Flucht aus dem Morgengrauen. Marc Lindner
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Название: Flucht aus dem Morgengrauen

Автор: Marc Lindner

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783745014310

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СКАЧАТЬ versöhnlich lächelte der Kameramann mir zu und ich zeigte meinen guten Willen und gab ihm eine Zugabe.

      Langsam hob ich meine Hände und fuhr mir genüsslich durch mein Gesicht, wobei ich mich durch die Präsenz einer Brille nicht stören ließ. Nachdem ich die Spannung der Miene aus meiner Haut gezerrt hatte, faltete ich die Finger in­ein­ander und ließ die Handflächen mit auseinander gespreizten Armen fest gegen meine Stirn gedrückt ruhen, bevor ich mit den Händen über meinen Kopf, durch mein dichtes Haar fuhr, um dann mit einem genussvollen kräft­igen Atemzug meine Arme neben meinem Körper auszuschütteln.

      «Jetzt bin ich doch ein bisschen aufgeregt», trat ich an die Journalistin heran.

      Mich beschlich die Befürchtung, dass wenn ich nicht bald zu reden anfing, ich nachher beim Schnitt sehr schlecht davon kommen könnte. Mir machte der Gedanke Angst, dass ich vielleicht als dummer umhertänzelnder Affe in die Wohn­zimmer der verstrahlten Zuschauer gesendet würde.

      Erfreut darüber, dass ich doch noch auftaute, zog die Frau mich gleich wieder in ihre Arme. Sie hatte die Hoffnung nicht aufgegeben und glaubte nun, dass sie ihre Erwartung in die Reaktion eines normalen Menschen bald erfüllt sehen würde.

      Wie sehr sie sich da irrte, denn als sie mich nun zu sich heranzog, fehlte die Wärme. Es war, als wäre sie wieder die Frau, die ich kennengelernt hatte. Die andere, die, die mich zuvor umarmt hatte, war kaum mehr als eine verblassende Spiegel­ung in einem großen Fenster, von dem ich mich eben abwendete und wusste, dass ich nicht wieder zurückkommen würde.

      Dieser Schock, dieses erbarmungslose Verschwinden der Illusion ließ mich schlag­artig erfrieren. Weder ihre hingebungs­vollen Versuche mich zum Reden zu bewegen, noch die erwachte Hoffnung in den Augen des Kameramannes konnten daran etwas ändern.

      Fast erdrückte sie mich mit ihrem verkrampften Bemühen, mich an sich zu binden. Doch je fester sie ihren Arm um mich schlang, desto weiter entfernte ich mich wieder aus ihrer Welt. Mein schüchternes Wesen duldete keine Auf­forderung, sich zu zeigen.

      «Sabrina, jetzt lass den Jungen doch endlich los», befreite mich Konrad aus ihrem hilflosen Griff, lange nachdem der Kamera­mann resigniert hatte.

      Sabrina, dachte ich, erfreut, dass ich ihren Namen nun endlich wusste. Nur Sabrina kannte ich noch nicht, sie war mir, seit ich sie kennengelernt hatte immer fremder geworden. Das Spiel, auf das ich mich eingelassen hatte, war mir längst entglitten, ich war nun nur noch ein Spieler. Regeln und Drehbuch hatte inzwischen jeder aufgeben müssen. Dies sollte ein Abenteuer werden, so hatte sich Konrad es vorgestellt, und ich es mir gewünscht, und gemeinsam mussten wir merken, dass man ein solches nicht planen konnte. So traten wir nach draußen und die erste frische Brise, die unsere Nase umspülte, ließ uns diese nur oberflächlich wahrgenommene Erkenntnis rasch vergessen.

      Nirgends gab es eine Absperrung und niemand schien uns aufhalten zu wollen. Nur ein einzelner Angestellter des Flughafens war zu uns gestoßen und führte uns nach einer knappen Begrüßung wortlos auf die Rollbahn hinaus.

      Dort stand ein wahres Schlachtross an Flugzeug. Allein die Größe schlug mich fast zu Boden. Nur am Himmel und im Fernsehen hatte ich sie bisher winzig klein gesehen. Selbst aus dieser, noch beachtlichen Entfernung, lehrte mich dieses Ungetüm Ehrfurcht.

      Bei den riesigen Rädern angefangen, wusste ich nicht, wo mein Staunen aufhören sollte.

      Mein Blick klebte förmlich am Flugzeug, und so fiel mir nicht auf, dass ich meinen Kopf immer weiter hatte drehen müssen, und wir allesamt am Flugzeug vorbei gegangen waren.

