Ein moderner Lederstrumpf. Robert Kraft
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Название: Ein moderner Lederstrumpf

Автор: Robert Kraft

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754183892

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СКАЧАТЬ Statue kam zum ersten Male wieder Leben, sie machte eine abwehrende Handbewegung.

      »Dann suchen Sie sich einen anderen,« erklang es ruhig und kühl. »Das, was Sie von mir verlangen, ist für mich unehrliches Spiel.«

      Wie niedergedonnert stand Munro einige Augenblicke da. Diese Worte, so hervorgebracht, hatten ihn wie wuchtige Schläge auf den Kopf getroffen.

      »Aber ich meine es doch nur gut mit ihr!« rief er dann aus. »Was kümmern uns denn die 10 000 Pfund! Und ich bezahle Ihnen Alles, was Sie ...«

      »Genug. Jedes Wort in diesem Sinne gesprochen, ist vergebens. Vor allen Dingen, verschonen Sie mich mit Geldversprechungen. Für so etwas bin ich nicht zu haben. Lieben Sie die Dame, und sind Sie ein Mann, so bitten Sie sie, dass sie die Fahrt nicht unternimmt, verbieten Sie es ihr, wenn Sie ein Recht dazu zu haben glauben, aber nicht, dass Sie sie hinterrücks zu Falle bringen wollen.«

      Ei, konnte der Mann die Wahrheit sagen! Und Munro war ihm gegenüber ganz ohnmächtig, konnte sich nicht vertheidigen, nur entschuldigen, er wurde immer verlegener, purpurroth, stammelte immer mehr davon, wie er es ja nur gut meine.

      Bewegungslos dastehend, liess ihn Starke ruhig reden, bis er in einer Pause einmal zu Worte kommen konnte. »Sie haben da viele Worte verschwendet. Gut, engagiren Sie mich doch, ich will die Dame begleiten, natürlich werde ich mein Möglichstes thun, dass sie die Wette gewinnt; aber ich glaube Ihnen auch die Versicherung geben zu können, dass die Dame nach Beendigung der Fahrt nicht so leicht wieder ein »Marterrad« besteigt, denn darauf, scheint mir, kommt es Ihnen doch nur an.«

      Wieder erstarrte Munro, während jetzt aber ein Lächeln sein Gesicht zu verklären begann. Wahrhaftig, der Mann hatte Recht. Denn Ellen zu demüthigen, daran hätte er ja nie gedacht, und auch jetzt glaubte er noch nicht daran, dass sie die furchtbare Tour aushalten würde. Aber dieser Mann imponirte ihm immer mehr, den musste er als ihren Begleiter haben.

      »Famos! Das hätten Sie mir übrigens auch eher sagen können! Sie wollen also Miss Howard begleiten?«

      »Gewiss. Wird die Dame aber auch mit meiner Begleitung einverstanden sein?«

      Oh, da kam schon wieder etwas dazwischen. Ellen hatte ihm die Bedingungen ganz genau geschildert, er that es jetzt Starke gegenüber. Also allein, doch wenn ihr Munro für sein Geld diesen Mann beigesellte, ohne ihre Einwilligung, so konnte ihre Gegnerin, Lady Barrilon, nichts dagegen einwenden. Aber würde sich dieser Mann, der offenbar eine gute Portion Stolz besass, auf so etwas einlassen? Er sollte sich zum Begleiter einer gebildeten Dame aufdrängen. Und da kam es auch schon.

      »Wenn ich nach dem, was ich nun über die Dame gehört habe, Miss Howard beurtheile, so scheint es mir, als könne ich ihr als Begleiter nicht angenehm sein, gerade ich, Curt Starke. Die jedenfalls etwas stolze Engländerin will beweisen, dass sie, ein Mädchen, das in 300 Tagen fertig bringt, wozu ein professioneller Wanderfahrer, ein starker Mann, 512 Tage gebraucht hat. Sollte es nicht so sein?«

      Munro gab es ehrlich zu, und zaghaft blickte er den Hünen an.

      »Die Landstrasse ist frei wie die Prärie und die Wüste,« lautete aber dessen Antwort, welche Munro von allen Sorgen befreite, »sie kann mich nicht hindern, neben ihr zu fahren und zu halten, wenn sie hält, und ausserdem ist es ja mein Weg, den sie benutzt. Ja, ich begleite sie, empfindlich bin ich nicht, und mit der Zeit werden wir schon gute Freundschaft schliessen.«

      Starke wandte sich gegen den Tisch, stopfte eine Holzpfeife aus einem Lederbeutel und zündete sie in seiner bedächtigen Weise an.

      Es war noch kein Gontract gemacht. Und da fiel es dem englischen Baronet zum ersten Male ein, was dieser Contract für eine Bedeutung haben würde.

