Die Schlucht. Иван Гончаров
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Название: Die Schlucht

Автор: Иван Гончаров

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ mir, wie entsetzt sie über jene Szene gewesen sei, sie wäre fast krank geworden vor Aufregung, und das Schlimmste sei gewesen, daß Cousine Neljubowa alles gesehen und den Michailows weitererzählt habe, und diese hätten ihr Vorwürfe gemacht, sie beaufsichtige mich nicht genug und gewähre Gott weiß wem Zutritt zum Hause. – ›Und das habe ich alles nur dir zu verdanken!‹ schloß Mama ihre Vorhaltungen. Ich bat sie nochmals, mir zu verzeihen und diese Dummheit zu vergessen, und gab ihr mein Wort darauf, daß ich ihr in Zukunft keinen Anlaß zum Tadel geben würde.«

      Raiski lachte laut auf.

      »Ich dachte Gott weiß was für ein Drama noch kommen würde!« sagte er. »Und Sie erzählen mir die Geschichte eines sechsjährigen Mädchens! Ich hoffe, Cousine, wenn Sie einmal eine Tochter haben sollten, dann werden Sie anders handeln . . .«

      »Wie denn – meinen Sie, ich würde meine Tochter einem Lehrer zur Frau geben?« sagte sie. »Das können Sie doch unmöglich im Ernst annehmen!«

      »Warum nicht – wenn er ein anständiger Mensch ist und eine gute Erziehung hat? . . .«

      »Niemand weiß es, ob Jelnin ein anständiger Mensch war: im Gegenteil, ma tante und Mama sagten, er habe schlechte Absichten gehabt, er habe mir den Kopf verdrehen wollen . . . aus Eitelkeit, weil er es nicht wagte, mir mit ernsten Absichten zu nahen . . .«

      »Nein!« rief Raiski leidenschaftlich aus. »Man hat Sie betrogen. Wenn Ihre Stutzer, Ihre Cousins, ein prince Pierre, ein comte Serge einem jungen Mädchen den Kopf verdrehen wollen, dann werden sie nicht blaß und rot – sie sind es, die böse Absichten haben! Jelnin aber hatte gar keine Absichten, er liebte Sie aufrichtig, wie ich aus Ihren Worten ersehe. Und diese Herren da« – er zeigte, ohne sich umzudrehen, mit dem Finger auf die Porträts an der Wand – »die heiraten Sie par convenance, und dann betrügen sie Sie mit der ersten besten Tänzerin . . .«

      »Cousin!« rief Sophie ernst, fast erschrocken.

      »Sie wissen doch das alles selbst, Cousine . . .«

      »Was sollte ich denn sonst tun? Sollte ich Mama sagen, daß ich Mr. Jelnin heiraten wolle? . . .«

      »Ja – Sie hätten in Ohnmacht fallen sollen, nicht aus dem Grunde, aus dem es geschah, sondern weil man es wagte, sich in Ihre Herzensangelegenheiten einzumischen! Sie hätten aus dem Hause gehen und seine Frau werden sollen. Er schriftstellert, korrespondiert, gibt Stunden, nimmt Geld dafür und lebt davon – welche Schmach in der Tat! Und jene da« – er zeigte wieder auf die Ahnen »nahmen Geld, schrieben keine Verse und lebten immer nur von fremder Arbeit – das ist ehrenhaft! . . . Was ist denn schließlich aus Jelnin geworden?«

      »Ich weiß es nicht,« sagte sie gleichgültig. »Man verbot ihm das Haus, und ich habe ihn nie wieder gesehen.«

      »Und Sie hatten auch kein Interesse weiter für ihn?«

      »Nein . . .«

      »Das wahre, wirkliche Leben, das Glück stand von Angesicht zu Angesicht vor Ihnen – und Sie haben es von sich gestoßen! Warum? Aus welchem Grunde?«

      »Sie wissen doch, Cousin, daß ich verheiratet war, daß ich ein glückliches Leben geführt habe . . .«

      »Mit ihm?« fragte er und warf einen Blick auf das Porträt ihres Gatten.

      »Ja, mit ihm!« sagte sie und sah das Porträt zärtlich an.

