Название: Textlinguistik
Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: narr studienbücher
isbn: 9783823301066
isbn:
Zusätzlich zur Multikodalität ist auch das Phänomen der MULTIMEDIALITÄTMultimedialität zu beachten, wenn es um den Textbegriff geht. Texte, die wir zunächst einmal relativ unproblematisch einer Textsorte zuordnen zu können glauben, wie die oben schon genannten Textsorten Brief1, Eintragung ins Gästebuch, Rezension, Lexikoneintrag oder Alltagsgespräch, begegnen uns auch als elektronische Fassung, unter derselben oder einer ähnlichen Textsortenbezeichnung: z.B. E-Mail, elektronisches Gästebuch, Rezension, Wikipedia-Text, Chat. Die Frage ist, ob wir bei den Verlagerungen aus einem nicht-elektronischen MediumMedium in ein elektronisches von derselben Textsorte reden können, die durch das andere Medium möglicherweise spezifiziert, aber nicht in ihrem Wesen beeinträchtigt ist, oder ob wir es mit neuen Textsorten, mit anderen Bedingungen und Wirkungsmöglichkeiten zu tun haben (siehe Kap. 16).
Die Frage stellt sich natürlich nicht nur und nicht in erster Linie bei den oben genannten Alltagstextsorten. Sie begegnet uns auch bei literarischen Texten2, z.B. bei der Verfilmung von Literatur. Ist die Verfilmung eines Märchens, um bei einer einfachen GattungGattung zu bleiben, ein Gattungswechsel, ein Medienwechsel, ein Kodewechsel oder das alles zusammen? Wie sind hier Abgrenzungen und Festlegungen möglich, wenn das überhaupt der Fall ist? Was ist bei einer solchen Abgrenzung zu gewinnen?
Die oben schon besprochene Kategorie INTERTEXTUALITÄTIntertextualität (1.3.5., siehe auch Kap. 7) ist ebenfalls ein aktuelles Problem für die Textlinguistik. Es geht nicht nur darum, dass die bekannten Klassifizierungsfragen (z.B. typologische und referenzielle Intertextualität) und die Frage ihrer analytischen Erhebbarkeit problematisch sind (Intertextualität als ein Phänomen des Textes oder der Rezeption?), sondern es zeigen sich auch neue Probleme. Neue Formen von Text-Text-Bezügen, die sich aus den elektronischen Möglichkeiten ergeben, stehen auf der Tagesordnung: Beispiel HypertextHypertext – ein holistischer Text, der als Verbund von digital gespeichertem Sprachtext mit Tonmaterial, mit Bildern, Filmen, Grafiken u.Ä., also mit Texten mehrerer Kodes, auftreten kann und dies in der Regel auch tut (vgl. Kap. 14). Hinzu kommen, durch die DiskursanalyseDiskursanalyse linguistischer Provenienz ins Blickfeld gerückt, kulturell geprägte Verbünde von Texten als TEXTSORTENNETZETextsortennetz (z.B. alle Texte um das Thema ‚Buch‘ – vom Klappentext über den Roman, das Motto, das Vor- oder Nachwort, die Rezension bis hin zu Buchwerbetexten, siehe 7.4.3) und SERIENSerie von Texten wie Fortsetzungstexte, Fassungen, Reihen, die sich nicht nur in der Literatur, sondern auch in der Presse und in der Werbung finden.
Zum Schluss ist auch noch der Ort der Präsentation eines Textexemplars zu nennen. Bisher hat die Textlinguistik dem Faktum, dass Texte als Exemplare einer Textsorte auch durch den Ort ihrer Veröffentlichung bestimmt werden, wenig Beachtung geschenkt. Es ist aber nicht von der Hand zu weisen, dass einige Textsorten wie z.B. Klappentext, Graffiti, Packungsbeilagen und Verkehrszeichen, sofern man letztere mit Beaugrande/Dressler (1981) als Text auffassen will, in ihrer Bedeutung und Funktion „ortsgebunden“ sind. Dem Phänomen wird sich die Textlinguistik noch zuwenden müssen.
