Die Schlucht. Иван Гончаров
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Название: Die Schlucht

Автор: Иван Гончаров

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ und ich sehe sie – da, da sind sie, vor meinen Augen! Wie soll ich sie nur festhalten?« Er nahm den Pinsel und die Palette, änderte ein wenig an den Augen und an der Linie der Lippen, legte dann mit einem Seufzer den Pinsel wieder hin und trat von dem Bilde weg. Das Kleid, die Spitzen, der Samt waren nur oberflächlich hingeworfen. Und die Hände waren nicht richtig.

      Er betrachtete noch ein paar verstaubte Bilder: alles begonnene und flüchtig entworfene Skizzen; dann besah er einige Gemälde in Rahmen und verweilte da und dort länger am längsten bei dem Kopfe des Hektor.

      Endlich nahm er ein kleines Ölgemälde in die Hand, es war eine rasch hingeworfene Porträtstudie, die ein blondes junges Weib darstellte. Er stellte das Bild auf die Staffelei, setzte sich an den Tisch und saß, den Kopf auf den Ellbogen gestützt, mit den Fingern in seinem Haar wühlend und den gramerfüllten Blick unbeweglich auf den Kopf gerichtet, eine ganze Zeit lang da.

      Ganz in sich gekehrt, wie geistesabwesend, saß und saß er da. Dann erwachte er plötzlich aus seinem Brüten, setzte sich an den Schreibtisch und begann unter seinen Manuskripten zu suchen. Einige davon durchblätterte er kopfschüttelnd, zerriß sie und warf sie in den Papierkorb unter dem Schreibtisch; andere legte er auf die Seite. Unter den Stößen literarischer Versuche, die da aufgehäuft waren, fand er ein Heft mit der Aufschrift: »Natascha«.

      Er hatte darin ein Episode aus seiner Vergangenheit geschildert, aus der Zeit, als er eben zum Leben erwacht war, als er liebte und geliebt wurde. Vor langer Zeit schon hatte er das geschrieben, unter dem Einfluß eines Gefühls, das ihn ganz erfüllte. Er wußte damals selbst nicht, warum er es niederschrieb – vielleicht war es in der sentimentalen Absicht geschehen, diese Blätter dem Gedächtnis seiner armen kleinen Freundin zu weihen, oder sie als Andenken an seine Jugendliebe für das Alter zu bewahren; vielleicht lebte aber auch schon damals in ihm die Idee des Romans, von dem er Ajanow gesprochen hatte, in dem er diese rührende Episode aus seinem eigenen Leben als Sujet verwenden wollte. Er sprach darin von sich in der dritten Person, und die Gestalt des zärtlich liebenden Weibes war ihm die Hauptsache in dieser leicht hingeworfenen Skizze.

      ». . . Als er vom Mittagessen in seinem Künstlerkreise nach Hause kam,« las Raiski halblaut in seinem Heft, »fand er auf dem Tische einen Zettel mit den Worten: ›Besuche mich, lieber Boris, ich liege im Sterben! Deine Natascha.‹

      »O Gott, Natascha!« schrie er ganz außer sich und eilte die Treppe hinunter. Er stürzte auf die Straße, jagte in einer Droschke nach dem engen Seitengäßchen an der Erscheinungskirche, betrat hastig das Haus und eilte in das dritte Stockwerk hinauf. Zwei Wochen lang war er nicht dagewesen, zwei ganze Wochen lang – eine Ewigkeit! Wie ging es ihr?

      Er blieb atemlos vor der Tür stehen. In seiner Aufregung griff er bald nach dem Klingelzug, bald ließ er ihn wieder los. Endlich zog er doch die Klingel und trat ein.

      Die Wirtin – eine ältere Frau, die Gattin eines Beamten – trat ihm entgegen. Schweigend, mit einem Blick, in dem er deutlich den Vorwurf lesen konnte, nahm sie seine Verbeugung entgegen, und auf die im Flüsterton vorgebrachte Frage: ›Wie geht es ihr?‹ antwortete sie nichts, sondern ließ ihn an sich vorübergehen, schloß leise die Tür hinter ihm und entfernte sich.

      Er trat auf den Zehenspitzen in das Zimmer und sah sich voll Unruhe nach Natascha um.

      Im Zimmer stand ein mit Rips überzogener Diwan aus Mahagoniholz und davor ein runder Tisch; auf dem Tische erblickte er ein Arbeitskörbchen und eine angefangene Handarbeit.

      In einer Ecke glomm vor einem Heiligenbilde ein Öllämpchen; an den Wänden standen Stühle mit dem gleichen Überzug wie der Diwan, auf dem Fenster zwei Blumentöpfe mit welkgewordenen Blumen und zwei kleine Vogelbauer, in denen die Kanarienvögel schliefen.

