Flucht aus dem Morgengrauen. Marc Lindner
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Название: Flucht aus dem Morgengrauen

Автор: Marc Lindner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783745014310

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СКАЧАТЬ der Gedanke sie wollten meine Privatsphäre unge­stört lassen, war mir bei denen eher unverständlich.

      Vielleicht lag das seltsame Gefühl daran, dass ich Ärzte lieber gehen als kommen sah, und mit meiner Begeisterung für Spritzen war es nicht weit her.

      Aber da musste ich nun durch, wie jedes Spiel, so hatte auch dieses seine Tücken.

      Das Ärztezimmer lag am Ende eines langen, schmalen Korridors, und nach­dem ich die Weite der großen Hallen des Flughafens gewohnt war, fühlte ich mich recht beengt, als ich nun hindurchgehen musste.

      Konrad wich nicht von meiner Seite und hatte seine große Hand auf meinen Rücken gelegt, als habe er Angst, ich würde ihm davon laufen.

      Irgendwie war ich ihm für seine Hilfe sogar dankbar, denn ohne die Alter­native eines Fluchtweges, ging es sich viel leichter.

      An der Tür angelangt war es der Millionär, der anklopfte. Verwundert stellte ich fest, dass seine Handknöchel viermal die Tür berührten.

      Nun konnte ich auch wieder über mich lachen. Was einem doch alles durch den Kopf geht, wenn man etwas Unangenehmes vor sich hat. Und ich war froh, dass ich es wohl bald hinter mir hatte.

      Es dauerte eine Weile, bis sich die Tür öffnete und uns ein kleinwüchsiger, gesetz­ter Mann mit einem leicht verwirrten Gesichtsausdruck entgegen trat. Mit einem etwas verspannten Blick sah er an uns vorbei in den Korridor, bevor er uns hereinbat.

      Mich begrüßte er mit einem für Ärzte typischen, äußerst schwachen Hände­druck. Eine Berufseigenschaft, die noch nie viel Vertrauen bei mir erweckt hatte. Doch diesen Kerl mochte ich auf Anhieb gut leiden. Er hatte ein helles, aufgeschlossenes Gesicht und schien sich die Motivation an der Arbeit bewahrt zu haben.

      Er machte sich gleich daran, mich auf jede Verdachtsmomente hin zu unter­suchen. Doch als sportlicher Student, der auch noch auf seine Ernährung geachtet hatte, war an mir und meiner Gesundheit nichts zu beanstanden. Während meines Studiums war ich nicht einmal einer dieser allgemein bekann­ten und hinter­hältigen Fünfminutenprüfungskrankheit zum Opfer gefallen.

      «Du hast die Kondition und Konstitution zum Abenteurer», schloss er seine Untersuchung, bevor er mir fröhlich pfeifend, einen regelrechten Cocktail an Spritzen abwechselnd in Arme und Hintern jagte.

      «Es kann sein, dass dir nachher ein wenig flau wird. Ich gebe dir lieber ein paar Beruhigungstabletten mit, damit du im Flugzeug ein wenig Schlaf findest», sprach er die Warnung erst aus, als die letzte Ampulle ihren Inhalt in meine Blut­gefäße ergoss.

      «Nein danke», lehnte ich freundlich lächelnd ab. «Ich möchte nicht mehr Chemie als nötig in meinem Körper haben.»

      «Richtige Einstellung, mein Kleiner», lobte er mich und war erleichtert, dass ich seine Befürchtungen so leicht nahm.

      Da Flugzeuge bekanntlich nicht lange auf jemanden warteten, ging alles recht schnell von der Bühne, schnell genug, damit ich mir keine Gedanken darüber machen musste. Doch dann wartete noch die, in der heutigen Welt, längste Auf­gabe auf uns – die Bürokratie.

      Es galt noch eine Unzahl von Berichten, Formularen und Bestätigungen aus­zu­füllen. Vieles war vorgefertigt gewesen und brauchte nur ergänzt zu werden.

      Zum Zeitvertreib erlaubte ich mir die ausgefüllten Zettel durch meine Hände gehen zu lassen, bevor ich sie Konrad, der die ganze Zeit am Pult gesessen hatte, überreichte.

      Nur wenig interessiert flog ich über die Berichte, von denen ich nur wenig, und nichts Wichtiges verstehen konnte.

      Nur die Stempel interessierten mich, und die Länder, für welche ich diese Do­kum­ente benötigte.

