Название: Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen
Автор: Ludwig Bechstein
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742749215
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zu erteilen, und ist froh, wenn er in einem Tage herumkommt.
Dieses wundersame Schiff heißt der
Mannigfual. Insgeheim hält es seinen Kurs nur im
hohen Norden, im tiefsten Fahrwasser, denn sonst
könnte es in der Landnähe bald aufsitzen. Einstmals
wurde das Schiff dennoch südwärts getrieben, es befand
sich im Atlantischen Ozean und kam in den
Kanal zwischen Dover und Calais. Da war ihm das
Fahrwasser zu schmal, es füllte beinahe den Kanal
ganz aus, da hätten die Franzosen auf trocknem
Boden über das Schiff weg nach England spazierengehen
können. Da fiel dem Kapitän ein guter Gedanke
ein, er ließ die Backbordseite, nach Dover zu, ganz
mit weißer Seife bestreichen, das glückte, jetzt wisch-
te der Mannigfual glücklich durch die Meerenge und
kam in die Nordsee. Aber die abgescheuerte Seife und
der Schaum, den es gab, verliehen den Felsen der britischen
Küste bei Dover ihre weiße Farbe bis auf den
heutigen Tag.
Einst geriet der Mannigfual in die Ostsee, Gott
weiß wie. Da war das Wasser gar zu seicht. Die
Schiffsleute warfen ihren Ballast, Schlacken und
Asche über Bord, um das Schiff flott zu machen. Daraus
ist die Insel Bornholm entstanden, und aus dem
Unrat der Kabuse das dabeiliegende Inselchen Christiansoe.
171. Der Geldsot
In Süddithmarschen bei Marne rinnt eine helle Quelle
über die Marsch hin, die blinkt wie Silber. Nahe
dabei hat ein Dorf gestanden, das verheerte erst der
Moskowiterkrieg, nachher kam die Seuche, und da
starb es ganz aus bis auf einen einzigen Mann, das
war der Hirte, und der erbte nun all das Geld und Gut,
das die Verstorbenen hatten zurücklassen müssen,
doch half es ihm auch weiter nichts, denn er verließ
den Ort nicht. Er hatte aber seine Lust daran, alles zusammenzutragen,
und versenkte dann alles hinab in
den Quellbrunnen, und dann starb er und hinterließ
keine Erben. Es mochte es aber im Vorbeireisen doch
jemand gesehen haben, was der Hirte getan, denn die
Sache kam unter die Leute, und der Brunnen wurde
der Geldsot geheißen. Wenn einer mit einem Stocke
in den Quell hineinstieß, klang es hohl, und man
konnte bisweilen in der Tiefe den kleinen grauen
Mann sehen, wie er, einen schwarzen Hut auf dem
Kopf und ein brennendes Licht in der Hand, nachsieht,
ob der Schatz noch ganz vorhanden ist. Wollte
einer versuchen und hinabgreifen, so war der Hirte
verschwunden. Einstmals haben sich ihrer Dreie verbunden,
den Schatz zu heben, und haben die Quelle
weit aufgegraben, und da sind sie auf einen großen
Braukessel gestoßen, den konnten sie so nicht herausheben,
da legten sie einen Windebaum quer über das
Loch und banden Stricke an die Öhre und begannen
den Kessel in die Höhe zu winden, das taten sie aber
ganz stillschweigend, weil man beim Schatzheben ja
nicht reden darf. Mit einem Male hörten sie Räder rollen
und Achsen ächzen, und da fuhr ein Fuder Heu
vorbei, das zogen sechs weiße Mäuse. Aber keiner
von den Dreien verlor ein Wort, noch einen Laut, und
der Kessel rückte schon merklich höher. Da kam der
Mann mit dem dreieckichten Hute auf einem Schimmel
geritten, der nur drei Beine hatte. – Guten Abend!
sagte der Alte, aber die Drei waren klug und antworteten
nicht. – Könnt' ich wohl das Heufuder einholen?
fragte der Mann weiter, und da fuhr's dem einen heraus:
Den Teufel wirst du's einholen, du lahmer Krüppel
auf deinem lebendigen Dreibein! – O weh, da
brach die Winde, und der Kessel versank, und nimmermehr,
so viel ihrer es auch später wieder versucht
haben, hat einer vermocht, ihn zu heben.
172. Röwerlöwe
Der Dithmarschen Volk liebte von Urväterzeiten her
seine Freiheit über alles. Große Kämpfe hat es bestanden
und blutige Schlachten geschlagen, und viele
siegreich, bis es zuletzt noch überwunden ward. Aber
immer noch ist in ihm die Erinnerung an seinen alten
Ruhm lebendig, wie die Hoffnung auf seiner Freiheit
Wiederkehr.
Kaiser Karl der Große schon hatte mit den Dithmarschen
zu kämpfen. Nun lebte zu Windbergen ein
starker und tapferer Kampfheld, genannt Röwerlöwe,
der trat in des Kaisers Dienst, und Karl setzte ihn zu
einem Herrn über das Dithmarschenland und -volk als
einen Vogt, der die Unterjochten im Zaume halten
und zum Christentume СКАЧАТЬ