Название: Kompetenzentwicklung im Netz
Автор: Werner Sauter
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783737518895
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(ε) Lösungsphase 2 Oftmals begleitet durch Gefühlsausbrüche, öffnen sich die Teilnehmer in der nun folgenden Aktivierungsphase ihren Ungereimtheiten und Widersprüchen. Inhaltlich ist das vom Willen begleitet, mit Missstimmungen aktiv und zuweilen aggressiv aufzuräumen. Ein neues Verhältnis von Gruppe und Leiter wird aufgebaut, dieser wird oft in eine Außenseiterposition geschoben, an den Rand gedrängt. Dabei ist immer mit zu bedenken, dass es bei gruppendynamischen Prozessen niemals primär um im engeren Sinne kognitive, sondern stets um emotional - motivational wertende Vorgänge handelt, die Negativwertungen emotionell erlebbar und damit abbaubar machen und andererseits positive Zielwerte emotional neu und möglichst tief verankern. Die hochkochenden Affekte und Gefühle führen zu einer emotional-motivationalen Umwertung früherer Wertungen – von Sachproblemen, von Beziehungsproblemen, von individuellen Problemen - und zu einem Ausprobieren der Akzeptanz dieser Wertungen im Gruppenrahmen. Der Interaktionsstil ist häufig sehr kritisch – distanziert und distanzierend, aggressiv bis bösartig, insbesondere gegen den Leiter oder stellvertretend einen „Prügelknaben“ in der Gruppe. Strukturell verstärkt sich die Ausbildung einer Rangordnung unter dem Aspekt einer Leistungsfähigkeit im „Hier und Jetzt“, im direkten Umlernen von Emotionen und Einstellungen. Die Gruppe intensiviert die Binnenkontakte und schafft eine größere Distanz nach außen hin. Es bildet sich eine stabile Kerngruppe heraus. Aufschmelzphase und Aktivierungsphase entsprechen der Lösungsphase.
(φ) Produktivphase Emotionen, Emotionsänderungen und Unstimmigkeiten werden in dieser Arbeitsphase als Teil des Selbst akzeptiert und als weitgehend normal empfunden. Die Bereitschaft, Konflikte konstruktiv zu lösen geht einher mit dem Wunsch, aus Erfahrungen zu lernen. Die persönlichen Konstrukte werden teilweise aufgelöst, das heißt bisherige, tief interiorisierte emotional – motivationale Wertungen werden durch neue ersetzt. Inhaltlich führt dies entweder zu einer Bestätigung von bisherigen, oder aber zu einer neuen Setzung von Emotionen und Motiven, die im Gruppenkontakt akzeptiert und bestätigt werden. Sie werden damit tiefgreifend positiv besetzt verankert. In der Atmosphäre entstandener Sicherheit und Nähe können individuelle Schwierigkeiten und Konflikte von den Gruppenmitgliedern „bearbeitet“ und somit neue Einstellungen – emotional gegründete, geistig untermauerte, von der Situation und dem Umfeld abhängige Haltungen – gewonnen werden. Als Interaktionsstil greifen spekulative, hypothetisierende, in Bezug auf sich selbst oder andere Personen auch rationalisierend – psychologisierende Kommunikationsformen um sich. Die Gruppenstruktur ist gefestigt, ein sozialer Organismus mit großer emotional – motivationaler Aufgeschlossenheit untereinander. Eine stabile Rangordnung mit teilweise wechselnden Führungsfunktionen (Sachführung, Sympathieführung) hat sich herausgebildet.
(γ) Beendigungsphase Es ist in dieser Abschlussphase eine starke Zunahme der Selbst-Akzeptanz wahrzunehmen. Die Teilnehmer stehen zu ihren Gefühlen und lassen überdies auch neue Emotionen zu. Die Fähigkeit, vor allem aber der Wille und die Bereitschaft alte Wert- und Persönlichkeitsstrukturen, manchmal sogar auf humorvolle Weise, zu verändern ist vorhanden und wird wahrgenommen. Inhaltlich hat der Kern der Gruppe neue Handlungs- und Arbeitsmöglichkeiten erreicht, Außenkontakte werden vom neuen Niveau aus aktiviert. Gruppenthemen wie die Traditionen und der Zusammenhalt, die sich herausgebildet haben, werden abgeschlossen, an deren Stelle treten allgemeine Fragen der Selbstkonzeptänderung, der Bildung und Erziehung. Der Interaktionsstil wird sachlich – intellektuell und wo er Persönliches betrifft psychologisierend; er wird zunehmend konventionell. Strukturell hat sich die Binnengliederung der Rangordnung in der Gruppe quasi institutionalisiert. Der Leiter tritt, nun als Gleicher unter Gleichen, wieder stärker in den Vordergrund. Führungsfragen werden in neuer Qualität zum Thema.