      Als ich einige durchgereicht hatte, wurde ich auf einmal stutzig. Ohne mir etwas anmerken zu lassen, überprüfte ich meine Vermutung. Die Daten, zu denen diese Formulare ausgefüllt worden waren, schwankten erheblich. Den ältes­ten Stempel, den ich in meine Hände bekam, war auf vor drei Monaten datiert, und dabei hatte ich dem Arzt eben dabei zugesehen, wie er diesen drauf­gesetzt hatte.

      Nun begriff ich endlich, wieso keine Kamera zugegen war. Diese Tür, die hinter mir war, musste verschlossen bleiben, und Tageslicht war nicht erwünscht.

      Auch wenn der Arzt seinen weißen Kittel würdevoll trug und er eine ange­nehme Persönlichkeit besaß, war mir nun bewusst, dass der Unterseite seines Schreib­tisches der Anblick von Geld durchaus vertraut sein musste.

      Obschon die Bürokratie in diese Praxis Einlass gefunden hatte, so hatte sie den­noch keinen Sieg davon tragen können. Die beiden Herren hatten ihre eigenen Regeln und sie verstanden es zu spielen.

      Hätte ich nicht eine angeborene Schwäche für Zahlen gehabt, so wäre es mir nie aufgefallen. Abgesehen von den anfänglichen bedächtigen Blicken, war keiner der Männer irgendwann ein Unbehagen anzumerken gewesen.

      Ich musste lachen über die Vorstellung von der Welt, wie wir sie hatten lernen müssen. Nun begann es erst, das Leben, das wahre. Und mein Flug war gebucht, und ich gesund, beziehungsweise so krank, wie die Menschheit mich nun gemacht hatte, mit all ihren Regeln. Diesmal hatte ich das Gift direkt einge­spritzt bekommen, was nicht bedeutete, dass ich es sonst nie bekam, vorher war es nur immer langsamer gewesen, und ohne Einstichstellen. Es waren die Werte, die Erwartungen, die ich nach und nach hatte inhalieren müssen, als wäre ich sonst nur ein Wrack gewesen, ohne diese Kur, die das Leben einem ver­schreibt.

      Der Korridor war nicht mehr der gleiche, als ich wieder raustrat. Der Arzt hatte mich freundlich verabschiedet und mir viel Glück gewünscht. Ich kannte den Menschen nicht, und doch hatte es etwas von einem Abschied an sich haften, in dem Moment, da ich seinen Raum verließ und sich die Tür hinter mir schloss.

      Den Dicken hinter mir, sah ich in den Gang, wie in einen langen Tunnel. Zurück konnte ich nicht mehr, da war nur dieses eine Zimmer, mit dem einen, selt­samen Arzt.

      Und vor mir lag die Welt, wie in diesem einen, unzählige Male geträumten Traum. Ich hatte nie lange genug schlafen können, um das Licht zu erreichen, aber diesmal würde ich nicht aufwachen.

      Bisher hatte ich alles leicht genommen, für mich war es nur ein Spiel, und ich hatte geglaubt, ich, ein untersetzter Knabe, könnte die Regeln bestimmen.

      Doch nun musste ich feststellen, dass ich das Spiel nicht einmal mehr beenden konnte.

      Es war ein befremdlicher Marsch den Korridor entlang. Dieser mündete in einen Flur, welcher mich an einer hohen Fensterfront vorbei, und weg führte.

      Der Dicke ging immer noch hinter mir und sein erregtes Atmen trieb mich weiter. Er, der alles gesehen hatte, hoffte endlich etwas zu finden, was ihn wieder erfreuen konnte, und ich, der noch nichts gesehen hatte, freute mich auf die Suche.

      Jetzt waren diese Geier vom Fernsehen wieder da, aber nur noch einer der Kasten­träger hatte sein Ungetüm ausgepackt.

      Als letztes Mittel seiner Verzerrungskunst hatte er sich weit hinten im Flur platziert, um mich nun wie eine Heldenfigur bei ihrem Aufbruch einzufangen.

      Nun half mir auch der Dicke dabei, den Flur und das Bild auszufüllen. Um mir nicht nachher Sabotage nachsagen lassen zu müssen, bemühte ich mich um einen möglichst starken Gesichtsausdruck. Da mir der Verlauf der Reise noch recht ungewiss vorkam, und ich mir nicht die Mühe gemacht hatte, mich dem Ausmalen möglicher Szenarien hinzugeben, wählte ich eine skep­tische СКАЧАТЬ