Neu-Land. Иван Тургенев
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Название: Neu-Land

Автор: Иван Тургенев

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ Wendung genommen, daß er es für besser fand, diese Frage gar nicht zu berühren. Paklin hatte bereits seine Mütze in die Hand genommen, als im Vorzimmer plötzlich, ohne daß ein Geräusch irgend welcher Art vorausgegangen wäre, eine merkwürdig angenehme, männliche volle Baritonstimme ertönte, in deren bloßem Klange schon etwas ungewöhnlich Wohlanständiges, Wohlerzogenes, ja sogar ein gewisser Schmelz lag.

      – Ist Herr Neshdanow zu Hause?

      Alle sahen sich verwundert an.

      – Ist Herr Neshdanow zu Hauses – wiederholte der Bariton.

      – Ja – antwortete endlich Neshdanow.

      Die Thür wurde leicht und bescheiden geöffnet, und es trat, langsam den glatt gebügelten Hut von dem wohlgebildeten, kurzhaarigen Kopfe ziehend, ein hoher, schlanker Mann von würdiger Haltung im Alter von ungefähr vierzig Jahren in’s Zimmer. In einem vortrefflichen Tuch-Paletot mit einem prachtvollen Biberkragen steckend, ungeachtet dessen, daß der April bereits seinem Ende entgegenging, – übte sein Auftreten auf Alle, auf Neshdanow, Paklin, ja sogar auf Maschurina und selbst auf Ostrodumow – durch das ungekünstelte Selbstgefühl seiner Haltung und die freundliche Ruhe seines Grußes große Wirkung aus. Unwillkürlich erhoben sich Alle bei seinem Eintritt.

      Drittes Capitel

      Der elegant gekleidete Herr trat auf Neshdanow zu und begann mit wohlwollendem Lächeln:

      Ich habe bereits ein Mal das Vergnügen gehabt, Sie zu sehen und mich mit Ihnen sogar zu unterhalten, Herr Neshdanow, vorgestern, wenn Sie sich dessen vielleicht erinnern – im Theater. Der Fremde hielt inne, als erwarte er eine Antwort; Neshdanow nickte mit dem Kopf und erröthete. – Ja! . . . und heute komme ich in Folge der Anzeige zu Ihnen, die Sie in die Zeitung haben einrücken lassen. Ich möchte mit Ihnen über Einiges sprechen, wenn ich nur die Herrschaften . . . Der Fremde verbeugte sich gegen Maschurina und machte mit der rechten, von einem graufarbenen schwedischen Handschuh bekleideten Hand eine Bewegung in der Richtung zu Paklin und Ostrodumow hin – nicht störe . . .

      – Nein . . . durchaus nicht . . . antwortete Neshdanow, nicht ohne eine gewisse Anstrengung. – Die Herrschaften werden gestatten . . . Wollen Sie sich nicht setzen?

      Der Fremde machte eine verbindliche Bewegung, und zog den Stuhl an der Lehne zu sich heran, ohne sich jedoch zu setzen – da im Zimmer Alle standen – und ließ die hellen, wenn auch halb geschlossenen Augen, im Kreise umherschweifen.

      – Adieu, Alexei Dmitrijewitsch, – sagte plötzlich Maschurina: – ich komme später wieder vor.

      – Ich auch, – fügte Ostrodumow hinzu. – Ich auch . . . später.

      Dem Fremden ausweichend – gleichsam demselben zum Trotz, – ergriff Maschurina die Hand Neshdanow’s, drückte sie stark und ging, ohne Jemand zu grüßen, hinaus. Ostrodumow folgte ihr, unnützer Weise mit den Stiefeln polternd und zwei Mal sogar in ein kaum verhaltenes, spöttisches Lachen ausbrechend: »Da hast Du’s, Biberkragen!« Der Fremde verfolgte sie mit höflichen, aber neugierigen Blicken. Dann richtete er das Auge auf – Paklin, als ob er es erwarte, daß auch dieser dem Beispiele der beiden anderen Gäste folgen werde; aber Paklin, um dessen Lippen seit dem Auftreten des Fremden ein eigenthümliches Lächeln verborgen spielte, trat zur Seite und ließ sich in der Ecke nieder. Hierauf setzten sich auch der Fremde und Neshdanow.

      – Ich heiße Ssipjagin, vielleicht haben Sie den Namen schon gehört, – begann mit bescheidenem Stolz der Fremde.

      Wir müssen jedoch zuerst erzählen, wie sie sich im Theater kennen gelernt.

      Man gab das Stück von Ostrowsky: »Setz Dich nicht in fremde Schlitten.« Am Vormittag war Neshdanow zur Kasse gegangen, wo er ziemlich viele Menschen vorfand. Er wollte ein Parterre-Billet lösen; – aber gerade im Begriff dies zu thun, rief ein hinter ihm stehender Offizier, dem Kassirer über Neshdanows Kopf hinüber einen Drei-Rubel-Schein reichend, in die Kasse hinein: »Sie werden dem Herrn vor mir wohl noch Geld ausgeben müssen – ich werde aber nichts zu bekommen haben – geben Sie mir daher, bitte, ein Billet in der zweiten Reihe ich habe Eile!« – »Entschuldigen Sie, Herr Offizier, – entgegnete Neshdanow in gereiztem Tone, – ich mochte selbst ein Billet in der zweiten Reihe lösen,« – und warf im selben Augenblick einen Drei-Rubel-Schein in’s Fenster der Kasse – sein ganzes Vermögen. Der Kassirer gab ihm das gewünschte Billet – und es befand sich Neshdanow am Abend in der aristokratischen Abtheilung des Alexandras Theaters.

