Название: Leiden und Freuden eines Schulmeisters
Автор: Jeremias Gotthelf
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
isbn:
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Wohlgemut lief ich in schönem Sonnenschein durch die wimmelnde Menge und sah ganz glücklich auf jeden Bauer, der seine vier schwarzen Erlenbacher ins Feld führte, und dachte bei mir selbst: »Du arme Tüfel muesch doch gnue thue; we d‘ wüßtisch, wie guet e Schumeister ‚s het!« Und dann sang ich vor mich hin folgendes Liedchen, das ich in der Normalschule gelernt hatte, das wahrscheinlich mit einigen Variationen ein Soldatenliedchen gewesen war:
We di Bure früh aufstah,
Thuet is dFrau im Bett ephah!
We bi Bure Garbe schnyde,
Cheu mr schön am Schatte blybe!
We bi Bure z‘Acher fahre,
Cheu mr schön das Chniepe spare!
We di Bure Garbe drösche,
Lah mr nit die Pfyfe lösche!
Da capo [U we di Bure metzge,
Su esse mir das Beste! Juhee!
So wanderte ich in wohlgemutem Übermut durch Feld und Wald meinem Schulmeister zu und dachte, was er sagen werde, daß mir das Konstruieren eine so schöne Stelle eingebracht. Ich dachte an den schönen Lohn und an die schönen Sachen alle, die ich daraus wollte machen lassen, und wie ich einer sein wolle, daß weit und breit kein solcher wäre, und daß die Leute sagen müßten, sie hätten noch nie vo-mene selige ghört, vrschwyge e selige gseh oder gar gha. Ach, wie leicht man bei so lüftigen Träumen läuft! Es ist wirklich fast, als ob man durch die Luft führe; hingegen wenn man irdische schwere Sorgen hat, ist es da nicht, als ob man knietief in der Erde ginge? Mein Alter hatte auch Freude daran; er that mir aber die trunkenen Augen auf und schüttete kaltes Wasser über meine Träume. »Und jetzt, Peter,« fragte er mich, »hast du Geld? Wie willst du den nötigen Hausrat, ein Bett u. anschaffen?« — Ja, an das hatte ich nicht gedacht und wußte keinen Bescheid, als daß ich werde z‘Kost gehen müssen.
»Das thue ja nicht, Peter,« sagte er. »Erstlich nimmt dir das Kostgeld mehr als den halben Lohn weg; zweitens mußt du an deinem Kostort gar vieles machen helfen; man gibt dir nichts dafür, aber nimmt es übel, wenn du es einmal versäumst; und drittens schadet es dir gar sehr an Präsenten; wenn du keine Haushaltung hast, so bringt man dir nichts.« Das leuchtete mir ein; aber wo Geld nehmen zu allem? Da war ich am Hag. Der Alte erbot sich, mit ein paar Franken mir zu Küchengeschirr, d. h. zu einer Pfanne, einigen Tellern, Kacheln und Kellen zu helfen; allein das Bett, den Schaft oder das Trögli anlangend war guter Rat teuer. Endlich meinte der Schulmeister, ich sollte zu meinen Alten gehen; die würden doch nicht geng welle taub sy und würden vielleicht Freud haben, daß ich jetzt wirklich Schulmeister sei. Einige übrige Bettstücke hätten sie allweg und die könnten sie mir gar wohl leihen. Ich wehrte mich wie eine Wiggle hinzugehen; aber es half alles nichts, ich mußte in den sauren Apfel beißen. Mich zog es nicht zum Vater, nicht zur Mutter, nicht zu den Geschwistern; mir klopfte das Herz, wenn ich nur an den ersten Anblick dachte; aber mich zog es doch auf meinem Wege fort; es war das Heimelige, das sich mir immer mehr aufdrang. Es war das Bächlein, in dem ich Groppen und Krebse fing; es war der moosige Baum, in dem Rinderstaaren nisteten; es war der bekannte Rain, wo wir schlitteten; es war der Heubirenbaum, den ich so oft geplündert; es war das grüne Dach, unter dem ich so oft geschlafen und geweint. Das alles füllte mein Herz mit Sehnsucht und zog mich hin zum Vaterhause, das ich über zwei Jahre nicht gesehen hatte. Je näher ich kam, desto heimeliger ward es mir; ich vergaß, daß die Eltern böse sein könnten und trat ganz fröhlich in die Küche. Aber als die kochende Mutter mit saurem Blick mich empfing, auf mein: »Gottwilche Mueter« ein trocknes: »Danke Gott« antwortete, die Hände nicht aus der Waschgepse nahm, sie nicht an der Schürze abtrocknete, um meine dargebotene zu ergreifen, auf meine Frage: »Wie get‘s ech?« antwortete: »Es het di lang nüt wunger gno« — da merkte ich, daß ihr Herz sauer geblieben, keine Liebe, keine Vergebung da sei. Ich fragte nach dem Vater; sie wies mich nach dem Webkeller. Der Alte sah nicht einmal nach mir um, hörte keinen Augenblick auf zu arbeiten, so daß ich nach und nach in die größte Verlegenheit geriet und gar nicht wußte, wie mein Anliegen vorbringen.
