Название: Neu-Land
Автор: Иван Тургенев
Издательство: Public Domain
Жанр: Русская классика
isbn:
isbn:
– Weder mit noch ohne Absicht! – Fräulein Maschurina da sieht mich an und lächelt . . . ich sage Euch aber . . .
– Ich denke nicht daran zu lächeln – entgegnete grimmigen Tones Maschurina.
– Ich sage Euch aber, meine Herren, – fuhr Paklin fort, – daß Euch das instinktive Gefühl, welches die echten Freunde von den falschen unterscheiden lehrt, abgeht! Wenn der Mensch lacht, so meint Ihr auch gleich, daß jeder Ernst ihm fern ist . . .
– Ist’s vielleicht nicht der Fall? – fuhr Maschurina; zum zweiten Mal auf ihn los.
– Sie zum Beispiel – nahm Paklin mit erhöhter Kraft, ohne Maschurina einer Antwort zu würdigen, seine Rede auf, – Sie brauchen Geld . . . Neshdanow hat aber setzt kein Geld . . . So kann ich es geben.
Neshdanow trat rasch vom Fenster zurück.
– Nein nein wozu denn? Ich werde es schaffen . . . ich werde einen Theil meiner Pension vorausnehmen . . . Ich erinnere mich, sie sind mir schuldig geblieben. Aber hör’, Ostrodumow: zeig’ mir den Brief.
Ostrodumow blieb zuerst eine kurze Zeit regungslos auf seinem Platze; nachdem er sich darauf nach allen Seiten umgesehen, stand er auf, bückte sich mit dem ganzen Oberkörper zur Erde, streifte das Beinkleid in die Höhe und holte aus dem Stiefelschaft ein sorgfältig zusammengefaltetes Stück blauen Papiers hervor; nachdem er es herausgezogen, blies er darauf – wozu? wissen wir nicht zu sagen – und reichte es Neshdanow hin.
Dieser nahm das Papier, faltete es auseinander, las dessen Inhalt aufmerksam durch und reichte es dann Maschurina . . . Letztere erhob sich zuerst vom Stuhle, las den Brief und gab ihn darauf an Neshdanow zurück, obgleich Paklin die Hand darnach ausstreckte. Neshdanow zuckte die Achseln und händigte den geheimnißvollen Brief Paklin ein. Paklin durchflog das Papier und legte es, die Lippen bedeutsam aneinanderpressend, langsam auf den Tisch. Da ergriff Ostrodumow dasselbe, rieb ein großes Zündhölzchen an, das starken Schwefelgeruch um sich verbreitete, hob dann den Brief, um ihn gleichsam Allen zu zeigen hoch empor, verbrannte ihn darauf, ohne sogar seiner Finger zu schonen, am Feuer des Zündhölzchens zu Asche und warf diese Asche endlich in den Ofen. Alle saßen während dieses Vorgangs stumm und regungslos, mit zu Boden gesenkten Blicken, da. Ostrodumow’s Gesicht hatte den Ausdruck thätigen Ernstes, böse und finster schien das Antlitz Neshdanow’s; gespannte Aufmerksamkeit sprach aus den Mienen Paklin’s, während Maschurina sich verhielt, als verrichtete sie eine heilige Handlung.
So vergingen ungefähr zwei Minuten. Darauf kam über Alle das Gefühl einer gewissen Verlegenheit. Paklin spürte zuerst die Nothwendigkeit, das Schweigen zu brechen.
– Wie bleibt es also? – begann er. – Nimmt man mein Opfer auf den Altar des Vaterlandes an oder nicht? Gestattet man mir, wenn auch nicht das ganze Geld, so doch wenigstens fünfundzwanzig oder dreißig Rubel darzubringen?
Neshdanow wurde plötzlich feuerroth vor Zorn. Die lange niedergehaltene Erbitterung schien ihren Höhepunkt erreicht zu haben . . . Die feierliche Verbrennung des Briefes hatte sie nicht gemindert, – es war, als hätte sein Zorn nur auf einen Vorwand gewartet, um zum Ausbruch zu kommen.
– Ich habe Dir bereits gesagt, daß es nicht nöthig ist, nicht nöthig . . .nicht nöthig! Ich lasse es nicht zu und werde es nicht annehmen. Ich schaffe das Geld, ich schaffe es gleich. Ich brauche keine Hilfe, von Niemand!
– Nun, Freund, – entgegnete Paklin – ich sehe, wenn Du auch ein Revolutionär bist – so bist Du doch kein Demokrat!
– Sage doch lieber gerade heraus, daß ich ein Aristokrat bin!
– Du bist auch wirklich ein Aristokrat bis zu einem gewissen Grade.
