Название: Neu-Land
Автор: Иван Тургенев
Издательство: Public Domain
Жанр: Русская классика
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– Dem Flügel-Adjutanten?
– Ja; von ihm.
Neshdanow erröthete – stärker als zuvor – und öffnete den Mund . . . Aber er sagte nichts. Ssipjagin drückte ihm von Neuem die Hand – dies Mal jedoch ohne ein Wort zu sprechen, – setzte, nachdem er zuerst Neshdanow, dann Paklin gegrüßt, dicht vor der Thür den Hut auf und verließ mit einem selbstzufriedenen Lächeln das Zimmer: es sprach sich darin das Bewußtsein des tiefen Eindrucks aus, den sein Besuch, wie es auch nicht anders sein konnte, hervorgebracht hatte.
Viertes Capitel
Kaum hatte Ssipjagin die Schwelle der Thür überschritten, so sprang Paklin vom Stuhl, auf dem er gesessen, auf und stürzte auf Neshdanow zu, um ihm zu gratuliren.
– Hast Du aber einen guten Fang gethan! – rief er kichernd und mit den Füßen trampelnd. – Weißt Du denn, wer das ist? – Der bekannte Ssipjagin, Kammerherr, gewissermaßen eine Stütze des Staats, ein zukünftiger Minister!
– Er ist mir gänzlich unbekannt, – entgegnete finster Neshdanow.
– Das ist eben unser Unglück, Alexei Dmitritsch, daß wir Niemand kennen! Wir wollen handeln, wollen eine ganze Welt von oberst zu unterst kehren – leben aber selbst abgeschlossen von dieser Welt, sehen Niemand, als nur die zwei oder drei Freunde, drehen uns auf einem Platze, im engen Kreise herum . . .
– Entschuldige, – unterbrach ihn Neshdanow: – das ist nicht wahr. Es sind nur unsere Feinde, mit denen wir nichts zu thun haben wollen; mit Leuten unseres Schlages aber, mit dem Volke, stehen wir in ununterbrochener Verbindung.
– Halt, halt, halt, halt! – unterbrach ihn seinerseits Paklin wieder. – Erstens: was die Freunde betrifft, – so erlaube, daß ich Dir ein Goethe’sches Wort in Erinnerung bringe:
Wer den Dichter will verstehen,
Muß in Dichters Lande gehen.
– ich aber sage:
Wer die Feinde will verstehen,
Muß in Feindes Lande gehen.
Seine Feinde meiden, ihre Sitten und Gebräuche nicht kennen zu lernen trachten – das ist unsinnig! – Un . . . sin. . . nig!. . . Ja! Ja! Wenn ich im Walde den Wolf schießen will, so muß ich alle seine Schlupflöcher kennen . . . Zweitens-: Du hast eben gesagt: man muß sich dem Volke nähern. . . Liebes Herz! Im Jahre 1862 gingen die Polen in die Wälder-; auch wir gehen setzt in einen Wald, d. h. unter das Volk, welches für uns nicht weniger dunkel und undurchdringlich ist, als jeder beliebige Wald!
– Was sollen wir also, wenns nach Dir ginge, thun?
– Die Indier weisen sich unter Dschagannath’s Wagen, – fuhr Paklin mit düsterer Miene fort: – der Wagen zerdrückt sie, und sie sterben – voll Glückseligkeit. Auch wir besitzen unseren Dschagannath. Uns zerdrücken – das thut er wohl auch! aber glückselig macht er uns doch nicht.
– Was sollen wir also thun? – wiederholte fast schreiend Neshdanow. Tendenziöse Romane schreiben, oder was?
Paklin breitete die Arme aus und neigte das Köpfchen auf die linke Schulter.
– — Romane – könntest Du jedenfalls schreiben, da eine dichterische Ader wohl in Dir zu spüren ist. . . Nun, ärgere Dich nicht, ich rede nicht mehr! Ich weiß, Du liebst es nicht, daß man darauf anspielt; aber ich bin ganz Deiner Meinung: dergleichen Stückchen mit »Füllniß« zu fabriziren – und noch mit neumodischen Wendungen dazu: – »Ach! ich liebe Sie! sprang sie herzu« . . . »Mir ist es gleich! kratzte er sich« – da ist wahrhaftig nichts Angenehmes dabei! – Daher wiederhole ich auch: sucht allen Ständen, vom höchsten Stand angefangen, näher zu kommen! Es geht doch nicht an, daß man sich immer nur auf Leute wie Ostrodumow verläßt! Es sind ehrliche, gute Menschen – aber dumm! Dumm!! Sieh’ Dir unseren Freund doch nur an. Selbst die Sohlen seiner Stiefel – auch die sind nicht so, wie sie bei vernünftigen Leuten zu sein pflegen! Weswegen ist er jetzt fortgegangen? – Er wollte mit einem Aristokraten nicht in einem Zimmer sein, nicht dieselbe Luft mit ihm, athmen!