      »Und wie wurden Sie denn nun seine Frau?«

      »Sehr einfach. Er war eben aus dem Ausland gekommen, machte bei uns Besuch, erzählte von dem Leben in Paris, sprach von der Königin, von den Prinzessinnen, war einigemal bei uns zum Diner und bat dann durch die Fürstin um meine Hand.«

      »Und als Sie nun einwilligten und zum erstenmal mit ihm allein waren . . . was sagte er da? . . .«

      »Nichts!« sprach sie und lächelte ein wenig erstaunt.

      »Aber er sagte Ihnen doch sicherlich, weshalb er sich um Ihre Hand beworben hätte, was ihn zu Ihnen hingezogen hatte . . . daß es für ihn nichts Schöneres, Herrlicheres auf der ganzen Welt gäbe . . .«

      »Und daß er nicht Worte genug finden könne, um mich zu verherrlichen, daß er jedoch fürchte, sentimental zu werden. . .« fügte sie spöttisch hinzu.

      »Na also – was tat er denn dann?«

      »Dann setzte er sich an den Kartentisch, während ich mich für das Theater anzog: er war nämlich an diesem Abend mit in unserer Loge. Nun, und am nächsten Tage fand dann die feierliche Verlobung statt.«

      »Ein sehr einfacher Verlauf in der Tat,« bemerkte Raiski.

      »Und später, nach der Hochzeit?«

      »Nach der Hochzeit fuhren wir ins Ausland.«

      »Ah, endlich! Sie waren nun nicht mehr in der großen Welt, nicht mehr im Bannkreis der Ahnen! Irgendwohin nach Italien ging’s, in die Schweiz, an den Rhein, in einen stillen Winkel, in dem das Herz zu seinem Rechte kam. . .«

      »Nein, nein, Cousin – wir fuhren nach Paris: mein Mann wurde mit einer Mission dorthin betraut, und er stellte mich bei Hofe vor.«

      »Ich war sehr glücklich,« sagte die Bjelowodowa, und ihr Lächeln wie ihr Blick bestätigten, daß sie mit Genugtuung auf die Vergangenheit zurückblickte: »Ja, Cousin, als ich das erstemal zum Balle in den Tuilerien erschien und in den Kreis geführt wurde, in dem sich der König, die Königin und die Prinzen befanden . . .«

      »Da tönte ein lautes ›Ach!‹ von allen Lippen?« sagte Raiski.

      Sie nickte mit dem Kopfe und seufzte dann, als ob sie bedauerte, daß diese schönen Tage entschwunden waren. »Wir hielten in Paris offenes Haus; dann fuhren wir ins Bad; mein Mann gab Bälle und Banketts, von denen in den Zeitungen berichtet wurde.«

      »Und Sie waren glücklich?«

      »Ja,« sagte sie – »ich war glücklich: ich sah nie eine unzufriedene Miene bei Paul, hörte nie . . .«

      »Ein herzliches, zärtliches Wort, erlebte nie einen Augenblick leidenschaftlicher, inniger Hingabe . . .«

      Sie schüttelte nachdenklich und verneinend den Kopf.

      »Nie wurde mir ein Wunsch, nie auch nur eine Laune versagt . . .« fügte sie hinzu.

      »Hatten Sie denn überhaupt jemals Launen?«

      »O ja: in Wien hatte Paul schon ein Hotel für uns gemietet, und als wir ankamen, gefiel es mir nicht, und . . .«

      »Er mietete mir ein anderes Hotel – wie großmütig!«

      »Welche Aufmerksamkeit, welche Rücksicht und Feinfühligkeit in jedem seiner Worte . . .« sagte sie.

      »Nun, das wäre auch: Sie waren doch eine Pachotina!«

      »Ja, ich war glücklich,« sagte sie in entschiedenem Tone, »und ich werde nie wieder so glücklich sein!«

      »Gott helfe mir – Amen!« fügte er hinzu. »Auch der Kanarienvogel ist in seinem Bauer glücklich, und er singt sogar; aber sein Glück ist eben das Glück des Kanarienvogels, und kein Menschenglück . . . Nein, Cousine, man hat in Ihnen systematisch und auf höchst raffinierte Weise alle Freiheit des Denkens und Fühlens unterdrückt! Sie sind nur eine schöne Gefangene СКАЧАТЬ