Название: Textlinguistik
Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: narr studienbücher
isbn: 9783823301066
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1.3.3 Text und Handeln
Die Betrachtungen von Text und Syntax, Text und Semantik oder Text und Thema, wie sie bis jetzt angesprochen wurden, reichen nicht aus, um das Wesen des Textes zu erfassen. Es legt sich ein weiterer Ring um den „transphrastischentransphrastisch Kern“ und den Ring semantisch-thematischen Wissens. Grund für diese Erweiterung des Blickwinkels ist die oben schon angesprochene Einsicht, dass der Text eine Einheit sui generis mit eigenen, von den Regeln des Satzes unterschiedenen Regularitäten ist und dass unter diesen Umständen eine nur textinterne Betrachtung nicht genügen kann. Wenn Texte in HandlungenHandlungAnschlusshandlungHandlungDiskurshandlungHandlungHerstellungshandlungHandlungSprachhandlungHandlungTexthandlungHandlung eingebettet bzw. an ihnen beteiligt sind, müssen sie als Element des Handelns auch unter dem Gesichtspunkt ihrer Produktion und Rezeption betrachtet werden. Im Handlungszusammenhang spielen daher die Kriterien INTENTIONALITÄTIntentionalität, SITUATIONALITÄTSituationalität, INFORMATIVITÄTInformativität und AKZEPTABILITÄTAkzeptabilität (s.o.) eine wichtige Rolle.
INTENTIONALITÄT bezieht sich auf die Absicht des Textproduzenten, einen kohäsiven und kohärenten Text mit einer Funktion herzustellen.
SITUATIONALITÄT ist das Kriterium, das sich auf die „Außen-Faktoren“, auf die Situation bezieht, in der mit dem Text gehandelt wird. Zugleich wird – umgekehrt – hier der Blick auch auf die Textelemente gerichtet, die die Situation sprachlich verdeutlichen.
INFORMATIVITÄT betrifft die durch den Kontext bestimmte „Erwartetheit bzw. Unerwartetheit, Bekanntheit bzw. Unbekanntheit/Ungewissheit“ (Beaugrande/Dressler 1981: 10f.) sowie „Wahrscheinlichkeit bzw. Unwahrscheinlichkeit“ der durch den Text vermittelten Informationen (ebd.: 146f.). Dass dies eine von den anderen textexternen Kriterien abhängige und daher nicht leicht bestimmbare Größe ist, wird einleuchten.
Mit diesen Kriterien und dem von ihnen eröffneten Blickwinkel hat man die rein textinterne Perspektive (bestimmt durch KohäsionKohäsion und KohärenzKohärenz) aufgegeben und richtet den Blick zusätzlich auf Textexterna. Über Textstrukturen, -themata und -funktionenTextfunktion hinaus betrachtet man nun die Zweckgerichtetheit der sprachlich-kommunikativen Handlungen, die Rolle, die Sender und Empfänger gemeinsam bei der Textkonstitution haben, und den sozialen Aspekt, der sich daraus ergibt, dass zwei oder mehr Individuen mithilfe von Texten und auf der Grundlage gemeinsamer Konventionen kooperieren. Kommunikativ-pragmatische Prinzipien (Situationalität, Intentionalität, adressatenbezogene Informativität und senderbezogene Akzeptabilität) auf der einen und spezifische, nicht vom Sender abhängige Textkonventionen (Textregularitäten, TextmusterTextmuster, TextklassenTextklasse, siehe Kap. 6) auf der anderen Seite stehen jetzt im Vordergrund. Sowohl dem handlungstheoretischen Konzept der SprechakttheorieSprechakttheorie (siehe 5.2.2) wie der kognitionspsychologisch begründeten Tätigkeitstheorie, die beide in diesen Kontext gehören, liegt die Auffassung zugrunde, dass Sprache nur im Zusammenhang des Handelns – des sprachlichen und des nicht-sprachlichen – angemessen beschrieben werden kann. Man hat davon auszugehen, dass Texte immer von jemandem für jemanden mit einer bestimmten Intention gemacht werden und dass das „Leben“ der Texte davon abhängt, ob jemand sie als eine intentional auf eine bestimmte Wirkung hin verfasste Mitteilung rezipiert und ihnen Sinn gibt. Andernfalls bleiben sie unabgeschlossene Entitäten. Bezüge zu literaturwissenschaftlichen Kategorien wie ‚Lesarten‘, ‚offener Text‘ und ‚Rezeptionsästhetik‘ lassen sich hier denken1Sprechakttheorie.
