Название: Ein moderner Lederstrumpf
Автор: Robert Kraft
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783754183892
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Ach, hätte er dies doch nicht gesagt! In anderer Weise wäre es ihm wahrscheinlich möglich gewesen, sie von ihrem Vorhaben abzuhalten.
»Ich könnte es nicht? Sie werden es sehen. Ich fahre übermorgen von Liverpool ab.«
Die Gefährlichkeit der Reise kam ihm erst jetzt richtig zum Bewusstsein, und er jammerte darüber.
»Sie wissen ja gar nicht, was Sie thun wollen! Und nun allein, mein Gott, allein!! Denken Sie doch nur an die Indianer, an die Thuys in Indien, an die Araber in Kleinasien, denken Sie an die Löwen, Tiger und Schlangen ......«
»Löwen giebt es auf meiner Tour nicht, und durch jenes prachtvolle Bild können Sie mich nicht bange machen. Ich werde beweisen, wie auch ein Weib mit etwas Courage und einem Revolver überall durchkommt.«
»Jawohl, aber Ueberschwemmungen, Tropenregen, Sonnengluth, Durst, Hunger, Fieber und Pestilenz, die sind nicht mit auf dem Bilde angegeben! Mein Gott, mein Gott! 8500 Meilen! Wissen Sie denn, eigentlich, wie viel das ist? Sehen Sie diesen langen Tisch, setzen Sie diesen acht und eine halbe Million mal zusammen, dann haben Sie 8500 Meilen.«
»Ich will keine Tische zusammensetzen, sondern ich will um die Erde in 300 Tagen radeln. Oder gut, setzen Sie die acht Millionen Tische aneinander, dann kann ich darauf fahren.«
Plötzlich verstummte der jammernde Baronet, steif blickte er sie an.
»Ellen, mir kommt ein Gedanke! Wenn Sie nun einmal darauf bestehen, so werde ich Sie wenigstens begleiten.«
Freudig schrak Ellen auf.
»Robin! Das wäre vortreff — — doch nein; ich darf ja Niemand zu meiner Begleitung auffordern — brauche ihn freilich auch nicht zurückzuweisen — nein, mein Herr, ich reflectire nicht auf Ihre Begleitung.«
Sie sagte es glücklächelnd — und da verdarb er wieder Alles.
»Ah, Sie meinen, ich werde noch in aller Schnelligkeit Radfahren lernen, um Ihnen Gesellschaft zu leisten? Nein, Miss Ellen, da irren Sie sich. Allerdings werde ich mich immer in Ihrer Nähe aufhalten, aber nur, um sofort zur Stelle zu sein, wenn Sie selbst aus Verdruss über Ihren Eigensinn Ihr Rad in Stücke schlagen, und dann werde ich Sie abermals fragen, ob Sie nun meine nicht mehr radelnde Frau werden wollen. Empfehle mich.«
Hinaus war er, und diesmal stand Ellen zur Statue erstarrt da.
»Das werden Sie nicht thun, Sir Munro!!« erklang es in etwas kreischendem Tone.
Es kam keine Antwort. Er war fort, war so von ihr gegangen! Die Statue wurde wieder lebendig, die schlanken Hände ballten sich zu kleinen Fäusten.
»Wenn er es thäte,« kam es keuchend über ihre Lippen, wenn er mich verlieren lassen will — und darauf kommt es ihm nur an — und er wird es thun — er will mich demüthigen — und eigensinnig hat er mich genannt — — das — das — kann ich ihm niemals verzeihen!«
Vielleicht bildete sie sich jetzt ein, ihn zu hassen; aber plötzlich warf sie sich laut anfschluchzend auf das Sopha, sie weinte bittere Thränen, und die Worte, welche sie schluchzte, zeugten eigentlich von keinem Hasse gegen ihn:
»Nun habe ich auch ihn verloren! Und das hat sie ja nur gewollt! Ach, mein Eigensinn, mein unglücklicher Eigensinn!«
Doch nicht lange währte ihre Verzweiflung. Es war eben ihr Trotz, welcher wieder siegte, jener herrliche, stolze, götterbezwingende Trotz — ohne den wir bekanntlich heutzutage noch keine Streichhölzchen hätten.