      Er blickte nach dem Bettschirm und fürchtete sich, weiterzugehen.

      ›Wer ist da?‹ ließ eine leise Stimme hinter dem Schirm sich vernehmen.

      Er trat hinter den Schirm. Dort lag im Bett zwischen den Kissen, vom trüben Licht einer kleinen Nachtlampe beleuchtet, eine blonde junge Frau. Ihr Gesicht war ganz bleich, wie wächsern, ihr Blick heiß und glühend, und die Lippen waren blaß und trocken. Sie wollte sich nach ihm umwenden; als sie ihn erblickte, machte sie eine lebhafte Bewegung und faßte mit der Hand nach ihrer Brust.

      ›Du bist es, Boris, du!‹ rief sie zärtlich mit matter Freude, reichte ihm ihre beiden abgemagerten, bleichen Hände und sah ihn immer wieder an, als wollte sie ihren Augen nicht trauen.

      Er beugte sich über sie und küßte ihre Hände.

      ›Du bist bettlägerig – und hast mich bis heut nichts davon wissen lassen!‹ sagte er im Tone des Vorwurfs.

      Sie versuchte mit ihrer schwachen Hand seine Hand zu drücken, vermochte es jedoch nicht und ließ den Kopf wieder in die Kissen sinken.

      ›Verzeih, daß ich dich herbemüht habe,‹ brachte sie mit Mühe hervor —›ich sehnte mich so, dich zu sehen! Seit einer Woche liege ich im Bett: ich hatte solche Schmerzen in der Brust . . .‹

      Sie seufzte. Er hörte nicht, was sie sagte, sondern blickte nur voll Entsetzen in ihr Gesicht, das ihm noch jüngst so heiter zugelächelt hatte. Was war aus ihr geworden? ›Was ist mit dir? . . .‹ wollte er fragen, doch blieben ihm die Worte in der Kehle stecken, und in plötzlicher Aufwallung barg er sein Gesicht neben dem ihrigen in den Kissen und brach in lautes Schluchzen aus.

      ›Was denn? Was ist denn?‹ fragte sie und streichelte zärtlich seinen Kopf: sie machten sie so glücklich, diese Tränen. ›Es ist nichts von Bedeutung, sagte der Doktor, es wird vorübergehen . . .‹

      Aber er hörte nicht auf zu schluchzen: er begriff, daß es nicht vorübergehen würde.

      ›Ich dachte, du würdest mich aufheitern. Ich hatte solche Langeweile und solche Angst, als ich hier so allein lag . . .‹ Sie fuhr zusammen und blickte um sich. ›Deine Bücher habe ich alle gelesen, sie liegen dort auf dem Stuhle,‹ fügte sie hinzu. ›Wenn du sie durchblätterst, wirst du am Rande meine Bemerkungen finden; ich habe mit dem Bleistift alle Stellen unterstrichen, die mich . . . an unsere Liebe . . . erinnerten . . . Ach, ich bin so matt, ich kann nicht sprechen . . .‹ Sie hielt in ihrer Rede ein und netzte mit der Zunge ihre heißen Lippen. ›Gib mir zu trinken . . . dort . . . auf dem Tische . . . ist Wasser!‹

      Sie trank ein paar Tropfen und zeigte dann auf eine Stelle des Kissens – dahin möchte er seinen Kopf legen, gab sie ihm durch ein Zeichen zu verstehen. Sie legte ihre Hand auf seinen Kopf, und er trocknete heimlich seine Tränen. ›Du wirst dich hier langweilen,‹ flüsterte sie leise. ›Verzeih, daß ich dich hergebeten habe . . . Wie wohl mir jetzt ist – wenn du wüßtest!‹ sprach sie selbstvergessen, halb wie im Traume, und fuhr mit der Hand durch sein Haar. Dann legte sie ihren Arm um seinen Hals, blickte ihm in die Augen und versuchte zu lächeln. Er erwiderte schweigend, mit Zärtlichkeit, ihre Liebkosungen und hielt gewaltsam die Tränen zurück, die sich ihm in die Augen drängten.

      ›Wirst du heut bei mir bleiben?‹ fragte sie und blickte ihm dabei in die Augen.

      ›Den ganzen Abend, die ganze Nacht! Ich verlasse dich nicht, bis . . .‹

      Mit Gewalt drängten sich ihm die Tränen in die Augen.

      ›Nein, nein, warum? Ich will nicht, daß du dich grämst . . . Beruhige dich, leg’ dich schlafen – mir fehlt nichts, wirklich nichts . . .‹

      Sie versuchte zu lächeln, vermochte es jedoch nicht.

      ›Ich will dir etwas sagen – aber du darfst nicht böse werden . . .‹

      Er СКАЧАТЬ