Ein feines Haus. Emile Zola
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Название: Ein feines Haus

Автор: Emile Zola

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Die Rougon-Macquart

isbn: 9783754188521

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СКАЧАТЬ nicht mehr grüßt ... Wir sind bestohlen worden, als seien die Räuber über uns hergefallen.«

      Angesichts der unbegreiflichen Auflehnung ihres Mannes schnappte Frau Josserand, die ganz weiß geworden war, nach Luft.

      »Mache Papa nicht schlecht! Er war vierzig Jahre lang die Zierde des Unterrichtswesens. Geh doch mal in die Gegend vom Panthéon12 und frage nach dem Institut Bachelard! Und was meine Schwester und meinen Schwager betrifft, so sind sie eben, wie sie sind, sie haben mich bestohlen, das weiß ich; aber dir kommt es nicht zu, das zu sagen, das lasse ich mir nicht bieten, hörst du! Rede ich etwa über deine Schwester aus Les Andelys, die mit einem Offizier durchgebrannt ist! Oh, das geht ja sauber zu bei euch!«

      »Mit einem Offizier, der sie geheiratet hat, meine Liebe ... Da ist ja auch noch Onkel Bachelard, dein Bruder, ein sittenloser Mensch ...«

      »Aber du verlierst ja den Verstand, mein Lieber! Er ist reich, er verdient bei seinem Kommissionsgeschäft so viel, wie er will, und er hat versprochen, Berthe eine Mitgift zu geben ... Hast du denn vor gar nichts Achtung?«

      »Ach ja, Berthe eine Mitgift geben! Wollen wir wetten, daß er nicht einen Sou rausrückt und daß wir seine widerwärtigen Gewohnheiten umsonst ausgestanden haben? Ich schäme mich für ihn, wenn er herkommt. Ein Lügner, ein Saufbruder, ein Ausbeuter, der die Situation ausnutzt, der mich seit fünfzehn Jahren, da er uns vor seinem Vermögen auf den Knien liegen sieht, jeden Sonnabend auf zwei Stunden in sein Büro mitnimmt, damit ich seine Bücher durchsehe! Dadurch spart er hundert Sous ... Wir müssen erst noch sehen, wie weit es mit seinen Geschenken her ist.«

      Frau Josserand, der es den Atem verschlug, sammelte sich einen Augenblick. Dann stieß sie folgenden letzten Schrei aus: »Du hast doch einen Neffen bei der Polizei, mein Lieber!«

      Es trat abermals Schweigen ein. Die kleine Lampe wurde blasser, unter Herrn Josserands fiebrigen Gebärden flogen Streifbänder umher; und er blickte seiner Frau ins Gesicht, seiner Frau in dem tief ausgeschnittenen Kleid, war entschlossen, alles zu sagen, und zitterte vor seinem eigenen Mut.

      »Mit achttausend Francs kann man allerhand anfangen«, versetzte er. »Du beklagst dich immerzu. Aber du hättest den Haushalt nicht auf eine Ebene stellen sollen, die unsere Verhältnisse übersteigt. Es ist eine Krankheit von dir, Gesellschaften zu geben und Besuche zu machen, einen Empfangstag einzurichten, Tee und Kuchen zu reichen ...«

      Sie ließ ihn nicht ausreden.

      »Da haben wirʼs also! Sperr mich doch gleich in einen Kasten! Wirf mir vor, daß ich nicht splitternackt ausgehe ... Und deine Töchter, mein Lieber, wen sollen sie denn heiraten, wenn wir mit niemand verkehren? Viele Leute sind es sowieso schon nicht ... Opfere du dich doch mal auf und laß dich hinterher dann mit so einer Niedertracht beurteilen!«

      »Alle haben wir uns aufgeopfert, meine Liebe. Léon hat vor seinen Schwestern zurücktreten müssen; und er hat das Haus verlassen, weil er nur noch auf sich selbst angewiesen war. Was Saturnin, das arme Kind, betrifft, so kann er nicht einmal lesen ... Ich selbst verzichte auf alles, ich verbringe die Nächte mit ...«

      »Warum hast du Töchter gemacht, mein Lieber? – Du willst ihnen doch nicht etwa ihre Ausbildung vorwerfen? Ein anderer Mann an deiner Stelle würde sich des Lehrerinnendiploms von Hortense und der Talente von Berthe rühmen, die heute abend wieder einmal alle Welt mit ihrem Walzer ›An den Ufern der Oise‹ hingerissen hat und deren neuestes Bild morgen bestimmt unsere Gäste bezaubern wird ... Aber du, mein Lieber, du bist nicht einmal ein Vater, du hättest deine Kinder die Kühe hüten geschickt, statt sie in ein Pensionat zu stecken.«

      »Ach was! Ich hatte ja für Berthe eine Versicherung abgeschlossen. Warst nicht du es, meine Liebe, die bei der vierten Prämienzahlung das Geld dazu verwendet hat, die Möbel des Salons neu beziehen zu lassen? Und inzwischen hast du sogar die eingezahlten Prämien verschachert.«

      »Stimmt! Wo du uns ja verhungern läßt ... Na, du kannst dir ja in die Finger beißen, wenn deine Töchter alte Jungfern werden.«

      »Mir in die Finger beißen! Aber zum Himmeldonnerwetter, mit deinen Toiletten und deinen lächerlichen Abendgesellschaften schlägst ja gerade du die Bewerber in die Flucht!« Noch nie war Herr Josserand so weit gegangen.