Als sie sich erhob, seufzte sie etwas, strich das Haar aus den Schläfen und kehrte zurück zu der Landkarte.
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3. Capitel.
Ein Weltenbummler.
Vor der Villa hielt Sir Munro's Equipage; auf dem Bocke sass der Rosselenker, ein Diener hielt den geöffneten Schlag.
»Hôtel Alexander,« sagte der Einsteigende, und auch der Diener stieg auf den Bock.
Wenn ein Diener auf den Bock klettert, so ist das von keiner grossen Bedeutung; aber dieser kleine, schmächtige Mahn in Livree kletterte nicht, sondern er stieg hinauf, und wie er es that, das war wenigstens merkwürdig. Er benutzte nämlich nicht die beiden Tritte, sondern er hob den einen Fuss, immer höher, bis in Kopfeshöhe, so setzte er ihn oben auf den Bock hinauf, und dann sass er selbst oben. Wer dies beobachtet hatte, und er wollte es zu Hause nachzumachen versuchen, der hätte gefunden, dass er es nicht fertig brachte.
Munro war so in Gedanken versunken, dass er nicht merkte, wie der Wagen schon das Hôtel erreicht hatte und wie es vor dem Portal von Menschen wimmelte, welche alle oben nach den Fenstern starrten. Erst als der Wagen hielt und der Diener den Schlag aufriss, erwachte er und sprang heraus.
Neben der Portierloge stand ein Garçon in der beliebten Kellnerstellung von unnachahmlicher Grazie: die Beine so breit als möglich, den Bauch herausgereckt, vor den Beinen die mit beiden Händen auseinander gespannte Serviette: — »Ich bin Ich, und was kann aus mir noch Alles werden!«
»Nicht wahr, in diesem Hôtel wohnt Mr. Stout, der Erdumradler?«
»Mr. Starke ist sein Name, Curt Starke, er will nicht anders genannt sein,« beeilte sich der Garçon zu sagen, nachdem er die Beine zusammengeklappt hatte. »Jawohl, er logirt hier, ich bin sein Zimmerkellner.«
»Anwesend? Ich möchte den Herrn sprechen.«
»Bedauere. Mr. Starke empfängt keinen Besuch. Es waren schon sehr viele da — äh — besonders auch — äh — sehr viele Damen. Mr. Starke empfängt Niemanden.«
»Na, probiren wir's mal. Sir Munro lässt um eine Unterredung bitten. Melden Sie es.«
Der Titel und die vor dem Portale haltende Equipage verfehlten ihre Wirkung nicht, der Kellner eilte, Munro folgte ihm langsam nach. Auf der Hälfte der ersten Treppe trafen sie wieder zusammen.
»Bedauere, äh,« der Ganymed tastete an seiner Halsbinde herum, »Eure Herrlichkeit — äh — sollten sich verkehrt aufhängen lassen, mit den Beinen nach oben. Verzeihung, aber das hat Mr. Starke wirklich gesagt.«
Es war trotzdem ein starkes Stück, dass der Kellner dies wiederholte. Dabei sah das Kerlchen gar nicht so dreist aus, vielmehr recht bescheiden. Doch dieser Baronet fühlte sich nicht erhaben über den anderen Pöbel; er lachte belustigt.
»Versuchen wir es auf eine andere Weise, bei dem gestrengen Herrn eine Audienz zu erhalten. Hier,« er entnahm der Brieftasche eine Visitenkarte, schrieb unter seinen Namen eine Zeile und gab dem Kellner die Karte, »bringen Sie ihm dies, und wirkt das nicht, dann brauche ich ihn auch nicht mehr zu sprechen.«
Wieder fühlte der Garçon an seiner Halsbinde herum.
»Bedauere. — Aeh, wenn ich noch einmal käme, dann wollte er — ich — mir meinen zarten Hals umdrehen. Das ist nicht etwa ein Witz von mir, das hat er wirklich gesagt.«
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