In diesem Überblick wurde versucht, sowohl relativ gesichertes Wissen als auch neue Fragen und Perspektiven aufzuzeigen. Nur wenn man beides im Blick hat, wird man mit dem Problemkreis ‚Text‘ in der Vielfalt seiner Aspekte und Bezüge umgehen können.
Kommentierte Literaturtipps
Von den vorliegenden Handbüchern zur Textlinguistik sei vor allem Adamzik 2004 genannt. Darüber hinaus sind folgende Handbücher für folgende Zwecke verfügbar: für die Textgrammatik Gansel/Jürgens 22007, für die Textanalyse Brinker 62005 bzw. Brinker u.a. 82014, für die Text- und Stilanalyse Eroms 2007, Fix/Poethe/Yos 2001 und Sandig 22006, letzteres eine Arbeit, die über den Handbuch- und Einführungscharakter weit hinausgeht. Wer sich für GesprächeGespräch und die Klassifizierung von Gesprächen interessiert, findet Aufschluss in Brinker u.a. 2001. Genaueres zum Thema ‚Textnetze‘ und ‚Textverbünde‘ kann man u.a. bei Adamzik 2001a, 2004 oder Klein 2000 nachlesen (vgl. auch Kap. 6 und 7). Dort finden sich auch ausführliche Beispiele. Zu den Textualitätskriterien vgl. einführend den knappen Überblick in Adamzik 2004: 47f. und ausführlicher in Sandig 2006 das Kapitel „Stil im Text“ (vor allem die Seiten 309ff.).
Seit 2008 sind zudem eine ganze Reihe neuer Studienbücher (z.B. Krieg-Holz/Bülow 2016, Hoffmann 2017) und Handbücher zum Thema erschienen (z.B. Habscheid 2011, Birkner/Janich 2018).
2 Text und DiskurslinguistikDiskurslinguistik
Ingo H. Warnke
2.1 DiskursDiskurs als textübergreifende Struktur
2.2 Richtungen und Akzentuierungen der Diskurslinguistik
2.2.1 Textualistische und epistemologische Diskurslinguistik
2.2.2 Diskurslinguistik nach Foucault
2.2.3 AkteureAkteur, Wissen, Macht
2.3 Gegenstandsbereiche der Diskurslinguistik
2.3.1 Unterspezifiziertheit und Übergeneriertheit
2.3.2 DiskursdimensionenDiskursdimension
2.4 Methoden der Diskurslinguistik
2.4.1 Intratextuelle Ebene nach DIMEAN
2.4.2 Diskurshandlungen nach DIMEAN
2.4.3 Transtextuelle Ebene nach DIMEAN
2.4.4 Layout der Diskurslinguistischen Mehr-Ebenen-Analyse DIMEAN
2.1 Diskurs als textübergreifende Struktur
Die in Kap. 1 diskutierte Erweiterung von Gegenstandsbereichen der traditionellen Linguistik in der Textlinguistik entspricht der Frage nach Kontexten. So wie ein Morphem als Kontext eines Phonems verstanden werden kann, kann ein Wort als Kontext eines Morphems aufgefasst werden. Diese Konstituentenstruktur der Sprache, bei der jeweils kleinere Elemente Teil von größeren Einheiten sind, lässt sich bis zum Text fortdenken. Denn Sätze sind keine so genannten terminalen Einheiten, sie sind wiederum kontextualisiert: in Texten. Wir können sogar sagen, dass Texte alltagstypische Rahmenkonstrukte von Sätzen sind. So erhalten wir – stark vereinfacht – ein Modell des hierarchischen Konstituentensystems sprachlicher Einheiten:
[ Text [ Satz [ Wort [ Morphem [ Phonem ] ] ] ] ]
Dieser strukturelle Aufbau ist einer der Gründe für die Komplexität von textlinguistischen Analysen. Texte sind keine unabhängigen Einheiten, sondern umfassen eine Reihe selbst wiederum recht komplexer linguistischer Formen und Funktionen.
Denken wir diesen Aufbau weiter, so können wir fragen, ob mit dem Text die größte linguistisch zu beschreibende Einheit der Sprache СКАЧАТЬ