Das Schweigen der Prärie. Ole Edward Rölvaag
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Название: Das Schweigen der Prärie

Автор: Ole Edward Rölvaag

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ in sich gespürt: Jetzt will ich nicht weiter! — Aber es war, als hätte die Flut der Unendlichkeit sie alle losgerissen und wollte sie mit sich fortspülen — sie immer weiter wirbeln ohne Ziel.

      Und weiter war es gegangen. Aber jetzt war wenigstens etwas Erholung gekommen; denn sie fuhr wieder über Wasser und hörte das Plätschern der Wellen an den Schiffsplanken. Das konnte sie verstehen; und darum erschien ihr dieser Teil der Wanderung nicht einmal in gar so schlimmem Licht, obwohl die schnöde Behandlung und das wilde Leben an Bord übel genug gewesen.

      Eines schönen Tages legten sie in Milwaukee an. Auch hier hieß es nur wieder: starten und weiter hinaus ins Fremde. — — Weiter und immer weiter. Die Flut strömte und wirbelte unaufhörlich!

      Sie kamen schließlich an einen Ort, der etwas wie ›Prairie du Chien‹ hieß, — war‘s nicht im Staate Wisconsin gewesen? — Von dort aus karrten sie sich bis Lansing in Iowa und allmählich nach Filmore County, Minnesota, durch. Und auch hier war es damit noch nicht zu Ende! — —

      Jetzt lag sie auf einem kleinen Rasenhügel inmitten einer Unendlichkeit, aus der kein Weg hinausführte! — Es war ihr, als hätte sie viele Leben gelebt. In jedem hatte sie nichts als umherirren und wandern müssen und war immer weiter von ihren Angehörigen weggekommen.

      Sie setzte sich seufzend auf. Das eigentümlich Weiche und doch Kraftvolle ihres Gesichts fügte sich in die Umgebung wie ein schönes Bild in einen wohlgewählten Rahmen. —

      Die Buben und das Gössel tummelten sich auf dem Gipfel der Kuppe nach Herzenslust. Es gab zwischen den Grasschöpfen so viel Merkwürdiges. Der Große-Hans kam mit einer Handvoll roter Steinplättchen, die aussahen wie willkürlich von einem Felsen abgesplittert, — spitz waren sie an der einen Seite, wurden gleichmäßig breiter wie Speerspitzen; die Kanten waren geschärft; um das breite Ende lief eine Rille. — Da kam auch der Ole mit ein paar an und hatte dem Schwesterlein zwei abgegeben. — Die Mutter tat die Steine auf den Schoß und betrachtete einen nach dem andern. Die müssen von Menschen gemacht sein? dachte sie.

      Da machte der Ole noch einen merkwürdigen Fund: einen faustgroßen Stein, der aussah wie ein Vorhammer; in dem war die Rille tief und breit.

      Die Mutter stand auf: »Wo findet ihr das alles?«

      Die Buben zeigten ihr den Weg, und jetzt stand auch sie an der kleinen Senke auf dem Gipfel, die die Männer gestern abend entdeckt hatten; rundum lagen die Steine.

      »Der Ole sagt, die Indianer hätten sie gemacht!« schwätzte der Große-Hans eifrig. »Ist das wahr, Mutter? Glaubst du, sie kommen einmal wieder?«

      »Könnte schon sein, wenn wir eine Zeitlang hierbleiben.«

      Sie sah nachdenklich in die Erdsenke; derselbe Gedanke, den ihr Mann gestern an der gleichen Stelle gehabt, durchfuhr auch sie: Hier war ein Menschengrab! Er entsetzte sie nicht; aber der Eindruck von der unendlichen Einsamkeit wurde noch gewaltiger.

      Der Abenddunst lagerte jetzt tiefer. Es war, als sammle er alle Kraft um sie, und als bewege sich die Ebene von allen Seiten auf sie zu. Die Wagen waren nur noch nichtssagende Punkte in weiter, weiter Ferne; Hans Olsens Zelt nahm sich aus wie ein Grasschöpflein, dessen Spitzen gebleicht waren; Tönset‘ns Gamme ließ sich aus dem Dunkel nicht herausschälen. — Sie war es nicht imstande, die Buben laut zum Heimgehen heranzurufen, sie mußte um die Senke herum, um es ihnen leise zu sagen. — Nein, die Steine dürften sie nicht mitnehmen! Aber sie könnten morgen wieder her und mit ihnen spielen. — —

      Die Beret fand in dieser Nacht spät erst Schlaf. Sie war recht ärgerlich über sich selbst: der Kopf hob sich vom Kissen, die Nerven spannten sich, und doch war nichts zu hören — nichts außer dem aufkommenden Nachtwind. — —

      Und mit ihm kam so vielerlei. —

      V

      Der Per Hansen kam spät am nächsten Nachmittag zurück und konnte sie und die Buben gar nicht genug loben, wie flink sie gewesen seien, während er fort war. Ihr wurde davon ganz wirr. Und jetzt war das wieder an ihm, das, vor dem alles andere weichen mußte: nach außen war er lauter Scherz und toller Mutwillen, aber dahinter stand ein Ernst, so kraftvoll, daß sie zitterte, wenn sie bloß daran rührte.

