Die Schlucht. Иван Гончаров
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Название: Die Schlucht

Автор: Иван Гончаров

Издательство: Public Domain

Жанр: Русская классика

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СКАЧАТЬ wir lasen sehr viel, und dann begleitete er mich auch auf der Violine, wenn ich Klavier spielte. Er war so sonderbar, versank bisweilen ganz in Nachdenken und sprach eine halbe Stunde lang kein Wort. Rief ich ihn dann beim Namen, so fuhr er zusammen und sah mich ganz seltsam an . . . so, wie auch Sie mich bisweilen ansehen. Oder er setzte sich so dicht zu mir hin, daß er mich erschreckte. Doch konnte ich ihm nicht böse sein . . . ich hatte mich an diese Absonderlichkeiten gewöhnt. Einmal legte er seine Hand auf die meinige: es war mir sehr peinlich, aber er bemerkte selbst nicht, was er tat – und ich zog meine Hand nicht fort. Und wie er einmal wegblieb, als wir zusammen üben sollten, empfing ich ihn am nächsten Tage sehr kühl . . .«

      »Bravo! Und was sagten die Ahnen dazu?«

      »Ja, lachen Sie nur, Cousin: es war wirklich zum Lachen!«

      »Ich lache nicht, Cousine, sondern ich freue mich: nicht wahr, damals lebten Sie doch, damals waren Sie glücklich und froh – nicht so wie später, wie jetzt? . . .«

      »Ja, das ist wahr: ich war ein kleines, dummes Mädchen, und es machte mir Vergnügen, zu sehen, wie er plötzlich verlegen wurde und Angst hatte, mich anzusehen, und wie er dann wieder mich ganz lange, lange ansah und bisweilen sogar erblaßte. Vielleicht habe ich ein bißchen mit ihm kokettiert, auf kindliche Weise, vor lauter Langerweile . . . Es war bei uns wirklich manchmal sehr . . . langweilig! Aber ich glaube, er war sehr gut und sehr unglücklich: er hatte gar keine Verwandten! Ich nahm sehr viel Anteil an ihm, und ich war sehr vergnügt mit ihm, gewiß! Aber wie teuer mußte ich diese Dummheit bezahlen!«

      »Ach – nur rasch, erzählen Sie!« sagte Raiski.

      »An meinem Namenstage fand bei uns großer Empfang statt, ich war damals schon in die Gesellschaft eingeführt. Ich hatte eine Beethovensche Sonate einstudiert, die er sehr liebte – dieselbe, die auch Sie so gern hören . . .«

      »Daher die Vollendung, mit der Sie diese Sonate spielen . . . Weiter, Cousine, die Sache wird interessant!«

      »Man wußte damals in der großen Welt bereits, daß ich der Musik sehr ergeben war, und man prophezeite mir, ich würde eine erstklassige Künstlerin werden. Früher hatte Mama die Absicht gehabt, mich bei Henselt Unterricht nehmen zu lassen, als sie jedoch diese Elogen hörte, wurde sie anderen Sinnes.«

      »Die Weisheit der Ahnen erklärte es für unanständig, eine Künstlerin zu sein!« bemerkte Raiski.

      »Ich erwartete jenen Abend mit Ungeduld,« fuhr Sophie fort, »weil Jelnin nicht wußte, daß ich jene Sonate einstudiert hatte . . .«

      Sie hielt, ein wenig verwirrt, in ihrer Erzählung inne.

      »Ich verstehe!« warf Raiski ein.

      »Die Gäste waren versammelt, die einen sangen, die anderen trugen etwas auf dem Klavier vor, er aber war noch nicht da. Mama fragte mich zweimal, ob ich nicht die Sonate spielen wolle. Ich suchte sie so lange wie möglich hinzuhalten, und endlich befahl sie mir ohne weiteres, zu spielen: j’avais le coeur gros – und ich setzte mich ans Klavier. Ich glaube wohl, daß ich sehr bleich war, kaum aber hatte ich die Introduktion gespielt, als ich im Spiegel Jelnin erblickte – er stand dicht hinter mir . . . Man sagte mir später, ich sei feuerrot geworden, doch glaube ich nicht, daß es der Fall war,« fügte sie verschämt hinzu. »Ich war einfach erfreut, ihn zu sehen, weil ich wußte, daß er Musik verstand . . .«

      »Sprechen Sie nur selbst, Cousine, lassen Sie nicht Ihre Ahnen für sich sprechen!«

      »Ich spielte, spielte . . .«

      »Mit Begeisterung, feurig, leidenschaftlich . . .« soufflierte er ihr.

