In den Schluchten des Balkan. Karl May
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Название: In den Schluchten des Balkan

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Sie alle haben früher nicht die Länder gehabt, die sie jetzt besitzen. Was würde der Amerikaly sagen, wenn der Türke zu ihm käme und spräche: du mußt fort, denn dieses Land hat dem roten Volke gehört? Er würde den Türken auslachen. Warum also soll dieser vertrieben werden?«

      »Der Nemtsche will ihn nicht vertreiben.«

      »Ja, das habe ich gehört; aber der Nemtsche ist auch der Einzige, der Gerechtigkeit besitzt. In unserm Lande gab es ein Volk mit dem Katholizismus des Moskows. Dieses Volk war groß in Kenntnissen, aber noch größer in seinen Sünden. Da kam der Türke und züchtigte sie ganz wie Joschuah die Völker des Landes Kanaan züchtigte. Das war Gottes Wille. Aber mit ihm kamen die von ihm Besiegten: er war und blieb an Zahl der Kleine im Lande. Er hatte gesiegt durch seine Tapferkeit, und nun wurde er nach und nach besiegt durch Schlauheit und Hinterlist. Blicke dich um! Zähle die Verbrechen, die man verübt; sammle die Verleumder, Betrüger und alle, die gegen das Gesetz handeln, aber zu schlau sind, um ergriffen zu werden; gehe in die dunklen Häuser, in denen es nach dem Laster stinkt – wer sind sie, und woher stammen sie, die du zu zählen hast? Wie viele wirkliche Türken wirst du unter ihnen finden? Geht nicht durch ganz Asia ein ungeheurer Diebstahl, ausgeführt von dem Ingiliz und von dem Moskow? Findest du nicht ein immerwährendes Erdrücken, Ersticken und Abschlachten der Stämme, die zwischen diese beiden Riesen geraten? Das tun diese Christen; der Türke aber ist froh, wenn man ihn in Ruhe läßt!«

      Er war von seinem Gegenstande so begeistert, daß er sogar die Pfeife hatte ausgehen lassen. Ich brannte ein Hölzchen an und reichte es ihm hin.

      »Zieh!« sagte ich.

      Er setzte den Tabak in Brand und meinte dann:

      »Siehst du, daß ich sogar den Dschebeli vergesse; aber habe ich recht oder nicht?«

      »Ich könnte dir in manchem widersprechen.«

      »So tue es!«

      »Wir haben nicht Zeit dazu.«

      »So seid ihr Christen. Ihr verurteilt uns, ohne uns belehren zu wollen, und ebenso greift ihr zu, ohne zu fragen. Wer hat die besten Stellen des Landes? Wer besitzt den Einfluß? Wer bereichert sich fort und fort? Der Armenier, der Jude, der schlaue Grieche, der herzlose Engländer und der stolze Russe. Wer zehrt von unserem Fleisch? Wer saugt von dem Safte unseres Lebens, wer nagt an unsern Knochen? Wer schürt immer und immer den Mißmut, das Mißtrauen, die Unzufriedenheit, den Ungehorsam der Untertanen? Wer hetzt ohne Unterlaß einen gegen den andern? Einst waren wir gesund. Wer hat uns angesteckt? Wer hat uns krank gemacht?«

      »Schimin, ich gebe dir in manchem recht; aber laß das Kind im Bade, wenn du das Wasser ausschüttest! Woher hast du diese Ansichten genommen?«

      »Ich habe sie mir mit meinen Augen und Ohren geholt. Ich habe getan, wie man es in euren Ländern tut, wo der Handwerksgeselle hinausgeht in die Welt, um mehr zu lernen, als er daheim bei seinem Lehrherrn lernen konnte. Ich habe in Wien, in Budapest und in Belgrad gearbeitet. Da habe ich genug gesehen und gehört, um denken zu lernen. Kannst du mich widerlegen?«

      »Ja, ich kann es. Du verwechselst Religion mit Politik. Du suchst die Ursachen eurer Krankheit außerhalb des Staatskörpers, in welchem der Krankheitskeim doch bereits von Anfang lag.«

      »Kannst du mir das beweisen?«

      »Ja.«

      »So tue es! Doch halt!«

      Es ließ sich von fern her der Schritt eines Pferdes vernehmen.