An diesen sieben Phasen ist erkennbar, dass eine Veränderung der eigenen Emotionen und Motivationen in aller Regel sehr langsam vonstatten geht. Ohne zuvor aufgebautes Vertrauen in die Gruppenleitung, in die anderen Teilnehmer und nicht zuletzt natürlich auch in sich selbst wird ein solcher persönlicher Entwicklungsprozess nahezu ausgeschlossen.
Der generalisierbare gruppendynamische Ablauf lässt sich wiederum zusammenfassen (Abb. 11).
Die Anwendung gruppendynamischer Verfahren im Unternehmensbereich, teilweise aus neueren Psychotherapie- und Trainingsverfahren entlehnt, hat den Stellenwert von Selbsterfahrung und Emotionalität erheblich ausgeweitet. Viele neue, der humanistischen Psychologie verpflichtete Bewegungen, wie Gestalt- und Gesprächstherapie, Encountergruppen, Sensitivtrainings, Kommunikationstrainings, Aufstellungen usw. machen Selbsterfahrung und Emotionalität zum Zentrum ihres Vorgehens. Da aber nahezu jegliches Arbeiten in Unternehmen und Organisationen in Gruppen geschieht, die keineswegs konfliktfrei zusammenwirken und keineswegs repressionsfrei kommunizieren, sind die gruppendynamischen Erkenntnisse breit verallgemeinerbar. So ist es zu erklären, dass Autoren von einer gegenwärtigen Renaissance der Gruppendynamik sprechen. Im Sinne der vorstehenden beiden Abschnitte bieten konfliktäre Gruppenprozesse nicht mehr und nicht weniger als spezifische, sehr realitätsnahe Anlässe emotional –motivationaler Labilisierung, die zum Wertlernen und damit zum Kompetenzlernen führen. Deshalb lassen sich die bereits umrissenen allgemeinpsychologischen Mechanismen der Aneignung (Interiorisation) und Kommunikation (Exteriorisation) von Regeln, Werten und Normen in Form von Emotionen und Motiven unter den spezifischen Bedingungen einer echten Gruppendynamik diskutieren.
Abb. 11 Generalisierter, gruppendynamischer Ablauf
Wir können für jede der Phasen (α) - (γ), gestützt auf neuere Untersuchungen zur Gruppendynamik, kennzeichnen, welche Aspekte des Wert- und Kompetenzlernens, der Interiorisation darin wirksam werden. Dabei ist wichtig, im Auge zu behalten, dass diese Phasen Abstraktionen sind, dass sich die beschriebenen Stufen real „überlappen“ und dass jede Gruppe ihre eigene Entwicklungsgeschwindigkeit hat und sich „individuell“ entwickelt.
(α) In der Orientierungsphase 1, der Kennenlernphase herrschen bei den Gruppenmitgliedern Unsicherheit und Angst als grundlegende Emotionen vor. Sie versuchen, diese durch Sympathiewerbungen und durch Distanz zu mindern. Der Gruppenleiter sollte hier für eine möglichst lockere, ungefährliche Atmosphäre sorgen, inhaltliche Schwerpunkte setzen und thematische Erwartungen einbringen. In sich selbst formierenden, problemorientierten Gruppen kann es dabei schon sehr früh zu emotionalen Spannungszuständen kommen, die zunächst durch vertrauensbildende Schritte und Erkundungsprozesse aufgelockert werden sollten. Ohne solche Schritte bleiben die dissonanz- und labilitätserzeugenden Emotionen später möglicherweise unproduktiv und verhindern eine fundierte Kompetenzentwicklung.
(β) In der Orientierungsphase 2, der Anwärmphase versuchen die Gruppenmitglieder, Unsicherheit und Angst, Dissonanzen und Labilisierungen durch ein konventionelles, Spannungen vermeidendes aufeinander Zugehen zu verringern. Sie lernen einander vor allem von der positiven Seite her kennen, entwickeln einen gewissen Vertrauensvorschuss und sind neugierig aufeinander. Anstehende Probleme werden vor allem von ihren weniger problematischen Seiten her reflektiert und besprochen. Die entstehende „Wärme“ ist leicht flüchtig und sehr vorläufig, hat jedoch die wichtige Funktion, die Teilnehmer für spätere Wert- und Kompetenzänderungen zu öffnen.
(ζ) In der als Abhängigkeitsphase zu identifizierenden Unzufriedenheitsphase werden sich die Teilnehmer einer doppelten Abhängigkeit bewusst: zum einen empfinden sie sich vom Gruppenleiter oder von möglicherweise selbst und schnell wechselnden Führungspersonen abhängig, zum anderen erleben sie sich selbst abhängig von ihren eigenen Missempfindungen und negativen Emotionen, die in der aufgebauten Spannungssituation entstehen, ein Problem nicht lösen oder Konflikte in der Gruppe nicht abbauen zu können. Das führt zu einem starken Ich-Denken, zu dem intensiven Bestreben, den eigenen Platz in der Gruppe zu begreifen ohne ihn schon verändern zu können und zu wollen. Der dabei entstehende starke emotionale Spannungszustand СКАЧАТЬ