Ich wußte nicht, sollte ich von ihnen reden oder von mir; mit beiden fürchtete ich zu fehlen. Ich sagte von schönem Wetter. Es sei lustig genug für die, welche nichts zu thun hätten als herum zu laufen — war die Antwort. Ich sprach vom guten Säyet und wie man die Erdäpfel gut einbringen könne. Ja, der Säyet sei gar lustig, we me zueluege u de ds Brot fresse könne. Ähnliche Antworten auf ähnliche Eingänge erhielt ich eine Menge. Endlich sagte ich, sie werden gehört haben, daß ich Schulmeister geworden sei. Das heng se gar nüt wunger gno, was us mr werd; öppis nüt guets heyge sie uorus gwüßt. — Es sei doch eine schöne und gute Schule, sagte ich. —- Das gang se nüt a, si heyge doch nüt drvo — lautete die Antwort. Nach diesen und ähnlichen Präludien mußte ich endlich mit meiner Bitte herausrücken, obgleich ich daran fast erworgete. Das gang seye nüt a; we-n-i für ds Tüfels Gwalt well Schumeister sy, su chönn i luege, wo-n-i es Bett überchömm; si müesse zu ihne selber luege; es frag ke Hung drnah, wie si‘s mache chönnce I soll zu dene gah, di mr dr Gring große gmacht heyge. Wahrscheinlich hatte die Mutter nach löblicher Art an der Thüre gehorcht, trat ein und fragte, was es dann eigentlich gegeben hätte, daß ich noch a seye gsinnet heyg. »Ho,« antwortete der Vater, »mr hätte synethalb chönne blybe, wo mr weiti; er hätt is nüt nahgfraget, aber a üst Bett het er däycht u möcht eys.« Mit funkelnden Augen betrachtete mich die Mutter, sagte aber kalt: si heyg kes Bett, das hoffährtig gnue wär für mi; für mi werd‘s jetz afe müesse es Herrebett sy (unglücklicherweise hatte ich wieder meinen schwarzen Rock an). Ich wollte anhalten; allein alsobald hieß es: i heyg‘s scho ghört, für mi heyge sie kes Bett u heyge nit dr Wyl, e ganze Tag mit mr z‘chäre; sie müesse für seye luege. Wenn dChing chönnti, si mieche se blutt scho hüt; aber fettig Narre welle si nit sy. Es sei eine böse Welt und werd je länger je schlimmer, und Religion sei auch gar keine mehr. So mußte ich abziehen unoerrichteter Dinge; auch nicht ein Stücklein Brot hatten sie mir anerboten, geschweige denn ein freundlich Wort mir gegeben. Natürlich ging ich wieder ins Schulhaus; denn Rat bei mir selbsten nehmen konnte ich nicht, und endlich wurden wir dort rätig, ich sollte oben bei dem Bauer, wo ich auf der Stör gewesen, den Versuch machen, ein Bett zu leihen; es sei eine gute Frau oben, die sage es mir kaum ab. Kaum war das abgethan und hatte mir gewohlet, als der Alte fragte, ob ich die erste Kinderlehr z‘weg heyg und öppe-n-e Lychenpredi; me wüß nie, we me dra müeß. »O Herr Jeses!« sagte ich, »an das Hab ich gar nicht gedacht.« Eine selbst zu machen, daran dachte ich nicht; eine erste Kinderlehre hatte ich nicht abgeschrieben; sie mußte also erst aufgeschrieben, mußte gelernt und gehalten, ach! gehalten werden. Alles andere machte nichts, wenn sie nur nicht hätte müssen gehalten werden. Gerne würde ich zwei geliehen und sie zweimal gelernt haben, statt einmal sie zu halten. Da ward mir schwer ums Herz. Allein der Alte machte mir mit einem Gläschen Guraschi und versprach, daß seine Frau die kleinen Einkäufe besorgen solle; denn ich hätte doch keinen Verstand davon, meinte er. Diese sagte den Dienst nicht ab, setzte aber doch hinzu, vom Gelde würden sie kaum etwas wieder sehen; so einem jungen Schulmeister komme gar manches in Kopf, nur nicht Geliehenes wieder zu geben.
In meinen Gängen war ich glücklich. Von der Bäurin СКАЧАТЬ