      »Hörst du?« fragte er.

      »Ja.«

      »Vielleicht ist er es!«

      »Sehr wahrscheinlich.«

      »Das tut mir leid. Ich wollte dich erst sprechen hören.«

      »Ich werde dir meine Beweise bringen, wenn wir mit ihm fertig sind.«

      »Was aber tun wir jetzt?«

      »Er darf mich zunächst nicht sehen, denn er kennt mich vielleicht. Du mußt versuchen, ihn in das Innere des Hauses zu bringen.«

      »Das wird leicht sein, wenn er nur nicht vorüber reitet.«

      »Das darf er auf keinen Fall. Es ist dunkel genug. Ich gehe auf der Mitte der Straße. Will er vorüber, so bemächtige ich mich seines Pferdes. Steigt er aber ab, so trete ich sofort hinter euch in das Haus.«

      »Und wenn er es nicht ist?«

      »So wird ihm nichts getan.«

      Das Pferdegetrappel kam näher. Man hörte deutlich, daß es nur von einem einzelnen Tiere stammte. Ich huschte nach der Mitte des Weges, wo ich mich niederduckte.

      Jetzt war der Reiter da. Er hielt grad in dem Lichtscheine, den das Herdfeuer der Schmiede herauswarf. Das Gesicht des Mannes konnte ich nicht genau erkennen.

      »Bak, sawul – he, aufgepaßt!« rief er laut.

      Und als sich nicht sofort jemand zeigte, wiederholte er seinen Ruf. Jetzt ließ sich der Schmied an der Türe sehen. Er fragte:

      »Wer ist da?«

      »Ich bin fremd. Wer wohnt hier?«

      »Ich,« antwortete Schimin in nicht gerade geistreicher Weise.

      »Wer bist du?«

      »Ich bin der Besitzer dieses Hauses.«

      »Das kann ich mir denken, Dummkopf! Ich will natürlich deinen Namen wissen.«

      »Ich heiße Schimin.«

      »Was bist du?«

      »Schmied. Hast du keine Augen, dies an dem Feuer zu sehen, dessen Flamme dich beleuchtet?«

      »Ich sehe nichts weiter, als daß du nicht nur ein Dummkopf, sondern auch ein Grobsack bist! Komm herbei! Ich habe dich um etwas zu fragen!«

      »Bin ich etwa dein Sklave oder dein Diener, daß ich zu dir kommen soll? Wer mit mir sprechen will, der mag sich zu mir bemühen.«

      »Ich bin zu Pferde!«

      »So steige ab, und komm herein!«

      »Das ist nicht nötig!«

      »Ich habe den Schnupfen und den Husten. Soll ich mir deinetwegen eine Erkältung holen und dann krank sein, anstatt arbeiten zu können?« sagte Schimin und trat in die Türe zurück. Der Reiter stieß einige nicht höfliche Redensarten aus, trieb aber sein Pferd jetzt näher heran.

      Bis jetzt wußte ich nicht, ob er der Erwartete sei. Nun aber, als er nahe an der Schmiede hielt, um abzusteigen, erkannte ich deutlich, daß das Pferd ein Falben war. Der Mann trug ein rotes Fez, einen grauen Mantel und hatte einen kleinen hellen Schnurrbart. Und als er jetzt abstieg, erblickte ich die roten türkischen Schuhe. Er war also der rechte Mann.

      Er band sein Pferd an die Türe der Schmiede und trat dann in das Haus, in dessen Türöffnung er verschwand.

      Ich schlich mich ihm nach. Der Schmied war in die größere Abteilung seines Hauses gegangen, wo seine Frau lag. Da der Fremde ihm dorthin gefolgt war, konnte ich eintreten und – versteckt von der aus Weiden geflochtenen Scheidewand – alles hören, was gesprochen СКАЧАТЬ