Der beiden Quitzows letzte Fahrten. Karl May
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Название: Der beiden Quitzows letzte Fahrten

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ müssen!«

      Während er sich zu den Pferden begab, trat Dietrich an das Fenster und starrte voll trüber und schwerer Gedanken in die Nacht hinaus: da drüben, gen Westen, lag Friesack, das gewaltige, feste Bollwerk seiner bisherigen Macht, die so plötzlich in Trümmer gesunken war. Vielleicht stürmten jetzt die Mannen des Burggrafen gegen seine Mauern und drangen mit wildem Geschrei ein in die Räume, in denen er mit Weib und Kind geweilt und so manche Wonne genossen hatte, die ihm die Seinen bereitet. Nun war das Alles hin. Er hatte die Burg und seine Lieben preisgeben müssen, um sich selbst zu retten; seine Feinde triumphirten über ihn, den Vogelfreien, den jeder Bettler greifen und ungestraft niederschlagen durfte; noch wußte er nicht, ob ein Ort zu finden sei, wo er sein Haupt hinlegen könne, um in Sicherheit zu schlafen, und die Freunde, die ihm während der Zeit seiner Macht zur Seite gestanden, würden sie ihm treu bleiben und die Opfer bringen, die er von ihnen begehren mußte, wenn er das launige Glück zwingen wollte, ihm wieder freundlich zuzulächeln? Waren nicht die meisten von ihnen von dem Arme des furchtbaren Markgrafen niedergeschmettert worden? Und die Andern? Selbst wenn sie zu ihm hielten, auch jetzt noch, wo er heimathslos in der Fremde herumirrte, war er an ihrer Spitze mächtig und stark genug, den Riesenkampf von Neuem aufzunehmen? War es ihm nicht grad’ heut zum ersten Male in seinem ganzen Leben geschehen, daß er vor einem einzelnen Menschen feig die Flucht ergriffen hatte, und konnte darin nicht eine böse Vorbedeutung für die Zukunft liegen? Er knirrschte mit den Zähnen und stemmte die geballten Fäuste gegen die Fensterbrüstung, daß die starken Bretter, mit denen sie bekleidet war, in ihren Fugen krachten. Nein, und tausendmal nein! Kämpfen wollte er und kämpfen mußte er, wie seine ganze thatenreiche Vergangenheit ein Kampf gewesen war, gegen – — gegen wen? Gegen Gewalt und Unrecht? gegen Sünde und Verbrechen? gegen Falschheit und Hinterlist? gegen Habsucht und Ungerechtigkeit? – — Er wagte nicht, den Gedanken weiter fortzusetzen, und hätte es auch nicht gekonnt, selbst wenn es sein Wille gewesen wäre, denn Holzendorf trat wieder ein, um ihm zu berichten, daß die Pferde wohlgerüstet draußen vor der unbewachten Pforte ständen.

      Beide Männer begaben sich mit leisen Tritten hinab in den Schloßhof, traten aus demselben hinaus zu den harrenden Thieren und bald ging es im scharfen Trabe auf Schloß Neumühl zu. Dort angekommen, wurden sie von dem altersschwachen Castellan empfangen, der nicht wenig erstaunt war, seine Ritter zu so ungewöhnlicher Stunde bei sich zu sehen.

      Das Gebäude bot wenig wohnbare Gemächer dar; die besten von ihnen bewohnte der Voigt mit seiner Frau selbst. Ein davon etwas entlegenes wurde endlich für Dietrich erwählt und mit einigem Mobiliar und einem Bette versehen. Er mußte sich hineinlegen und den Kranken spielen. Er galt den beiden Schloßbewohnern gegenüber für einen Quitzowschen Knecht, der sich der Belagerung Friesacks durch die Flucht entzogen hatte und während derselben verwundet worden war, und es wurde ihnen streng auf die Seele gebunden, ihn gut zu verpflegen, nicht durch ungeforderte Dienste und Handreichungen zu belästigen und eben so auch dafür Sorge zu tragen, daß er nicht durch Andere gestört werde. Dann ritt Werner wieder nach Bützow zurück.

      Die beiden alten Leute thaten ihre Schuldigkeit, so daß Dietrich sich nicht über sie beschweren konnte. Sie wußten in ihrer Abgeschiedenheit wenig von den Händeln der Welt da draußen; dennoch aber erfuhren sie das Schicksal, welches Friesack betroffen hatte, und vernahmen auch, daß Dietrich von Quitzow entflohen und von dem Markgrafen ein Preis auf seinen Kopf gesetzt worden sei. Georg, der Castellan, brachte seinem Pfleglinge diese Botschaft sofort in dessen Gemach.