      Erst als mein Hals zu schmerzen anfing, riss es mich aus meiner Bewun­der­ung und ich blickte vorwurfsvoll den Flughafen­an­ge­stellten an, der in einem un­­ver­­schämten Tempo mir dieses ehrfurchterregende Monstrum wieder kleiner werden ließ.

      Ich hatte kein Verständnis für diese Missachtung dieser atemberaubender Größe gegenüber. Wiederholt drehte ich mich, fast wie ein kleines Kind, zu diesem Flugzeug um, hin und her gerissen zwischen Staunen und Ent­täuschung.

      Völlig fassungslos nahm ich die nüchterne Teilnahmslosigkeit der Anderen wahr. Sie hatten es nicht einmal bemerkt und ihm sicher nicht die Bewun­der­ung entgegen gebracht die dieser enormen Erscheinung angemessen war.

      Es war ein befremdlicher, beeindruckender Weg über die ebenmäßige Start­bahn hinweg. Alles wirkte so gehetzt, und doch hatte man die Ruhe zu gehen, eigent­lich gar zu spazieren. Wenn ich den Dicken betrachtete, so hatte ich das Gefühl, als ging er durch einen Wald hindurch, so entspannt, so gelöst schritt er voran.

      Nichts erinnerte an den herrschsüchtigen, alles kontrollieren wollenden Manager, vielleicht noch sein Blick, aber den konnte ich, hinter ihm herschreit­end, nicht erkennen.

      Kurz nachdem die Truppe hinter einem Tankwagen verschwunden war, konnte ich abermals ein Flugzeug erblicken. Dieses aber konnte mich nun nicht mehr mitreißen. Klein und unauffällig, wenn es nicht so spitz und schnittig frech einen angestarrt hätte, rollte es eben aus einem der zahlreichen kleineren Hangars hervor.

      Konrad, Sabrina und die Anderen blieben wartend stehen, und als ich sie ein­ge­holt hatte, konnte ich einen neuen Glanz in Konrads Augen sehen.

      «Jetzt zeig ich dir, wie man richtig reist», meinte Konrad scherzhaft, doch ich spürte, dass er es ernster meinte, als er es aussprach, während er mich das erste Mal mit einem fühlbar emotionalen Anhauch – wenn man seine Wutausbrüche nicht mitzählte – mit einem seiner kräftigen Arme an sich drückte und durch­schüttelte.

      «Damit du auch etwas hast, wovon du träumen kannst», fuhr er lachend fort und nickte zu dem kleinen Spielzeug, das dort auf uns zugerollt kam.

      Ich begleitete ihn kurz in seinem Lachen, auch wenn ich kein wirkliches Ver­ständ­nis für seinen Humor hatte. Ich wusste, dass ich ihm mit seinem Privat­flug­zeug Unrecht tat, aber für mich war dieses große von vorhin mehr gewesen, auch wenn wir dann mit mehreren Hundert darin gesessen hätten. Es ging mir um das Gefühl, um die Erfahrung und nicht, so wie bei Konrad, um den Besitz selbst.

      Sabrina, die neben uns stand, konnte ich nicht sehen, nur ihre fiebrige Erreg­ung konnte ich spüren. Eingefangen wurde es von einer Kamera, die sich in einiger Entfernung postiert hatte. «Was für ein Heldenauftritt», frohlockte ich mir ein amüsiertes filmreifes Lächeln ins Gesicht.

      «Wenn schon, dann richtig, nicht wahr Konrad?», meinte Sabrina.

      Mir entging ihr dezent ironischer Unterton dabei nicht. Sie wollte sich die Show nicht stehlen lassen. Noch zu jung war ihre Karriere, als dass sie sich diese Chance entgehen lassen durfte.

      Konrad verschränkte seine Arme vor seiner geschwollenen Brust, und tat als würde er sein Werk bewundern, und war wieder einmal mit sich selbst zu­frieden.

      Es war dann doch eine merkwürdige erregende Empfindung die Stufen in dieses Flugzeug zu betreten. Irgendwie hatte ich gleich das Gefühl, als würden meine Füße den festen Untergrund verlieren. Ob es sich dabei nur um eine vom Verstand vorge­täuschte Illusion, oder um mir weich werdende Knie hand­elte, konnte ich nicht sagen, und um ehrlich zu sein, wollte ich mit keinem Gedank­en diesen Moment beschweren.

      Höchstens noch die Vorstellung, wie es wohl sein würde in die wirklich große Maschine zu steigen, doch selbst diese gedachte Stimulation verflog, als ich die Trep­pe verlassen und den Innen­raum betreten hatte.

      Überwältigend war nicht die Größe, denn die Superlative glaubte ich bereits gesehen zu haben, aber es war der Platz, den СКАЧАТЬ