      Und jetzt war er auch so gesprächig:

      »Hier hast du den vorläufigen Ausweis über unser Königreich, Beretmütterlein — nimm ihn und heb ihn gut auf! — Geht es nicht sonderbarer zu als im Märchen, daß einem Manne so etwas geschenkt wird? — Hm, und obendrein Jahr und Tag, nachdem er die Prinzessin heimgeführt?« Er legte den Kopf auf die Seite: »Weißt, das ist so merkwürdig, daß ich‘s immer noch nicht recht glaube. Und du, Beretmütterlein ?«

      Die Beret stand neben dem Wagenhaus, das sie zurechtgemacht, lächelte ihm mit feuchten Augen zu und vermochte nicht viel dazu zu sagen. Was hätte es ihr wohl geholfen, jetzt zu reden? Er war so ganz in seinen Plänen befangen, und sie und ihr Wünschen beachtete er nicht. Was hätte es also gefruchtet, hätte sie ihre Bekümmernisse und ihre Furcht vorgebracht? — und er war so fröhlich und lieb zu ihr, — oh, sie kannte den Per Hansen allzu gut!

      »Was sagst du zu all der Herrlichkeit, du Beretmütterlein ?« Er umfaßte sie und schwenkte sie herum.

      »Oh, — ich fürcht‘ mich nur so sehr vor dem hier draußen!« Sie lehnte sich an ihn, wollte sich verbergen. »Hier ist‘s so — so ungeschützt. — — Und keine Menschenseele bis ans End‘ der Welt!«

      Da lachte der Per Hansen, und sie krümmte sich unter seiner innern Wucht: »Hierher kommen schon noch Leut genug, sollst sehen, Beretmutter!«

      Jetzt kam ihm ein andrer Einfall; er führte sie feierlich zu der großen Lade, nötigte sie, sich darauf zu setzen, blieb selbst breitbeinig vor ihr stehen und sah sie groß an:

      »Und jetzt hör bloß, worauf ich gestern verfallen bin, nachdem ich die Papiere bekommen hatte: ich habe zehn große Säcke Kartoffeln gekauft. Ach, ich bin so glücklich darüber! Ja, du weißt, was für uns Nordländer die Kartoffeln bedeuten,« lachte er. »Und wir gehen gar nicht zuerst an den Hausbau; die andern, die fangen es dumm an, will ich dir sagen,« — er sprach jetzt leise und eifrig — »am verkehrten Ende! — Jetzt gehe ich noch heute abend zum Hans Olsen und leihe mir seinen Pflug, und morgen zeitig fange ich an, Neuland aufzubrechen; denn, schau, die Kartoffeln, die müssen also sogleich in die Erde! Nein, ich baue erst hinterher, wenn ich Zeit dazu habe. — — O, du Beretmütterlein, — es wird noch alles gut, ja, du sollst sehen, wie ich uns unser Reich erbauen werde!« Er lachte, daß ihm die Augen schmal wurden: »Und kein alter, abgedankter Vater König mit Hängebauch und Hängehosen soll mir kommen und sagen dürfen, so soll es sein und so nicht!«

      Und er fuhr fort, ihr alles auszumalen, — und über beide senkte sich erhaben die Nacht. — Aber er gewann sie dennoch nicht ganz für seine Pläne, nein, nicht ganz. Sie hatte selbst vergeblich nach einem Vogellaut gelauert, hatte selbst tagaus, tagein auf dem Querbrett gesessen und gesehen, wie es immer weiter von den Menschen wegging. Und blickte sie jetzt nicht mit ihren eigenen Augen in die grünblaue Stille, die weder eine Grenze hatte noch ein Herz? —

      »Weißt du,« sagte sie still, stand auf und lehnte sich an ihn, »ich glaube, droben auf dem Hügel liegt ein Grab.«

      »Nein, aber Beret! Bist du auch dort gewesen! Und hast dich gesorgt! — Hm, sollst sehen, der Bursche, der dort liegt, bringt uns nur Glück!«

      »O gewiß, — aber es ist doch eigen, daß dicht vor unserer Schwelle ein Mensch in СКАЧАТЬ