– Ich muß Dich bitten, in meiner Gegenwart nicht mehr in solcher Weise von Ostrodumow zu sprechen, – fiel Neshdanow herausfordernd ein. – Stiefeln mit dicken Sohlen trägt er deshalb, weil sie billiger sind.
– Ich habe es ja gar nicht so gemeint, – wollte Paklin einwenden.
– Wenn er nicht mit einem Aristokraten in einem Zimmer bleiben will, – fuhr Neshdanow, die Stimme erhebend, fort, – so kann ich ihn dafür nur loben; – jedenfalls aber ist er sich aufzuopfern im Stande, – er würde sein Leben hingeben, wenn es nöthig wäre, was wir Beide niemals thun werden!
Paklin machte ein klägliches Gesicht und wies auf seine lahmen, dünnen Beinchen.
– Wie soll ich denn kämpfen, mein lieber Freund Alexei Dmitritsch! – Ich bitte Dich! Aber lassen wir das . . . Ich wiederhole: ich bin Deiner Annäherung an Ssipjagin herzlich froh – und sehe sogar voraus, daß diese Annäherung unserer Sache großen Nutzen bringen wird. Du dringst jetzt in die höchsten Kreise; Du wirst diese Löwinnen sehen, diese Frauen mit dem samtenen Körper auf Federn von Stahl, wie es in den »Briefen aus Spanien« heißt; studire sie, Freund, studire sie. Wenn Du ein Epikuräer wärst, würde ich für Dich sogar fürchten . . . wahrhaftig! – Das sind jedoch nicht die Ziele, die Dich bewegen als Lehrer fortzuziehen?
– Ich ziehe fort, – fiel Neshdanow ein, – weil ich nicht an den Hungerpfoten saugen will . . . »und um Euch Alle eine Zeit lang los zu sein« – fügte er in Gedanken hinzu.
– Nun natürlich, natürlich! – Daher sage ich Dir auch: studire sie! Was dieser Herr jedoch für einen Wohlgeruch um sich verbreitet hat!l – Paklin zog die Luft durch die Nase ein. Das ist der echte »ambre« von dem die Frau des Polizeimeisters im »Revidenten« mit so viel Schwärmerei gesprochen!
– Er hat den Fürsten G. wohl über mich ausgeforscht, – begann Neshdanow mit dumpfer Stimme, sich wieder zum Fenster wendend: – jetzt kennt er wahrscheinlich meine ganze Geschichte.
– Nicht wahrscheinlich, sondern ganz gewiß! – Was ist denn auch dabei? – Ich wette, daß er eben dadurch auf den Gedanken gekommen ist, Dich als Lehrer zu engagiren. Was Du da auch reden magst, Du bist doch selbst ein Aristokrat – dem Blute nach. – Nun und das heißt: Einer von den Unsern! Wie ich hier aber lange gesessen habe; es ist für mich Zeit in’s Comptoir zu gehen, mich ausnutzen zu lassen! – Auf Wiedersehen, Freund!
Paklin war schon an der Thür, hielt aber vor derselben an und ging wieder auf Neshdanow zu.
– Hör’, Alex, – sagte er mit einschmeichelndem Tone: – Du hast es mir eben abgeschlagen, ich weiß, Du wirst jetzt selbst bei Gelde sein – aber erlaube mir wenigstens eine Kleinigkeit für die allgemeine Sache zu opfern! – Sonst kann ich nichts thun – laß mich also meine Tasche öffnen. – Da sieh: ich lege zehn Rubel auf den Tisch! Nimmst Du sie an?
Neshdanow blieb stumm und rührte sich nicht.
– Stillschweigen – bedeutet beistimmen! Danke! – rief Paklin heiter aus und verschwand.
Neshdanow blieb allein. – Am Fenster stehend, fuhr er fort, auf den engen düsteren Hof, in welchen selbst die Strahlen der Sommersonne nicht zu dringen vermochten, hinauszublicken – und düster war auch sein Antlitz.
Neshdanow СКАЧАТЬ