1.3.4 Text und Kognition
Bei jeder der bisher vorgestellten Textauffassungen – Textoberflächenbeziehungen, thematisch-semantische Einheit, Handlungszusammenhang – hat sich die Perspektive auf Texte erweitert. Eine außerdem notwendige Erweiterung besteht in der Einbeziehung kognitiver Prozesse, die an der sprachlichen Tätigkeit beteiligt sind. Der Sender greift beim Herstellen und Verstehen von Äußerungen auf bestimmte mentale Voraussetzungen zurück. Er bezieht sich auf seine Wissens- und Erfahrungsbestände und geht mit den aus der zurückliegenden kommunikativen Praxis gewonnenen Erwartungen an Künftiges heran. Die Organisation solcher Wissensbestände wird von verschiedenen Ansätzen aus beschrieben. Ein semasiologischer, sich auf Erkenntnisse der kognitiven Psychologie beziehender Ansatz geht aus von der Existenz semantischer Felder. Unser Gedächtnis speichert begriffliches Wissen nicht in isolierten Einheiten, sondern in KERNKONZEPTEN. Zu einem solch umfassenden, integrierenden Kernkonzept, das Agricola u.a. (1987) als Oberbegriff von mittlerem Abstraktionsgrad auffassen, gehört als grundlegende Struktureinheit ein SEMANTISCHES FELDFeld, semantisches, das aus einer Menge einander naher Lexembedeutungen besteht. Das semantische Feld für alles, was z.B. unter den Oberbegriff Reise mit allen zugehörigen Substantiven, Verben, Adjektiven gehört, ist dem Sprachteilnehmer mehr oder weniger vollständig bekannt und kann zu Assoziationen bzw. in Texten zu Vernetzungen führen, also Textkohärenz und Sinnangebote herstellen.
Auch mit FRAMESFrame bzw. SCHEMATASchema (begrifflichen Zusammenhängen: Institutionen, Vorgänge, Gegenstände, Personen, Zustände, z.B. im Bereich des Reisens) und SCRIPTSScript (Handlungsabläufe im Kontext des Reisens) werden konzeptuelle Teilsysteme unseres Wissens erfasst. Der Unterschied zum Ansatz der semantischen Felder ist darin zu sehen, dass nicht mehr sprachlich fixierte Begriffe die Ausgangsposition für ein solches globales Muster bilden, sondern typische Zusammenhänge, wie sie als in der Realität existent in unserem Bewusstsein fixiert sind. Nicht das sprachliche Zeichen ist hier also der Ansatzpunkt, sondern die Strukturen sind es, in denen Ausschnitte der Wirklichkeit in unserem Gedächtnis fixiert sind. Sie repräsentieren typisierte Situationen, Objekte, Zustände und Prozesse. Die Informationen, die solche globalen Muster bereithalten, sind von unterschiedlichem Abstraktionsgrad, unterschiedlich komplex und auch erweiterbar, d.h., sie lassen einen dynamischen Umgang zu. Die Kenntnis solcher Zusammenhänge ist sowohl für das TextverstehenTextverstehen, für dessen Beschreibung sie herauspräpariert wurden, als auch für das Herstellen von Texten relevant (siehe Teil III dieser Einführung). Der Textzusammenhang kann nur über die außersprachliche Instanz ‚WeltwissenWeltwissen‘ hergestellt werden. In der Kenntnis von FramesFrame und ScriptsScript geht man mit bestimmten Erwartungen an Texte heran, und man hört oder liest dann auch mit den Erwartungen des jeweiligen Frame oder Script und nimmt nur auf, was in dieses Frame oder Script passt. Wie sieht die Erwartung an künstlerische Texte aus? Zum Beispiel so, dass unsere Erwartungen von einem spezifischen Ausschnitt von Weltwissen bestimmt sind, nämlich dem, dass es so etwas wie Literatur gibt, dass solche Texte anders als andere gelesen werden müssen, dass den Lesern in ihr andere Welten begegnen als im alltäglichen Leben.
1.3.5 Text und IntertextualitätIntertextualität
INTERTEXTUALITÄT, das letzte der von Beaugrande/Dressler angeführten Kriterien, bezieht sich auf die allgemeine Tatsache, dass Texte mit anderen Texten in Verbindung stehen, wobei die Autoren ihr Augenmerk primär auf die Beziehungen richten, die zwischen Einzeltexten und den Textsorten, zu denen sie gehören, bestehen. So sind alle Textexemplare über das Muster der Textsorte, in der sie realisiert sind, miteinander verbunden. Das scheint eine triviale Erkenntnis zu sein. Wenn man es allerdings mit Texten zu tun hat, die dem Muster nicht mehr zweifelsfrei folgen, weil der Autor TextmusterTextmuster miteinander mischt (z.B. politischer Protest als Todesanzeige formuliert), wird deutlich, dass diese СКАЧАТЬ