Название: Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen
Автор: Ludwig Bechstein
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742749215
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Tust du das nicht, so wirst du künftig wohnen in
einem goldnen Hause, das will ich dir zeigen morgen
des Tages. Nun frage aber auch Wolfram, wo denn
sein Himmel sei, den er dir verheißt. Er soll ihn dir
auch zeigen, so er das vermag. –
Das sagte Radbot andern Tages dem heiligen
Wolfram an und verhieß, er wolle ein Christ werden,
wenn der Friesen Gott ihm nicht das goldne Haus
zeige, Wolfram aber sagte, und wenn dem Herzoge
auch solches Haus gezeigt werde, so werde es ein
Gaukelspiel des Satans sein. – Da wurde nun ein
Friese erwählt für Radbot und ein Diakon für Wolfram,
die gingen aus zusammen, das Haus zu finden,
und alsbald gesellte sich ein Dritter zu ihnen als ein
Wegweiser. Sie kamen unvermerkt auf einen herrlichen
Weg, der war mit Marmor geplattet, und von
fern leuchtete ihnen das goldene Haus entgegen, herrlich
und voller Glast, und darin stand auch ein Thron
von Elfenbein mit Edelsteinen geziert und mit Purpur
ausgeschlagen. Und der Führer sprach zu dem Diakon
und zu dem Friesen: Sehet, das ist Herzog Radbots
ewiges Haus. – Und der Diakonus sprach: Ja, wenn
Gott es gebaut hat, so wird es ewig stehen, und schlug
ein Kreuz gegen das Haus: hui, da schwand es dahin,
und war ein stinkender Kothaufen, und der Marbelweg
war eine Sumpflache, und der Führer war der
Teufel selber, der verschwand mit Gestank und Zorngebrüll.
Schnell waren der Friese und der Diakon zum
Hause gelangt, aber drei Tage lang mußten sie mühsam
durch Binsen und Geröhrig schreiten, ehe sie die
Stadt des Herzogs wieder erreichten. Der Friese sagte
seine Botschaft an, und was er gesehen, und ließ sich
taufen. Sein Name hieß Sugomar. Und Herzog Radbot,
als er diese Mär vernommen, wollte sich auch
taufen lassen, und da er in das große steinerne Taufbecken
treten wollte und schon einen Fuß hineingestellt
hatte, fragte er, wo die Schar seiner Vorfahren
sich befinde, bei den Seligen im Himmel oder bei den
Teufeln in der Hölle. – Darauf antwortete der Bischof:
Wer nicht glaubet und getauft wird, der wird
nicht selig. – Da zog Radbot den Fuß wieder aus dem
Becken und sprach: Wo meine Voreltern sind, will
ich auch sein, bei meiner Magschaft und Sippschaft;
was soll ich allein im Paradiese bei den wenigen
Christenleuten? – Und ließ sich nicht taufen. Aber am
dritten Tage starb Herzog Radbot und fuhr hin zu seiner
Sippschaft und Magschaft.
Da der heilige Bonifazius zu den Friesen kam und
sie auch bekehren wollte, ließ wohl ein Teil sich taufen,
aber nachher erschlugen sie ihn samt seinen Gefährten
Adolar und Theoban und fielen wieder in das
Heidentum zurück.
162. Wittekinds Taufe
Kaiser Karl der Große war gar mildtätig gegen Arme
und Gaben Heischende, absonderlich an den großen
Festtagen, deshalb folgten ihm auch die Bettler in
Scharen nach. Da geschah es in einer Karwoche, daß
Wittekind, der Sachsen Heerführer, der zu Engern
saß, den Kaiser zu versuchen dachte, legte Bettlergewande
an, ging in Karls Lager, wollte auch der Franken
Heimlichkeit erkunden und setzte sich unter die
Schar der Bettler. Da nun der erste Ostertag angebrochen
war, wurde die heilige Messe gelesen, und wie
der Priester das Heiligtum emporhob, so erblickte
Wittekind durch ein göttliches Wunder in der Monstranz
ein Kind, so schön, wie er noch nie eines gesehen
hatte, und ward gegen das Kind voller Liebe.
Nach dem Messeopfer wurden den Bettlern Silberpfennige
ausgeteilt, und da wurde Wittekinds Heldengestalt
erkannt trotz seiner Verkleidung und er vor
Kaiser Karl geführt. Aber Karl empfing seinen großen
Gegner gütig und sprach mit ihm über den Christengott
und seinen Dienst, und Wittekind erzählte von
dem Kinde, das ihm vorgeschwebt. Darauf hat der
Sachsenheld die heilige Taufe willig angenommen
und hat auch veranlaßt, daß viele seiner ihm untergebenen
Fürsten und Führer sich taufen ließen, und Karl
der Große machte ihn zum Herzoge von Sachsen, Engern
und Westfalen und verwandelte das schwarze
springende Roß, welches der Sachsenheld in seinem
Schilde führte, in ein weißes.
163. Das Oldenburger Horn
Im heutigen Oldenburger Lande herrschte ein Graf,
des Namens Otto, der hatte große Lust am Jagen, und