      Er war schlecht gekleidet, ohne Handschuhe, in ungeputzten Stiefeln – war befangen und ärgerte sich über diese Befangenheit. Neben ihm saßen: rechts – ein mit Sternen besäeter General; links – jener seine Herr, Geheimrath Ssipjagin, dessen Erscheinen zwei Tage darauf Maschurina und Ostrodumow in solche Aufregung versetzen sollte. Der General blickte zuweilen auf Neshdanow als auf etwas Unanständiges, Unerwartetes und sogar Beleidigendes; Ssipjagin dagegen warf zwar auch manchen Seitenblick auf ihn, doch lag darin nichts Feindliches. Alle Personen, die Neshdanow umgaben, schienen erstens mehr Persönlichkeiten von Rang und Ansehen, als einfach Menschen zu sein; zweitens kannten sie sich Alle so gut und tauschten kurze Reden, Worte und sogar einfach Rufe und Grüße mit einander aus. – Einige unter ihnen über den Kopf Neshdanow’s hinweg; er aber saß ungeschickt und unbeweglich in seinem breiten, bequemen Lehnstuhl, – als wäre er irgend ein Paria. Scham, Aerger und Trübsinn beschwerten sein Herz: er konnte sich des Lustspiels von Ostrowsky und des Spiels der Schauspieler nur wenig freuen. Da plötzlich, o Wunders – ließ sich während eines Zwischenakts sein linker Nachbar – nicht der besternte General, sondern der andere, ohne jedes Ehrenzeichen auf der Brust, – höflich und sanft mit einer gewissen einschmeichelnden Nachsicht in ein Gespräch mit ihm ein. Er begann von Ostrowsky’s Stück zu sprechen und sagte, daß es ihn sehr interessiren würde, die Meinung Neshdanow’s, als »eines Repräsentanten der jungen Generation,« über dasselbe zu erfahren. Verwundert, fast erschreckt, vermochte ihm Neshdanow zuerst nur in kurz abgebrochener, einsilbiger Weise zu antworten . . . Das Herz fing ihm sogar heftig zu klopfen an; bald aber gewann in ihm der Aerger über sich selbst wieder die Oberhand: was gerathe ich denn so in Wallung? Bin ich denn ein anderer Mensch, als sie Alle! Und nun begann er seine Ansicht zu entwickeln, ungenirt und ohne Hehl, und zuletzt sogar so laut und mit solchem Feuer, daß der Nachbar-Sternen-träger sich dadurch offenbar beunruhigt fühlte. Neshdanow war ein eifriger Verehrer Ostrowsky’s; – aber ungeachtet aller Anerkennung des im Lustspiel »Setz’ Dich nicht in fremde Schlitten« offenbarten Talents des Dichters, konnte er den klar zu Tage tretenden Wunsch, die Civilisation in der karrikirten Figur des Wichorew zu erniedrigen, doch nicht billigen. – Der höfliche Nachbar hörte ihm mit großer Aufmerksamkeit und Theilnahme zu – und leitet im folgenden Zwischenakt wieder ein Gespräch mit ihm ein, aber schon nicht mehr über das Lustspiel Ostrowsky’s, sondern über allerlei das Leben betreffende, wissenschaftliche und sogar politische Fragen. Der junge und beredte Nachbar schien ihn offenbar zu interessiren. Wie früher, so sprach Neshdanow auch jetzt nicht nur in derselben ungenirten Weise, sondern trug auch die Farben mit Absicht recht stark auf, »Da Du nun einmal so neugierig bist, so nimm, da hast Du es!« Der Nachbar-General fühlte sich jetzt durch das Benehmen Neshdanow’s schon nicht mehr einfach beunruhigt, sondern es erregte in ihm Unwillen und Verdacht. Als die Vorstellung zu Ende war, verabschiedete sich Ssipjagin von Neshdanow in höchst verbindlicher Weise, ohne jedoch nach dessen Namen zu fragen und auch ohne den seinigen zu nennen. Während er auf der Treppe auf seinen Wagen wartete, stieß er dort auf einen seiner Bekannten, den Flügel-Adjutanten Fürsten G. – Ich habe Dich von der Loge aus beobachtet, – sagte der Fürst, durch den parfümirten Schnurrbart lächelnd: – weißt Du denn, mit wem Du Dich unterhalten hast? – Nein, ich weiß es nicht; und Du? – Ist kein dummer Mensch, nicht wahr? – Durchaus nicht dumm; wer ist es denn? – Der Fürst näherte sich seinem Ohr und flüsterte ihm in französischer Sprache zu: – mein Bruder. Ja; es ist mein Bruder. Ein uneheliches Kind meines Vaters . . . er heißt Neshdanow. Ich СКАЧАТЬ