      »Wohl möglich,« sagte sie, »wenigstens schienen alle gefesselt von meinem Spiel und saßen schweigend da, niemand rief ein banales ›charmant!‹ oder ›bravo!‹ und als ich fertig war, erklang rauschender Beifall von allen Seiten, und man umringte mich . . . Aber ich achtete darauf nicht weiter, hörte die Glückwünsche nicht – ich wandte mich, als die Sonate zu Ende war, nur zu ihm . . . Er streckte mir die Hand entgegen, und ich . . .«

      Sophie hielt verwirrt inne.

      »Nun? Sie stürzten auf ihn zu . . .«

      »Wieso denn? Nein, ich streckte ihm gleichfalls meine Hand entgegen, und er drückte sie. Und da kann es wohl sein, daß wir beide erröteten . . .«

      »Weiter nichts?«

      »Nein. Ich faßte mich rasch und antwortete auf die anerkennenden Worte und die Glückwünsche, die von allen Seiten ertönten. Und dann wollte ich auf Mama zutreten, doch ich warf nur einen Blick auf sie, und ein Schreck durchfuhr mich. Ich ging zu den Tanten, aber sie machten nur eine ganz flüchtige Bemerkung und ließen mich stehen. Jelnin sah mich aus der Ecke mit solchen Augen an, daß ich in ein anderes Zimmer ging. Mama begab sich, als die Gäste fort waren, in ihr Zimmer, ohne mir gute Nacht zu sagen. Nadjeschda Wassiljewna schüttelte den Kopf, als sie sich von mir verabschiedete, und Anna Wassiljewna hatte Tränen in den Augen . . .«

      »Jeder Mensch hat seinen Sparren,« bemerkte Raiski; »diese hier scheinen den Anstandssparren gehabt zu haben . . . Nun, und am nächsten Morgen?«

      »Am nächsten Morgen,« fuhr Sophie mit einem Seufzer fort, »erwartete ich, daß man mich sogleich zu Mama rufen würde, doch wurde ich eine ganze Weile nicht gerufen. Endlich holte mich ma tante Nadjeschda Wassiljewna und sagte trocken, ich solle zu Mama kommen. Ich hatte starkes Herzklopfen und konnte anfangs gar nicht unterscheiden, wer in Mamas Zimmer war und was dort vorging. Es war dunkel im Zimmer, die Stores und Portieren waren heruntergelassen, Mama schien ermüdet; neben ihr saßen die Tanten, mon oncle, prince Serge und Papa . . .«

      »Also der ganze Areopag – und dazu die Ahnenbilder an der Wand!«

      »Papa stand am Kamin und wärmte sich. Ich sah einen Moment zu ihm hin und dachte, er würde mir einen freundlichen Blick schenken – es wäre mir leichter ums Herz geworden. Aber er war offenbar bemüht, mich nicht anzusehen; der arme Papa fürchtete sich vor Mama, ich sah jedoch, daß ich ihm leid tat. Er biß sich beständig auf die Lippen: Sie wissen, daß er das immer tut, wenn er erregt ist.«

      »Und was taten nun die anderen?«

      » ›Beantworten Sie mir eine Frage: wer sind Sie, und was sind Sie?‹ begann Mama leise. – ›Ich bin Ihre Tochter,‹ antwortete ich kaum hörbar. – ›Es scheint nicht der Fall zu sein. Wie benehmen Sie sich!‹ – Ich schwieg – was hätte ich ihr auch antworten sollen? . . .«

      »O Gott! Darauf sollte es keine Antwort geben?« fuhr Raiski heraus.

      » ›Was für eine Szene haben Sie denn da gestern zum besten gegeben: war das eine Komödie oder ein Drama? Und wer ist denn der Verfasser – Sie selbst oder dieser Lehrer, dieser . . . Mr. Jelnin?‹ – ›Ich habe keine Szene gespielt, maman,‹ brach es aus mir hervor . . . und es war mir dabei so beklommen zumute. – ›Um so schlimmer,‹ sagte sie—, il y a donc su sentiment lá dedans? Hören Sie doch,‹ wandte sie sich an Papa, ›was Ihre Tochter sagt . . . wie gefällt Ihnen dieses Geständnis? . .‹ Der arme Papa war noch verwirrter und schaute noch kläglicher drein als ich selbst; ich wußte, daß er allein mir nicht zürnte, ich hätte am liebsten vor Scham in jenem Augenblick sterben mögen. . . ›Wissen Sie, wer dieser Ihr Lehrer ist?‹ fuhr Mama fort. ›Fürst Serge hat sich nach ihm erkundigt: er ist der Sohn irgendeines Arztes, läuft als Privatlehrer in der Stadt herum, schreibt Gedichte, besorgt für Geld die französische Korrespondenz russischer Geschäftsleute und lebt davon . . .‹ – ›Welche Schmach!‹ rief ma tante voll Abscheu. – Ich hörte nichts weiter, denn eine Ohnmacht überkam mich. Als ich wieder meine Besinnung erlangt hatte, СКАЧАТЬ