Название: Der beiden Quitzows letzte Fahrten
Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Ihr seid so still und nachdenklich, mein junger Freund. Reut es Euch vielleicht, Euch mit mir in eine Gefahr begeben zu haben?«
»Wie könnt Ihr so fragen, Herr Ritter! Ich fühle mich hochbeglückt, in Eurer Nähe weilen zu können, und wünsche nur, daß bald eine günstige Gelegenheit komme, Euch zu beweisen, daß ich die Gefahr nicht fürchte.«
»Ich will Euch das wohl recht gern glauben, aber die Gefahr, in welche wir uns begeben, ist eine solche, welcher sich nicht mit dem Schwerte begegnen läßt. Wer sich auf Schloß Garlosen begiebt, um die Boldewins wegen einer ihrer Thaten zur Rede zu stellen, der setzt sich sehr der Gefahr aus, von ihnen gefangen genommen und im Burgverließe untergebracht zu werden. Eine Gegenwehr würde da nur Wahnsinn sein. Wollt Ihr es mit mir wagen?«
»Fragt doch nur nicht, Herr! Ich bin mit Euch gegangen und werde bei Euch bleiben in jeder Fährlichkeit, so lange Ihr mich in Eurer Nähe behalten möget!«
Der Ritter reichte dem jungen Manne mit anerkennendem Lächeln die Hand hin.
»Das habe ich von Euch erwartet; aber es könnte mir wohl wenig nützen, Euch mit mir in die gleiche Gefahr zu bringen; ich habe Eure Begleitung vielmehr begehrt, damit Ihr mir auf andre Weise Beihülfe leisten könntet.«
»So wollt Ihr mich von Euch weisen?«
»Nein, ich will Euch vielmehr das Amt eines Wächters anvertrauen, der dafür sorgt, daß mir die Rathschläge der Feinde keinen Schaden bringen.«
»O sagt, was ich thun und beginnen soll! Ich werde Alles treulich ausführen.«
»Das hoffe ich von Euch. Also hört: Ich werde in Begleitung meines Knechtes jetzt nach Garlosen reiten, Ihr bleibt zurück und hütet die Straße. Wenn ich bis zum Anbruche des Abends nicht wieder zurück bin, so haben sie mich gewaltsam zurückgehalten, und Ihr begebt Euch unverzüglich zu meinem Bruder Claus auf Burgstall, welcher das Weitere dann schleunig verfügen wird. Wollt Ihr das für mich thun?«
Es verging eine Zeit, ehe die Antwort auf diese Frage erfolgte, und als sie endlich ausgesprochen wurde, geschah es in einem Tone, welchem nicht viel Freudigkeit anzuhören war.
»Entschuldigt mein Zögern, ja zu sagen zu Euren Anforderungen; ich bin von dem Leben noch nicht geprüft worden, aber ich weiß und fühle, daß ich nie ein Freund des Wartens und Zögerns, sondern ein Mann der That sein werde. Könnte ich mitgehen und für Euch mit dem Schwerte drein schlagen, so würde ich das viel lieber thun, als mich an die Straße stellen, um es widerstandslos geschehen zu lassen, daß man Euch Leides thut. Doch werdet Ihr besser wissen als ich, was zu Eurem Heile dient, und so will ich Eurem Willen nicht widerstreben. Ich werde bis zum Abend warten. Kehrt Ihr nicht wieder, so soll die größte Eile mich zu Herrn Claus tragen, und Ihr werdet mir erlauben, auch meinem Vater Kunde zu geben. Es führt mein Weg durch Tangermünde, und er wird nicht säumen, Euch hilfreich beizuspringen.«
»Euern Vater? Ihr meint doch Suteminn?«
»Ja.«
»Ist er Euer rechter Vater?«
»Nein, aber er ist mir lieb und werth gleich einem Vater; ich habe der Liebe und Pflege so viel von ihm genossen, als mir die Eltern nicht hätten angedeihen lassen können, und werde Dankbarkeit und Treue gegen ihn hegen, so lange als mein Leben währt.«
»So habt Ihr Eure Eltern wohl gar nicht gekannt?«
»Wohl habe ich sie gekannt, aber die Länge der Zeit hat die Schärfe der Bilder verwischt, welche ich aus meiner Kindheit mit herübergenommen habe in das spätere Leben. Ich erinnere mich des Vaters als eines großen, stolzen Mannes, dessen Augen immer so tief und ernst auf mir und dem Schwesterlein ruhten, und die Mutter— ja die Mutter, die kann ich Euch gar nicht beschreiben. Wenn ich an sie denke, so ist es mir immer, als weilte ich in dem Paradiese, wo lichte Engel und gütige Feen ihr frommes, segnendes Wesen treiben.«
