Название: Übersetzungstheorien
Автор: Radegundis Stolze
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: narr studienbücher
isbn: 9783823300878
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Dabei wird die allen Menschen eigene Vernunft als eine Quelle der ErkenntnisErkenntnis angenommen. Dieses Universalitätsaxiom der Vernunft bewirkt eine überindividuelle Geltung der SpracheSprache, weil diese aufgrund ihrer natürlichen Transparenz für die Vernunft selbst auch vernünftig und allgemein sein muss. Die dem Zeitalter der Aufklärung eigene Vorstellung allgemeiner logischer Formen, die womöglich allen Sprachen zugrunde liegen, legt das Konzept einer vernunftbasierten Universalsprache nahe. Diese BedeutungBedeutung wurde im Mittelalter der lateinischen Sprache beigemessen, und deren Vorrangstellung zunächst in Kirchenkreisen wurde dann auch auf die Wissenschaften der frühen Neuzeit übertragen. Latein war bis ins 16./17. Jh. die internationale Wissenschaftssprache. René DESCARTES hat sich mit dem Projekt einer „Universalsprache“ als künstlicher Weltsprache beschäftigt.1
Die im Geiste des französischen Rationalismus 1660 verfasste „GrammatikGrammatik von Port-Royal“ basiert auf dem Konzept allgemeiner logischer Formen.2 Diese allgemeine und theoretisch-kritische Grammatik von A. ARNAULD und E. LANCELOT versuchte auf der Basis von Griechisch, Latein und Französisch Kategorien zu entwickeln, die für alle Sprachen Gültigkeit haben. Die SpracheSprache ist bestimmt von ihrer instrumentalen Funktion, den Gedanken Ausdruck zu geben. Sie ist ein Zeichensystem, das so aufgebaut ist, wie es diesem Zweck am meisten entspricht.
3.2 Zeichentheorien und Funktionen der SpracheSprache
Die logische Betrachtung der SpracheSprache als ein Zeichensystem hat im 20. Jahrhundert die moderne SprachwissenschaftSprachwissenschafts. Linguistik hervorgebracht. Als systematische Beschreibung einzelner Sprachen gewinnt sie ihren Gegenstand nur mittelbar aus der Abstraktion der empirisch beobachtbaren Sprachäußerungen. Weichensteller war hier Ferdinand de SAUSSURES Cours de linguistique générale (1916).1Saussure Forschungsgegenstand war für ihn nicht die menschliche RedeRedes. parole in ihrer Gesamtheit (langage), denn die erschien ihm als „ein wirrer Haufe verschiedenartiger Dinge, die unter sich durch kein Band verknüpft sind“ (1967:10).
Er unterschied zwei Ebenen der Betrachtung: Objekt der SprachwissenschaftSprachwissenschafts. Linguistik ist das SprachsystemSprachsystem (languelangues. Sprachsystem) als abstraktes Inventar von Sprachzeichen und grammatischem Regelsystem zu deren Verknüpfung, das als soziales Faktum den Individuen zur Verfügung steht. Empirisch beobachtbar sind allerdings nur die tatsächlichen Sprachäußerungen, die RedeRedes. parole (paroleparoles. Rede, Äußerung). Es entstanden einige Grundbegriffe, die seither in der SprachwissenschaftSprachwissenschafts. Linguistik ständig wiederkehren, und auch viele Übersetzungstheorien verwenden sie oder berufen sich darauf. Um eine Verständnisbasis zu schaffen, werden sie im Folgenden kurz skizziert.
Bei der wissenschaftlichen Beschreibung von Sprache lassen sich verschiedene Perspektiven anwenden, und entsprechend sind auch die Ergebnisse verschieden. Zunächst kann man nach der Beschaffenheit der Wörter fragen. Die Wörter einer SpracheSprache sind Zeichen, die sich auf einen Gegenstand oder Sachverhalt in der realen Welt beziehen. Nach SAUSSURESaussure (1967:76ff) besteht jedes Sprachzeichen aus den zwei Aspekten AusdruckAusdruck/InhaltInhalt, also aus einem materiellen (lautlich oder graphisch realisierten) Zeichenkörper oder Signifikanten (signifiant) und dem Zeicheninhalt, dem begrifflichen Konzept als Signifikat (signifié). Die Verbindung eines Lautbildes mit einer Vorstellung ist untrennbar – wie Vorder- und Rückseite eines Blatts Papier. Dieses statische Modell geht von der stabilen Zusammengehörigkeit einer Benennung und einer Inhaltsvorstellung aus, weshalb eine Auflösung dieser Verbindung den Zeichencharakter zerstören würde.
