sehen, doch ohne Abenteuer zog er durch den Wald, und dann auf der andern Seite zwischen Wiesen und Äckern hinab, ins heitere Kulmerthal. zum Dorfe. Hier erquickte er im Wirtshause sein müdes Gebein billigerweise noch einmal durch Speise und Trank, und nebenbei auch nicht ohne Nutzen für den Zweck seiner Reise. Er erfuhr nämlich von dem übrigens wortkargen Wirte den Aufenthalt des Addrich bestimmter. Die Wohnung dieses Mannes, über dessen Wesen sich aber der Wirt durchaus nicht, weder im Guten noch Bösen äußern wollte, mußte, den Angaben zufolge, oberhalb Teufenthal, unweit Äsch, in einer Bergschlucht, die man »im Moos« nannte, und welche sich ostwärts zwischen Tannenwäldern ausbreiten sollte, gelegen sein. Ehe sich Addrich dort angesiedelt habe, sei, wie der Kulmer Wirt berichtete, jenes schmale Thal ein ungeheurer Sumpf gewesen, daher vom gegenwärtigen Besitzer um Spottgeld erworben, und seitdem in das schönste Wiesenthal verwandelt worden. Dann habe er an der Berghalde, ganz versteckt im Walde, ein Haus gebaut, so schön als irgend eins im Dorfe.

      Als hier nichts mehr zu erforschen blieb, setzte der Wanderer, welchen der Wirt immerdar nur von der Seite und, wie es schien, nicht ohne Argwohn, angehört und beobachtet hatte, und sogar später als er gewollt, den Weg durchs Thal fort. Es dunkelte der Abend schon, als er an den Trümmern des Schlosses Trostburg vorüberging und in das Seitenthal ausbog, wohin ihn seine Sendung rief. Ein frostiger Nebel strich an den Bergen hin und machte die unbekannte Gegend noch unheimlicher. Der Meistersänger, dem eine gute Herberge keine gleichgültige Sache war, und der nicht ganz ohne Grund bezweifelte, in diesem abgeschiedenen Winkel der Welt ein schmackhaftes Abendessen zu finden, überlegte schon, ob es nicht geratener sei, umzukehren und die Entführung der schönen Epiphania auf den folgenden Morgen zu verschieben, denn wie dringlich ihm auch der Oberherr das Geschäft gemacht hatte, sah er doch mit jedem Schritte vorwärts die Zahl der Bedenklichkeiten zunehmen, und weitaus nicht so große Gefahr im Verzuge als in der Übereilung.

      Er schwenkte wirklich wieder links, um den Rückweg zu ergreifen, blieb aber, als er hinter sich sah, wie Loths Weib versteinert stehen. Ein riesige Männergestalt, die um anderthalb Kopflängen über ihn wegsah, wie ein Bauer in einem grauen Zwillichwamms, mit weiten, faltigen, bis auf Knie reichenden Pluderhosen, stand unmittelbar vor ihm. Die nächtliche Dämmerung erlaubte ihm, das Gesicht des gewaltigen Kopfes, der zwischen den breiten Schultern emporragte, deutlich zu erkennen. Es lag in dem Gesichte allerdings etwas, was einige Besorgnis erregen konnte; ein Ausdruck von Finsternis, Härte und Wildheit, der durch die hervorstehenden Backenknochen, durch den zottigen Knebelbart unter der weit vorspringenden Nase, durch die breiten, so recht zum Zermalmen geschaffenen Kinnladen nicht wenig gehoben wurde. Am abschreckendsten blieben aber die unter buschigen Augenbrauen hervorstierenden Augen, welche aus einem scharlachroten Ringe wirklich durchbohrende Blicke sandten.

      »Wohin des Weges, Landsmann?« fragte mit kräftiger, doch etwas heiserer Stimme der Mann, dessen Alter den Sechzigen nahe zu kommen schien.

      »Ich gedachte nach Äsch zu gehen, wo ich Geschäfte habe,« antwortete der Spielmann, »doch ist's vielleicht noch weit dorthin; ich bin des Weges unkundig und in der hiesigen Gegend unbekannt; auch wird's schon dunkel, und die Nacht ist keines Menschen Freund.«

      »Der Ort ist nicht so weit von uns; ich gehe auch dahin und begleite Dich. Komm nur mit mir!«

      Der Meister gehorchte unwillkürlich. Er trabte an der Seite des bäuerischen Herkules, wie er ihn in Gedanken nannte, wieder thalaufwärts.

      »Nach der Arbeit will man ruhen,« sagte Wirri. »Das Thal macht eben keinen gastfreundlichen Eindruck und es entsteht die Frage: ist hier zu Lande die Kochkunst schon СКАЧАТЬ