      Konnte denn jener Mann Gedanken lesen? Schliesslich lag die Frage sehr nahe, er hatte sie durch seine letzten Worte selbst angeregt. Er hielt sich von Munro halb abgewendet, rauchte und betrachtete ein Oelbild, welches das alte Thema von dem Liebespaare auf der Gartenbank mit den beiden sich schnäbelnden Turteltauben behandelte.

      »Wir haben noch nichts abgemacht,« sagte seine tiefe, ruhige Stimme. »Ja, Sir Munro, wissen Sie denn, wer ich bin? Ich soll also eine junge Dame, welche Ihre Braut ist, um die Erde begleiten. Ich werde für 300 Tage ihr ständiger Gesellschafter sein, von übermorgen an. An Bord werden wir noch nicht in nähere Berührung kommen. Dann aber werden wir im Hôtel unter einem Dache schlafen, jedenfalls stets Zimmer an Zimmer, dafür muss ich sorgen. Ich soll sie ja beschützen. Wir werden auch in mancher Hütte mit nur einem Raum übernachten. Oftmals werden wir am einsamen Lagerfeuer campiren. Haben Sie sich dies Alles auch recht überlegt, Sir Munro?«

      Mit ausgestreckter Hand ging der junge Mann auf ihn zu.

      »Eben durch diese offenen Worte haben Sie jedes Misstrauen beseitigt. Hier meine Hand.«

      »Nein, ich nehme sie nicht. Sie wissen ja gar nicht, ob Sie Ihre Hand nicht einem Schurken geben. Ich nehme Ihre Hand nicht.«

      Munro musste sie zurückziehen. Er stand einem Räthsel gegenüber.

      »So erzählen Sie mir doch, wer Sie sind.«

      »Das können Sie haben.«

      Er ging an das Fenster und lehnte sich mit dem Rücken dagegen, kreuzte die Arme über der breiten Brust.

      »Was ist das?« fragte Munro, als er auf der Strasse ein Stimmengewirr vernahm.

      »Ich lasse etwas meinen Rücken bewundern, Tag und Nacht stehen die kleinen und die grossen Kinder unten. Nun also: Harry Curt Starke. Geboren im Dorfe Nowawes bei Potsdam. Der Geburtstag interessirt Sie doch nicht. Jetzt bin ich 34 Jahre alt. Meine Mutter war Waschfrau, mein Vater vertrank ihren Verdienst. Ich war von je ein Taugenichts und ein Vagabund. So sagte man. Thatsächlich, wenn ich nur konnte, so lief ich hinter die Schule, um im Grunewald zu wilddieben. Mit Grashüpfern und Eidechsen fing ich an, mit Wildschweinen und Sechszehnendern hörte ich auf. Aber ich war damals noch ein Kind, dachte mir nichts dabei. Eines Tages, in meinem zwölften Jahre, wurde ich dabei erwischt, lief immer geradeaus, kam nach Hamburg, kroch in ein Schiff, auf hoher See tauchte ich wieder auf. Da war ich Schiffsjunge auf einem amerikanischen Schooner. Sie sehen, ich habe etwas früh angefangen. Der Capitain war eigentlich Walfischjäger, ging in New-York zum alten Beruf, nahm mich mit. Ich lernte etwas. Hatte schon damals Knochen und Schultern. Mit fünfzehn Jahren, in einem Alter, wenn sich andere Jungen erst nach einem Berufe umsehen, war ich schon erster Harpunier, liess in New-York auf meine Kunst bieten, harpunirte nicht unter 50 Dollar Fangprämie. Kurz, Geld verdiente ich wie Heu. Ich erwähne dies nur, damit Sie nicht glauben, ich bummelte in der Welt herum, weil ich nichts gelernt hätte. Ausserdem bin ich ein vermögender Mann. Nun, ich wollte noch mehr sehen als nur Eismeere und Schneefelder. So trieb ich mich in der ganzen Welt herum, bin ziemlich Alles gewesen, habe Kriege mitgemacht, mich auch sonst in allen Erdtheilen herumgeprügelt ....«

      Der Erzähler brannte die ausgegangene Pfeife wieder an und fuhr in demselben ruhigen Tone fort:

      »Einmal erinnerte ich mich, dass ich noch eine Heimath hatte, der ich Pflichten schuldig war. Ich ging nach Deutschland, stellte mich der Militärbehörde. Nein, man kannte mich nicht mehr. Heimathlos. — Heimathlos. — Ein schlimmes Wort. Ich hatte den Fluch selbst beschworen. Denn ein Fluch lastet auf mir. Rastlos wie der ewige Jude muss ich wandern, wandern, immer wandern. Ich muss, ich muss. Warum? Fragen Sie den Zigeuner, fragen Sie den Wandervogel nach dem Warum. Wenn mir die Kleider in Fetzen vom Leibe fallen, fühle ich mich am allerwohlsten. Keine Heimath, keine Hütte, keine Höhle, kein Nest. Kaum kann ich es noch unter einem Dache aushalten, in keinem Bette, dort auf der nackten Diele schlaf ich jede Nacht ..... —«

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