Neshdanow lachte gezwungen auf.
– Das heißt, Du spielst darauf an, daß ich ein uneheliches Kind bin. Deine Mühe ist vergebens, mein Lieber . . . Ich vergesse es auch so nicht.
Paklin schlug die Hände zusammen.
– Alex, ich bitte Dich, was ist Dir! Wie kannst Du meinen Worten eine solche Deutung geben! Ich erkenne Dich heute nicht. Neshdanow machte eine ungeduldige Bewegung mit Kopf und Schultern. – Hat Dich Bassanow’s Verhaftung so aufgeregt? – aber er ist doch selbst stets so unvorsichtig gewesen . . .
– Er hat aus seiner Ueberzeugung kein Hehl gemacht, – warf Maschurina mit finsterer Miene ein: – es steht uns nicht an, ihn zu verurtheilen!
– Ganz recht; er hätte nur auch an die Andern denken sollen, die setzt durch ihn kompromittirt werden können.
– Woher glauben Sie in solcher Weise von ihm sprechen zu dürfen? – ertönte jetzt der Baß Ostrodumow’s: – Bassanow ist ein Mensch von festem Charakter; er wird Niemanden verrathen. Was aber die Vorsicht betrifft . . . wissen Sie? es ist nicht Jedem gegeben, vorsichtig zu sein, Herr Paklin!
Paklin fühlte sich gekränkt und wollte ihm etwas entgegnen, aber Neshdanow hielt ihn zurück.
– Meine Herren! – rief er aus, – thut mir den Gefallen und laßt die Politik auf kurze Zeit bei Seite! Es entstand eine Pause.
– Ich habe heute Skoropichin gesehen, – fing Paklin endlich wieder an, – aller Reußen Kritiker und Aesthetiker und Enthusiast. Was für ein unerträgliches Geschöpf! Ewig kocht und zischt es in ihm wie in einer Flasche gemeinen, süßlichen Kwasses . . . beim Laufen hat sie der Kellner statt des Pfropfens mit dem Finger verstopft, im Halse der Flasche ist eine angeschwollene Rosine stecken geblieben – es pfeift und spritzt aus derselben – wenn aber der Schaum heraus ist – so bleiben auf dem Boden nur noch einige Tropfen einer höchst garstigen Flüssigkeit, welche Niemandes Durst zu stillen im Stande sind, sondern nur Bauchgrimmen verursachen können . . . Ein den jungen Leuten höchst schädliches Individuum!
Paklin’s Vergleich, so richtig und treffend er auch war, vermochte trotzdem Niemand von den Anwesenden zum Lachen zu bewegen. Blos Ostrodumow bemerkte, daß um die jungen Leute, welche sich für Aesthetik zu interessiren im Stande seien, zu klagen unnütz wäre, selbst wenn sie durch Skoropichin auch irre geleitet werden sollten.
– Aber ich bitte Sie, hören Sie doch – rief Paklin heftig aus – je weniger er Beifall fand, desto mehr pflegte er in Eifer zu gerathen – das ist freilich keine politische Frage, aber doch jedenfalls eine Frage von großer Bedeutung. Wenn man Skoropichin angehört, so ist jedes ältere künstlerische Werk schon einfach deshalb nichts werth, weil es alt ist . . . Aber in diesem Falle ist die künstlerische Produktion, die Kunst ja nur Sache der Mode – und es verlohnte nicht der Mühe, darüber noch ernstlich zu sprechen! Wenn nichts Hohes, nichts Ewiges in ihr enthalten ist – dann hol’ sie der Teufel! In der Wissenschaft, z. B. in der Mathematik: da werdet Ihr doch nicht behaupten, daß Euler, Laplace, Gauß triviale Größen seien, deren Zeit längst vorüber ist? Ihr seid deren Autorität anzuerkennen bereit – Raphael und Mozart aber sind Narren? und Euer Stolz lehnt sich gegen die Autorität derselben auf? Die Gesetze der Kunst sind schwerer zu ergründen, als die Gesetze der Wissenschaft, – ich gebe es zu; aber nichtsdestoweniger sind sie da – und wer sie nicht sieht, der ist blind; ob freiwillig oder unfreiwillig – das bleibt sich gleich!
Paklin schwieg . . . und Niemand öffnete die Lippen, als ob Alle den Mund voll Wasser genommen hätten – als ob sie sich seiner gewissermaßen schämten. Nur Ostrodumow brummte: – Und doch bedaure ich jene jungen Leute, welche Skoropichin irre leitet, nicht im Geringsten!
»Ah, Gott mit Euch!« dachte Paklin. »Ich gehe lieber СКАЧАТЬ