      »Weißt Du,« frug er ihn, »wie es jetzt um Euer stolzes Friesack steht?«

      »Wie soll ich das wissen, da ich doch mit Niemand zu sprechen komme!«

      »Es ist erobert worden. Die große Donnerbüchse, welche sie die »faule Grethe« nennen, hat die gewaltigen Mauern niedergerissen, und die Markgräflichen sind durch die Lücken eingedrungen.«

      »Das lügst Du und der Teufel!« fuhr Dietrich zornig auf. »Ich habe – — sie sind,« verbesserte er sich, wohl merkend, daß er eine Unvorsichtigkeit begangen habe, »von den Unsrigen zurückgeschlagen worden. Was Du sagst, will ich nicht glauben, und es scheint mir eher, daß Friesack nicht erstürmt, sondern freiwillig übergeben worden sei, weil die Besatzung wohl eingesehen haben muß, daß mit unnützem Blutvergießen Nichts mehr erzielt werden kann.«

      »Das mag sein, wie es wolle; ich weiß nur, daß Friesack in den Händen der Markgräflichen sich befindet und Ritter Dietrich von Quitzow vor der Uebergabe entflohen ist.«

      »Und was ist mit seinem Weibe und seinen Kindern geschehen?«

      »Sie haben, ebenso wie die Besatzung, frei abziehen können und von dem Ihrigen mitnehmen dürfen, was sie fortbrachten. Es soll ein gar trauriger Anblick gewesen sein, als Frau Elisabeth an der Spitze ihres Ingesindes und all’ ihrer Mannen durch das Lager gezogen ist, um sich nach Schloß Taupitz zu begeben. Es ist am Sonntag Sexagesimä, den elften Februar gewesen, grad’ an demselben Morgen, an welchem Du nach Neumühl kamst.«

      Der Erzähler beobachtete nicht die Bewegung, welche sich auf den Zügen Dietrichs bemerkbar machte, und fuhr fort:

      »Ich bin ein alter Mann und habe gar Vieles gesehen, gehört und erlebt, aber immer habe ich erfahren, daß der Gewaltige in den Staub sinkt, wenn er von dem Rechte weicht. Ich gehöre zu den Mannen des Ritters Werner, der ein Freund Deines Herrn gewesen ist sein Lebelang, aber ich muß doch bekennen, daß ich nie Freude gehabt habe an dem Thun und Treiben der Quitzows und ihrer Verbündeten; es ist viel Gewalt und Ungerechtigkeit dabei, und das Ende war vorauszusehen.«

      »Knecht, elender, das wagst Du mir zu sagen? Was hindert mich, Dich mit dieser meiner Faust niederzuschlagen, daß Dein schandbarer Mund für ewig verstumme?« rief ihm Dietrich entgegen, indem er sich rasch und drohend erhob. —

      »Du schimpfest mich Knecht und bist doch selbst einer, ein Knecht Quitzows und ein Knecht Deines zornmüthigen Herzens, welches nicht zugiebt, daß Du die Wahrheit meiner Worte erkennst. Schlügest Du mich nieder, so wäre es um mich nicht viel schade, denn ich bin ein alter Mann und habe nicht viel mehr zu leben, aber Du hättest zu Vielem vielleicht eine weitere Schuld auf Deinem Gewissen, und das Schicksal Deines Gebieters würde dadurch kein anderes. Jetzt irrt er verfolgt und geächtet in der Welt umher, und wenn er sich nicht in Acht nimmt, so geht es ihm an den Kragen, denn ich habe gehört, daß der Markgraf kein Freund vom Spaßen sei. Mir wäre es schon recht, wenn er ihn in seine Hand bekäme.«

      Dietrich sah ein, daß er seinen Zorn überwinden müsse, und würdigte den Mann keines weiteren Wortes; aber der Groll, welchen er über die Rede des Voigtes empfand, bohrte sich immer tiefer in sein Inneres und richtete sich endlich gegen ihn selbst, sodaß er in finsteren Betrachtungen auf seinem Lager ruhte und die Vorwürfe nicht von sich weisen konnte, die wie drohende Gespenster in ihm aufstiegen.

      Zwei Wochen vergingen, die der sonst so ungeduldige Ritter in der strengsten Abgeschlossenheit verbrachte; da vermochte er es in der engen Kammer nicht länger auszuhalten und faßte den Entschluß, auf ein Stündlein hinunter zu steigen in den kleinen, winzigen Küchengarten, welcher hinter dem Schlosse in einer Ecke der Ringmauer lag. Da er als ein Kranker galt, durfte er nur langsam gehen, und seine Schritte verursachten dabei so wenig Geräusch, daß sie von den zwei Männern nicht vernommen wurden, welche er bei seiner Ankunft im Gärtchen bemerkte.

      Am Eingange desselben stand ein dichtbelaubter Hollunderstrauch, welcher ihn so verdeckte, daß er sie unbemerkt belauschen konnte. Es war Georg, der Schloßvoigt, und einer der Holzendorfschen Knechte, welcher mit irgend einer Botschaft von Bötzow gekommen war.

      »Ja,« sagte dieser eben; »ich habe unsern Ritter noch niemals in solchem Zorn gesehen; ich war grad’ im Schloßhofe, als der Burgwart einen Fremden ankündigte, welcher Einlaß begehre. Herr Werner gab das Zeichen, daß derselbe in die Burg dürfe, und als er über die Brücke kam, fragte er mich, wo er den Ritter treffen könne.«

      »Und СКАЧАТЬ