Ein moderner Lederstrumpf. Robert Kraft
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Название: Ein moderner Lederstrumpf

Автор: Robert Kraft

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754183892

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СКАЧАТЬ wieder ein Globe-Rad fahren?«

      »Ich werde mich hüten! Die Werkzeuge sammelten sich nach and nach zu einem halben Centner an, den ich mitschleppen musste, jeden Tag hatte ich fünf Stunden an der Jammermaschine zu doctorn. Doch was geht's mich an, wenn sie mit mir Reclame machen, ich halte mich nicht verpflichtet, dagegen zu eifern, und Thatsache ist es, dass ich nur die eine Maschine benutzt habe. Nein, ich habe in London noch ein Rad stehen, welches ich mir vor zwei Jahren selbst gebaut habe, das werde ich für's Erste gebrauchen.«

      Er sprach durchaus nicht immer so ernst, wie er aussah; manchmal recht humoristisch, nur dass sich sein Aeusseres nie dabei veränderte, dass er nie lachte.

      Munro öffnete das Fenster. Unten hielt ja noch seine Equipage.

      »Dick,« rief er hinab, »fahr nach Hause und packe die beiden Seekoffer reisefertig.«

      Dann wurden auch hier Landkarten ausgebreitet. 8500 Meilen sollten in kurze Strecken von Station zu Station eingetheilt werden. Es wurde Nacht, sie assen und arbeiteten bei Lampenlicht weiter. Sie waren erst im Lande der Mormonen am grossen Salzsee, und Starke wollte wenigstens noch bis nach San Francisco kommen, Munro erklärte, nicht mehr zu können; die Augen fielen ihm zu. Er legte sich gleich hier in's Bett, in diesem Zimmer, und als er am anderen Morgen ziemlich spät erwachte, sass Starke noch immer am Tisch neben dem offenen Fenster, im Coursbuche blätternd, schreibend und rauchend, und schon nach seiner geleisteten Arbeit konnte Munro beurtheilen, dass er nicht geschlafen hatte. Er schien keines Schlafes zu bedürfen.

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      4. Capitel.

       Der achte September.

      »Haben Sie etwas Verzollbares bei sich? Spitzen, Pretiosen, Spirituosen?«

      Unter dem scharfen Blicke des amerikanischen Zollbeamten erröthete Ellen bis in die Schläfen, sie wurde immer verlegener, konnte nur noch flüstern — gerade jetzt, da sie sich vorgenommen hatte, offen aufzutreten, und sie hatte ja auch gar nichts bei sich. Und nun erröthete sie.

      Erstens machte sie der Gedanke verlegen, dass jetzt die Augen aller Passagiere mit spöttischem Staunen auf sie gerichtet seien, denn Angesichts der Freiheitsstatue im New-Yorker Hafen präsentirte sie sich zum ersten Male in ihrem Weltreisecostüm, und zu diesem gehörten Hosen; denn sie benutzte ein Herrenrad, und Hosen hatte Ellen noch nie gegen den eleganten Radlerrock vertauscht gehabt.

      Der Spiegel in der Cabine, in welcher jetzt ihr Reisekleid dem zur Verfügung stand, der es zuerst fand, hatte ihr zwar gesagt, dass sie recht fesch in dem abenteuerlichen Herrencostüm aussah, in dem dunkelbraunen Lodenanzug, mit den hohen, gelben Schnürstiefeln, wie unter dem schottischen Mützchen die blonden Locken hervorquollen, ein frisches, edles Gesicht einrahmend; auch der Revolver im Futteral am Gürtel gab ihr etwas von ritterlicher Verwegenheit, der Tornister auf dem Rücken entstellte das ganze Bild auch nicht — ja, sie sah recht gut aus, aber sie hätte schon kaum gewagt, aus der Cabine herauszutreten, und als sie dann ihr Rad über Deck fuhr, und als sie einen Mann vor Staunen förmlich zurückprallen sah, da wünschte sie, schon in der einsamen Mongolensteppe zu sein. Ach, diese Hosen! Es war ein grässlicher Gedanke.

      Zweitens kam nun der Zollbeamte mit seinem durchdringenden Blick.

      Sie hatte schon genug davon gehört, sie fühlte sich bereits von fremden Händen ausgeschält. Jacke, Weste, Hose, Stiefel, Strümpfe aus, Alles aus bis auf's Hemd, ob sie nicht eine Leibbinde von Brüsseler Spitzen trüge, und wenn es auch Frauenhände waren, in einer abgeschlossenen Kammer, es war doch furchtbar — und es musste so kommen, denn sie erröthete ja immer mehr, obgleich sie doch gar nichts Verzollbares hatte.

