In den Schluchten des Balkan. Karl May
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Название: In den Schluchten des Balkan

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      »Ein Dorf?«

      »Ein ziemlich großes Dorf.«

      »Wie weit von hier?«

      »Man muß zwei Stunden gehen. Sobald man durch unser Koschikawak gegangen ist, geht man auf der Brücke über den Fluß. Von da führt der Weg grad südwärts nach Dschnibaschlü.«

      »Steht dieser Bäcker und Färber vielleicht sonst noch in einem schlechten Ruf?«

      »Hm! Ich weiß es nicht.«

      »Sprich deutlicher!«

      »Es sind ihm vor einigen Jahren die Ohren aufgeschnitten worden.«

      »Weshalb?«

      »Du weißt nicht, wen diese Strafe trifft?«

      »Er hat wohl das Backwerk zu klein gefertigt?«

      »O nein, sondern zu groß. Ein Bäcker, welcher zu klein bäckt, der wird mit dem Ohre an seine Türe oder an seinen Laden genagelt; aber aufgeschlitzt wird das Ohr nicht.«

      »Aber wenn er so arm ist, wundert es mich, daß er zu groß gebacken hat.«

      »O, er hat trotzdem nicht zu viel Mehl genommen! Sein Gebäck ging über die Grenze. Da fand man, daß es sehr schwer sei. Man öffnete die Brötchen, und da zeigte es sich, daß sie allerlei enthielten, was an der Grenze versteuert werden muß.«

      »Ah so! Also er ist ein Schmuggler?«

      »Wie es scheint. Wenigstens war er es.«

      »Hm! So möchte ich doch einmal mit ihm sprechen.«

      »Warum? Ich denke, du willst sofort weiter reiten, sobald deine Gefährten angekommen sind?«

      »Allerdings wollte ich das. Aber unser Gefangener hat sich auf den Bäcker berufen; da scheint es mir möglich, daß ich bei diesem Mann etwas erfahren kann, was mir von Vorteil ist.«

      »So müßtest du warten bis morgen früh.«

      »Allerdings. Die Meinigen könnten indessen voranreiten; ich würde sie bald wieder einholen.«

      »Warum wartest du hier auf sie? Du könntest doch drin im Hause recht gut schlafen!«

      »So würden sie hier vorüberreiten, ohne anzuhalten, da sie nicht wissen, daß ich mich hier befinde.«

      »Ich wache, Effendi.«

      »Das kann ich nicht verlangen.«

      »Warum nicht? Hast du nicht mich und mein Weib aus dem Loch geholt. Wir wären ohne dich entweder verschmachtet oder erstickt. Und ich soll nicht einige Stunden für dich wachen können? Du mußt morgen reiten, kannst da also nicht schlafen; ich aber kann die versäumte Ruhe wieder nachholen.«

      Ich konnte ihm nicht unrecht geben, und da er in mich drang, so erfüllte ich seinen Wunsch. Seine Frau bereitete mir ein Lager, und nachdem er mir versprochen hatte, daß er draußen das Herdfeuer nicht verlöschen lassen werde, legte ich mich nieder.

      Zweites Kapitel: Unter Paschern

      Als ich erwachte, war es noch dunkel um mich; dennoch fühlte ich, daß ich vollständig ausgeschlafen hatte. Das Rätsel löste sich indes, als ich aufstand und nun bemerkte, daß sämtliche Fensterluken durch die Läden noch verschlossen waren.

      Ich stieß einen derselben auf und sah nun, daß die Sonne bereits ziemlich hoch stand. Es mochte nach westlicher Zeit zwischen acht und neun Uhr sein.

      Draußen ließ sich ein fleißiges Hämmern und Feilen vernehmen. Ich ging hinaus. Der Schmied stand bei der Arbeit, und seine Frau zog den Blasebalg.

      »Guten Morgen!« rief er mir lachend entgegen. »Du hast sehr gut geschlafen, Effendi.«

      »Leider! Du aber auch!«

      »Ich? Wieso?«

      »Ich sehe meine Gefährten nicht.«

      »Ich habe sie auch nicht gesehen.«

      »Sie sind vorüber!«

      »Wann?«

      »Während der Nacht.«

      »O, du denkst, daß ich geschlafen habe?«

      »Ich ahne es.«

      »Nicht ein Auge habe ich zugetan! Frage meine Frau. Als du schliefst, kam sie zu mir ins Freie. Wir haben nebeneinander gesessen und vergebens nach den Erwarteten geschaut.«

      »Und das Feuer hat stets gebrannt?«

      »Bis jetzt. Effendi, ich sage dir die Wahrheit.«

      »Das macht mich um die Gefährten besorgt. Ich werde ihnen entgegenreiten.«

      »Ich denke doch, daß du nach Dschnibaschlü reiten willst?«

      »Ich wollte; aber – — —«

      »Habe keine Sorge, Effendi! Sie werden kommen. Sie sind so klug gewesen, während der Nacht nicht durch eine unbekannte Gegend zu reiten.«

      »Nein, das ist es nicht, was ihre Ankunft verzögert. Entweder sind sie auf ein unvorhergesehenes Hindernis getroffen, oder sie haben den Weg verfehlt.«

      »Nun, in beiden Fällen ist es besser, daß du nach Dschnibaschlü reitest. Sie werden das Hindernis beseitigen und bald kommen. Und befinden sie sich auf falschem Wege, so werden sie den richtigen finden. Welche Orte sollten sie berühren?«

      »Ich habe ihnen befohlen, von Dere-Kiöj nach Mastanly zu reiten.«

      »Dann müssen sie auf alle Fälle hier vorüberkommen. Soll ihnen jemand entgegengehen, so will ich es tun. Ich nehme das Pferd unseres Gefangenen.«

      »Das läßt sich hören! Aber – hast du bereits mit ihm gesprochen?«

      »Ich habe nach ihm gesehen.«

      »Was sagte er?«

      »Er schimpft erbärmlich. Er verlangt, sofort freigelassen zu werden, und als ich sagte, daß ich ihm die Freiheit nicht geben könne, verlangte er, mit dir zu reden.«

      »Diesen Wunsch werde ich ihm gern erfüllen.«

      »Tue es nicht, Effendi!«

      »Warum nicht?«

      »Er ist hinterlistig. Er will sich befreien – entweder durch Gewalt oder, wenn dies nicht möglich sein sollte, durch List.«

      »Ich fürchte weder seine Körperkraft, noch seine Verschlagenheit. Er steckt unten in der Grube und ist gebunden. Was will er mir tun? Er kann nicht die Hand nach mir ausstrecken.«

      »Aber er wird dich überreden!«

      »Das wird er nicht. Ich gehöre nicht zu den leichtgläubigen Leuten und bin nicht der Mann, welcher jetzt so denkt und in fünf Minuten ganz anders. Uebrigens wirst du ja dabei sein. Komm!«

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