Für ein Leben unter den Flügeln der Seele - Die heillose Kultur - Band 1. Dr. Phil. Monika Eichenauer
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Für ein Leben unter den Flügeln der Seele - Die heillose Kultur - Band 1 - Dr. Phil. Monika Eichenauer страница 9

СКАЧАТЬ hätte gesagt: „Verehrte Bundeskanzlerin. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass ich dieses Hartz-IV-Finanzangebot, das meine Familie, meine Frau und meine Kinder und mich in die Armut treibt, wo wir des Nachts kein Auge mehr zu tun, weil wir nicht wissen, wie wir vor Existenz- und Zukunftsangst in den Schlaf kommen sollen, dankend zurückgeben. Ich weiß zwar nicht, wie es weitergehen soll: aber so, mit diesen unzähligen Sonderbestimmungen und Durchforstungen nach geheimen Barschaften, Sparbüchern und Aberkennung meiner guten Absicht, den unzähligen Seiten, die auszufüllen sind, damit wir unsere Existenz minimal finanzieren können, dem Terror der Bürokratie personell und gesetzlich-sachlich und der Tatsache, dass wenn ich etwas dazu verdiene, mir vom Wenigen dazu Verdienten dann ein großer Teil wieder abgezogen wird, kann ich nur sagen:Frau Bundeskanzlerin, dieses Vorgehen und Benehmen beschämt mich zutiefst nach so vielen Jahren des Verkaufs meiner Arbeitskraft in Deutschland. Ich empfinde es als respektlos meiner Frau und meinen Kindern gegenüber, dass sie nun mit mir verarmen müssen. Ich empfinde diese Situation als für mich entehrend und entwürdigend. Ich lehne dankend ab.“

      Köhler hat Vorbildwirkung eben genau in dem Stil, den er am 31.5.2010 an den Tag legte: Es wurde Licht. Seine Worte, um eine Metapher von J.M. Coetzee zu übernehmen und auf diese Amtsniederlegung anzuwenden, fühlten die einen als Paukenschlag, die anderen vielleicht so: Wie Wasser gegen einen Felsen, so schlugen seine Worte gegen Ignoranz und Schweigen. (Abgewandelt übernommen aus Coetzee: Eiserne Zeit, 2003, S.41) Auch wenn die unzähligen Mutmaßungen, Projektionen, Spekulationen und Interpretationen, die auf dem Fuße folgten, in diesen Tagen versuch(t)en, es zu verdunkeln. Respekt vor diesem Stil, der Menschen in Deutschland aus völlig unterschiedlichen Gründen fehlt, aber Mut machen könnte: Denjenigen, die das Sagen haben und denjenigen, die diesem Sagen lauschen müssen und innerlich schon gar nicht mehr da sind und nichts mehr glauben und dennoch nichts tun können...

      Leider fehlte mir selbst genau dieser Köhlersche Schneit (und Geld) nach Inaugenscheinnahme meiner ersten Abrechnung durch die Kassenärztliche Vereinigung 1999 und der für mich völlig veränderten Arbeitssituation. Die Voraussage eines Kollegen nach meiner Rückkehr aus dem Urlaub 1999 ließ mich verzweifeln: damals wurde unser Honorar von 145,00 DM auf teilweise ca. 39,00 DM (BKK) pro 50 Minuten Psychotherapie vor Steuer abgesenkt – damals weinte ich und warf mich ins Bett trotz hellem Sonnenschein und spürte: „Nein, jetzt mache ich nicht mehr weiter – jetzt reicht es...“ Ich hätte mit dreimal so vielen Patienten arbeiten müssen, um den gleichen Betrag monatlich zum Leben zur Verfügung zu haben! Damalig arbeitete ich mit ca. 37 Patienten in der Woche: Es wären also 111 Patienten, die ich statt 37 Patienten hätte versorgen müssen... Ich stand dennoch wieder auf, weil ich keine andere Chance sah, meinen Beruf sinnvoll, also auch für Kassenpatienten und nicht nur für Privatpatienten, auszuüben. Näheres über diese Zeit werden Sie in Band 2 mit dem Titel „Die Zulassung zur Abschaffung“ lesen können. Ich war nicht einverstanden, was mit meiner Berufsgruppe und mir nach der sozial-rechtlichen Regelung für unseren Berufsstand und die Aufnahme in die Kassenärztliche Vereinigung 1999 geschah. Ich bin es auch heute noch nicht. Es wurde im Laufe der Jahre leider nicht weniger, womit ich nicht mehr einverstanden bin, weil das Leben in Deutschland für Millionen von Menschen so drastisch zum Schlechteren hin verändert wurde. Ich glaube, man will dies in Deutschland nicht wahrhaben. Ich glaube, man will immer so weitermachen, wie bisher: Weil es immer so ging!

      Ich änderte meinen Lebensstil und schrieb, statt mit der doppelten oder dreifachen Anzahl von Patienten zu arbeiten: was, nebenbei bemerkt, kein Mensch kann. Auch wurde unser Honorar nicht von allen Kassen auf dem obigen Niveau gehalten: dennoch sind wir auf der absolut untersten Honorarstufe der Fachärzte innerhalb der KVen.