      Aber Ellen irrte sich. Einmal hatten die Passagiere soviel mit ihren Koffern und mit sich selbst zu thun, dass sie das Mädchen im Männercostüm gar nicht beachteten, und dann wissen die Zollbeamten, dass gerade jene Damen und Jünglinge, welche gleich so erröthen und zittern, die allerunschuldigsten sind, die geben sich nicht mit Pascherei ab. Aber die, welche ein keckes Nein sagen und dreist den Blick erwidern, die haben sie schärfer im Auge, und überhaupt, diese Zollbeamten sehen, riechen und fühlen mehr als andere irdische Menschen, manchmal scheinen sie wirklich hellsehend zu sein.

      »Nein, ich habe wirklich nichts,« stammelte Ellen.

      »Ringe? Es ist nur ein Diamantring frei.«

      Gehorsam streckte Ellen die Hände aus. Die linke trug nur einen oxydirten Kupferring, der nicht einmal einen Australneger gereizt hätte, und für Ellen vertrat er die Visitenkarte. »Ellen Howard, London« war darauf eingravirt, falls man einmal eine Leiche, nach Jahren ein Skelett finden sollte. »Dieses neue Rad muss verzollt werden.«

      »Ich will — ich möchte — um die Erde fahren,« stotterte Ellen mit bittendem Blick und knöpfte das Jäckchen, auf, um den englischen Pass hervorzuholen.

      »Schon gut,« wehrte der Beamte ab, der nicht einmal das leiseste Staunen bei dieser Erklärung zeigte. »Schläuche auf — Schläuche auf, Schläuche auf!« drängte er, als seiner Aufforderung nicht gleich nachgekommen wurde.

      Ellen stützte sich auf das Rad, es zischte; sie sank etwas zusammen. Eine fremde Hand war es gewesen, welche die Ventile geöffnet hatte, eine braune, muskulöse Hand, die sich aus einem gelben Lederärmel hervorreckte. Nur wie im Nebel sah Ellen neben sich einen gelben Riesen stehen, der auch ein Rad bei sich hatte.

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      Der Beamte hob die Maschine etwas, wirbelte die Räder herum und brachte das Ohr in die Nähe der schlaffen Gummireifen. Denn was kann der intelligente Mensch nicht Alles in diese hineinpfropfen! Im Anfange, als die Pneumatics aufkamen, waren die vom Continent nach England gehenden regelmässig mit Tabak gepolstert, aber auch Schnaps wurde hineingepumpt, und das wurde im Grossen betrieben, bis die Zöllner eben dahinter kamen.

      Der Zollbeamte ging. Plötzlich stand neben dem Schnelldampfer ein grosses Haus. Wie es hierher kam, wusste Ellen nicht, da aber alle Passagiere hineingingen, wollte sie es auch thun. Halt, erst musste sie ja die Schläuche wieder aufpumpen. Ach, nun fing die Aufschnallerei mit der Rahmentasche an, und sie brachte die Schnalle immer nicht auf und nicht wieder zu, und die schreckliche Pumperei ....

      »Lassen Sie nur, Miss,« sagte der gelbe Mann neben ihr. Ellen sah ihn niederknieen, ein kleines, blankes Ding zog sich in seinen Händen meterlang aus, eins — zwei — voll waren die Reifen und die Ventilstöpsel wieder darauf.

      Ehe Ellen noch danken konnte, wurde sie fortgeschoben. Gott mochte wissen, wo sie sich eigentlich befand, sie nicht. Es war ein grosses Bureau.

      Fragen wurden gestellt, woher, wohin, ob sie verheirathet oder sonst schon einmal krank gewesen sei, ob sie auch lesen und schreiben könne.

      »Haben Sie denn einen Waffenpass?«

      »Nein, aber ich will eine Radfahrt um die Erde machen, und wenn ich ....«

      »Allright, allright, go on! Next one.«

      »Curt Starke, geboren zu Potsdam,« hörte die weitergeschobene Ellen hinter sich eine tiefe Stimme sagen.

      »Was, sind Sie schon wieder hier? Machen Sie, dass Sie fortkommen.«

      Mehr hörte Ellen nicht, und dann stand sie plötzlich mit ihrem Rade auf einer breiten, von Menschen und Fuhrwerken wimmelnden Strasse. Zunächst wäre sie bald überfahren worden, dann СКАЧАТЬ