      Erstickt stammelte Frau Josserand die Worte: »Ich, lächerlich, ich!«

      Da öffnete sich die Tür: Hortense und Berthe kamen zurück, in Unterrock und Unterjacke, mit aufgelöstem Haar, die Füße in Latschen.

      »Oje, bei uns ist es aber kalt!« sagte Berthe bibbernd. »Da gefrieren einem ja die Bissen im Munde ... Hier ist heute abend wenigstens Feuer gemacht worden.«

      Und beide zogen Stühle heran, setzten sich an den Ofen, der einen Rest lauer Wärme bewahrte. Hortense hielt mit den Fingerspitzen ihren Kaninchenknochen, den sie kunstvoll abknabberte. Berthe tunkte Brotschnitten in ihr Glas Fruchtsaft. Im übrigen schienen die in Fahrt gekommenen Eltern ihr Eintreten nicht einmal zu bemerken. Sie zankten sich weiter.

      »Lächerlich, lächerlich, mein Lieber! Lächerlich, das werde ich nicht länger sein! Den Kopf soll man mir abhacken, wenn ich noch ein Paar Handschuhe abnutze, um die Mädchen unter die Haube zu bringen ... Jetzt bist du dran! Und sieh zu, daß du dich nicht noch lächerlicher machst als ich!«

      »Bei Gott noch mal, meine Liebe! Jetzt, wo du sie überall herumgeführt und bloßgestellt hast! Bringe sie unter die Haube oder nicht, mir ist das schnuppe!«

      »Mir ist das noch mehr schnuppe, mein lieber Josserand! Mir ist das so schnuppe, daß ich sie auf die Straße setzen werde, wenn du mir noch länger zusetzt. Falls du nur im geringsten Lust hast, kannst du ihnen ja folgen, die Tür steht offen ... Ach, Herrgott! Da wäre ich eine schöne Last los!«

      Die jungen Damen hörten seelenruhig zu, sie waren an diese lebhaften Auseinandersetzungen gewöhnt. Sie aßen immer noch, und da die Unterjacken ihnen von den Schultern gerutscht waren, rieben sie ihre nackte Haut sacht an den lauwarmen Kacheln des Ofens; und so schamlos entblößt, wirkten sie bezaubernd in ihrer Jugend, mit ihrem Heißhunger und ihren schlaftrunkenen Augen.

      »Es ist sehr verkehrt von euch, daß ihr euch streitet«, sagte Hortense schließlich mit vollem Mund. »Mama kriegt vor Kummer graue Haare, und Papa wird morgen im Büro noch krank sein ... Mir scheint, wir sind groß genug, um uns allein unter die Haube bringen zu können.«

      Das gab eine Ablenkung. Der Vater, der mit seinen Kräften am Ende war, tat so, als mache er sich wieder an seine Streifbänder; und er verharrte mit der Nase über dem Papier, weil er nicht imstande war zu schreiben, so sehr zitterten ihm die Hände.

      Unterdessen hatte sich die Mutter, die wie eine losgelassene Löwin im Zimmer umherlief, vor Hortense aufgepflanzt.

      »Wenn du dich meinst«, schrie sie, »dann bist du ganz schön blöd! Dein Verdier wird dich niemals heiraten.«

      »Das ist ja meine Sache«, erwiderte das junge Mädchen unumwunden.

      Nachdem sie fünf oder sechs Freier – einen kleinen Angestellten, den Sohn eines Schneiders, andere Burschen, die ihrer Meinung nach keine Zukunftsaussichten hatten – voller Verachtung abgewiesen, hatte sie sich für einen Rechtsanwalt entschieden, den sie bei Dambrevilles getroffen hatte und der bereits vierzig Jahre alt war. Sie hielt ihn für sehr tüchtig, dazu ausersehen, ein großes Vermögen zu erwerben. Das Unglück dabei aber war, daß Verdier seit fünfzehn Jahren mit einer Geliebten zusammen lebte, die in seinem Stadtviertel sogar für seine Frau galt. Hortense wußte es übrigens und zeigte sich deswegen nicht sonderlich beunruhigt.

      »Mein СКАЧАТЬ