      Aber in Deutschland wird unzähligen Menschen das Unmögliche abverlangt. Und es wird zu wenig dazu gesagt und wird dennoch etwas gesagt, wird es verdreht und verstreut in alle Winde. Deutung wird gegeben und Zweifel werden gesät. Motiv und Interesse steuern Kommunikation. Wie es nun auch bei Horst Köhler versucht wird: Aber bei seiner Amtsniederlegung wird dies in der Wirkung nicht gelingen. Er hat sich mit seiner Frau an seiner Seite von seinem Amt verabschiedet. Die Frau gehört bei diesem Staatsakt des Bundespräsidenten dazu! Selbst bei eher lapidaren Anlässen wird Sicherheitspersonal bereitgestellt und Frauen werden zusätzlich nicht eingeladen, so wie bei der Einweihung des U-Turms in Dortmund, als Herr Winkelmann seine Video-Installationen das erste Mal öffentlich Ende Mai in Gang setzte. Vermutlich war es eine Vorsichtsmaßnahme, wie man munkelt, Frauen nicht einzuladen, weil Rüttgers auch zugegen war... Er sollte geschützt werden. Frage: vor wem oder was, vor den Frauen? Oder sollten Frauen geschützt werden, falls genau welche Situation unerwartet eintreten könnte? Und sie wurden und werden deshalb nicht eingeladen? Oder ist es doch nur wieder dieser Männerklüngel in Deutschland, bei dessen Treffen Frauen nichts zu suchen haben? Dieses Benehmen spiegelt unsere Männergesellschaft mit dem Aushängeschild für „Gleichberechtigung“ im Extrem wider. Auch dieses schlechte Benehmen konnte Horst Köhler qua Amt, wie jeder andere Bundespräsident auch, durchbrechen. Zum Bundespräsidenten gehört die Frau des Bundespräsidenten.

      Es wirkte nicht schwach, als er mit seiner Frau an seiner Seite zur Abgabe seins Amtes antrat. Auch andere Minister und offizielle Amtsinhaber lassen ihre Frauen inzwischen auf politischen Bühnen spazieren und natürlich möchten die Medien private und intime Details aus dem Leben in die Öffentlichkeit zerren. („Das Private rückt in den Vordergrund.“ In: Ruhr Nachrichten, 27.12.2010) Auch darüber, ob Frauen von Ministern (oder umgekehrt Männer von Ministerinnen) gleichzeitig in der Öffentlichkeit eine politische Funktion übernehmen sollten und übernehmen dürfen, sollte reflektiert werden.

      Worüber nicht diskutiert werden muss, ist die Wahrung des privaten Lebens für alle Menschen und somit auch der politischen Spitze in Deutschland und anderswo. Mit dieser Feststellung wird jedoch sofort das Thema Datenschutz in Deutschland angestoßen und die Frage, wie weit dürfen Bundesbürger gläsern gemacht werden und zu welchem Zweck? Inwiefern ist in Deutschland Bereitschaft vorhanden, die Psyche, die Seele und letztlich privates Leben von Menschen zu schützen und nicht nur die Gefahr von Hackern, die in staatliche Datennetze eindringen, abzuwehren? Hacker versuchen an interne politische, militärische und wirtschaftliche Daten zu gelangen, wie die Ruhr Nachrichten mitteilt. („Staatliche Datennetze in Gefahr.“ In: Ruhr Nachrichten, 27.12.2010, Titelseite) Diese internen Datensätze können politische Interessenslagen offen legen, wie sie möglicherweise offiziell dem Bundesbürger und Wähler nicht in Gänze kommuniziert werden. So verwundert es nicht, dass von Krieg im Internet im Dezember 2010 gesprochen wird und die Berichte darüber assoziativ an Science-Fiction-Filme erinnern: „Wie wird der Kampf gegen die Cyber-Attacken gesteuert? Zentral. Seit Mai dieses Jahres bündelt das ‚US Cyber Command’ die Einsätze an der Online-Front. Bislang hatten sich die Aufgaben auf vier verschiedene Geheimdienste verteilt. Der Kommandeur der ansonsten streng geheimen Truppe hat schon klargemacht, dass er die Zuständigkeit seiner Einheit sehr weit ausgelegt (sic). Zugriff auf E-Mails und soziale Netzwerke verlangt Armeegeneral Keith Alexander, um Amerika vor Angriffen aus dem Cyberspace zu schützen. Der Schock nach den Wikileaks-Enthüllungen gibt den Befürwortern einer stärkeren Kontrolle des Netz-Lebens zusätzlichen Auftrieb.“ („Neue Bedrohung für die USA?“ In: Ruhr Nachrichten, 27.12.2010) Es geht also um Wahrung geheimer oder intimer politischer Landesinteressen und den mit ihnen genuin verbundenen Motiven gegenüber anderen Ländern und – wird noch weiter spezifiziert und eingedrungen in politisches und wirtschaftliches Leben – um Geld und Kapital, das geschützt werden soll.

      Washington gibt viel Geld pro Jahr für die Abwehr der Angriffe aus der Cyber-Welt aus: Schätzungsweise sechs bis sieben Milliarden Dollar, teilt Joachim Rogge im selben Artikel der Ruhr Nachrichten mit. Frage: Wo werden Menschen, und abstrakter, das menschliche Wesen, die Seele und die Psyche von Menschen, mit so viel Geld und feinem Gespür für Intimität, weltweit geschützt?

      Köhler versuchte Brücken zu bauen zwischen Oben und Unten, versuchte, zu vermitteln. Kommunikation, der Worte und Gesten zugrunde liegen, die auf den Spalt in unserer Gesellschaft zwischen Oben und Unten zielen und ihn benennen, können einmal СКАЧАТЬ