»Und wie habt Ihr Beide verloren, wie seid Ihr von ihnen gekommen?«
»Das geschah in einem Augenblicke, dessen Schrecken sich meiner Seele tief eingeprägt haben, und den ich nimmer, nimmer vergessen werde. Es war in einem tiefen, dunklen Walde, wo wir reisten; da fielen wilde Männer über uns her und schlugen erst unsere Knechte und dann auch den Vater nieder, obgleich ihnen ein wackerer Gesell zu Hilfe eilte, der brav darein schlug, um uns beizustehen. Der Anführer der Strolche war ein schwarzer Mann, der auf einem eben so schwarzen Pferde unter den Bäumen hielt und nicht eher an dem Kampfe Theil nahm, als bis ein Zweiter herbeigeeilt kam, der unsere Hilferufe vernommen hatte und nun wie ein Teufel unter den Strauchdieben aufräumte. Dann griff der Schwarze an und lockte ihn durch eine Flucht von dem Kampfplatze hinweg; währenddem wurden wir alle gefesselt; einige von den Räubern schleppten die Mutter fort, deren herzbrechendes Klagen und Wimmern mir heut noch in die Ohren klingt, die Anderen trugen den Vater mit sich fort und mit ihm den wackern Burschen, welcher uns Hilfe geleistet hatte und auch niedergeschlagen worden war, und wir beiden, das Schwesterlein und ich, blieben gebunden liegen, bis wir von dem Ritter gefunden worden, der den Schwarzen vergeblich verfolgt hatte und nun zurückkehrte, um nachzusehen, ob auf dem Kampfplatze vielleicht Jemand noch des Beistandes bedürfe. Er nahm uns mit sich, und da es ihm unmöglich war, die Eltern aufzufinden, so beschloß er, uns bei sich zu behalten an Kindesstatt.«
»So war dieser Ritter Suteminn?«
»Ja, und der Anführer der Bande war der schwarze Dietrich, von dem auch Ihr vernommen haben werdet.«
»Wie sollte ich nicht von ihm gehört haben; er ist ja ein Schrecken des Landes gewesen lange Zeit, bis er mit sammt den Seinen plötzlich verscholl. Doch sollte ich meinen, daß Eure Eltern noch am Leben sein könnten, denn mich will bedünken, daß der schwarze Dietrich nicht ihr Leben geschont haben würde, wenn er nicht Ursache gehabt hätte, es zu erhalten. Es sind mir längst schon in Beziehung auf seine Person gewisse Gedanken im Kopfe herumgegangen, und wenn sich mir einst Gelegenheit bietet, Gewißheit zu erhalten, so werde ich nicht säumen, auch nach den Eurigen zu forschen.«
»Ritter,« rief Detlev erregt, »was Ihr da sagt, weckt Hoffnungen in meinem Herzen, die bisher noch niemals darin wach gewesen sind. O, wenn es Euch möglich sein sollte, auch nur eine kleine Spur meiner Eltern aufzufinden, ich würde Euch dafür tausend Leben opfern, wenn ich sie besäße! Wollt darum dieses Eures Versprechens nicht vergessen, sondern seiner gedenken zur günstigen Zeit!«
»Das werde ich; Ihr dürft Euch darauf verlassen! Jetzt aber scheint mir die Zeit gekommen, daß Ihr mich ohne Eure Begleitung weiter ziehen laßt. Es kann uns von Vortheilen sein, wenn die Ritter von dem Kruge nicht wissen, daß ich einen Getreuen in der Nähe habe, welcher die Meinen von dem benachrichtigen wird, was mir widerfährt. Also verbergt Euch wohl, und reitet sofort von dannen, wenn ich bis zum Abende noch nicht zurückgekehrt bin!«
Nach kurzem Abschiede trabte er mit dem Knechte davon, während Detlev sein Pferd über eine Waldblöße lenkte, um hinter den angrenzenden Büschen Schutz und Verborgenheit zu suchen. Er band das Thier an einen Baum und streckte sich dann, tief in den Mantel gehüllt, in ruhender Stellung am Boden aus.
Aber die Kälte des Wintertages war doch zu stark, als daß er es lange so auf dem mit Schnee bedeckten Boden ausgehalten hätte, vielmehr erhob er sich gar bald und beschloß, um sich warm zu erhalten, einen Gang tiefer in den Wald hinein zu unternehmen. Die Rückkehr Bismarcks war jetzt noch nicht zu erwarten, und so schritt er denn ohne Sorge vorwärts, halb sinnend, halb träumend, wie man es eben thut, wenn nichts Wichtiges СКАЧАТЬ