Präzisiert wurde die BedeutungBedeutung eines Zeichens andererseits mit Blick auf die Kommunikationssituation durch das semiotische Dreieck von OGDENOgden/Richards/RICHARDS von 19232Ogden/Richards. Ein Zeichen (Signifikant, Wort) in seiner Gestalt symbolisiert den außersprachlichen ReferentenGemeinte (Wirklichkeit, Gemeintes) nur indirekt über das Konzept (Bedeutung, Signifikat) der gedanklichen Vorstellung als dem Zeicheninhalt:
Sprachliche Ausdrücke lassen sich also nur über ihr begriffliches Konzept, ihre BedeutungBedeutung, auf die Wirklichkeit beziehen (SpracheSprache als KommunikationsinstrumentKommunikationsinstrument); sie gewähren keinen direkten Zugang zu den Sachen selbst. Nach diesem dynamischen, einen Prozess darstellenden Modell lässt sich die Bedeutung eines Zeichens – anders als bei SAUSSURESaussure – nur erfassen, wenn es von einem Sprecher benutzt wird, um damit auf einen Gegenstand der außersprachlichen Wirklichkeit hinzuweisen (Bezeichnungsfunktion). Die Zuordnung vom Zeichen zum Gemeinten geschieht erst durch den Zeichenbenutzer (Sprecher mit Gedanken), was durch die unterbrochene Linie im Modell graphisch dargestellt wird.
Und auch für den Hörer steht das Zeichen nicht einfach statisch „für etwas“, sondern es ist eine Bezugsgröße (vgl. die Denktradition von PEIRCEPeirce3Peirce): Erst durch Erkennen und VerstehenVerstehen (Interpretation) der in ihm wirksamen Relationen wird das Sprachzeichen vom EmpfängerEmpfänger konstituiert und gewinnt ‘Bedeutung’: „Nichts ist ein Zeichen, wenn es nicht als Zeichen interpretiert wird“ (PEIRCE).
Eine grundlegende Eigenschaft sprachlicher Zeichen ist deren ArbitraritätArbitrarität: Zwischen dem Bezeichnenden (Signifikant, Zeichen, SymbolSymbols. Zeichen) und dem Bezeichneten (Signifikat, BegriffBegriff, Gedanke) besteht eine beliebige, nicht naturnotwendige oder abbildende, sondern konventionell festgelegte Beziehung.
Die Sprachzeichen selbst sind im Wortlaut nicht von der zu bezeichnenden Sache her bedingt. Die SONNE, auf dt. Sonne, engl. sun, franz. soleil, ital. sole bezeichnet, deren göttliches Wesen bei den Indern als Surja, bei den Sumerern als Utu, bei den Babyloniern als Schamasch, den Ägyptern als Re, den Griechen als Helios, den Römern als Sol, den Azteken als Tonatiuh, den Inka als Inti und den Japanern als Amaterasu verehrt wurde und wird, hat schon immer die Neugier des Menschen geweckt (DE, 10.11.95).
ArbitraritätArbitrarität bedeutet freilich nicht, dass der Einzelne nach freier Wahl bei der Konstruktion sprachlicher Ausdrücke verfahren könnte. In der sozialen KommunikationKommunikation erfährt er vielmehr den Zusammenhang zwischen Zeichen und BedeutungBedeutung als eine gewohnheitsmäßige, konventionelle Verbindung.
In einer weiteren Perspektive auf die Funktion der Zeichen in der RedeRedes. parole zielt schließlich Karl BÜHLERS Organon-ModellOrganon-Modell der SpracheSprache (1934:28):
Das Sprachzeichen (Z) steht in einem dreifachen Verhältnis zu seiner Umgebung, genauer gesagt, es „funktioniert als Zeichen“ gerade durch dieses dreifache Verhältnis. Die drei Relationen sind der Sprecher, der es äußert (SenderSenders. Autor, Produzent), der Hörer, der es aufnimmt (EmpfängerEmpfänger), und die Gegenstände und Sachverhalte, die es benennt (Referent). So steht ein Zeichen in Bezug auf die Wirklichkeit in der Funktion der BezeichnungBezeichnung (Symbolfunktion), in Bezug auf den Sprecher soll es dessen Status kundtun in der Funktion des Ausdrucks (Symptomfunktion), in Bezug auf den Hörer, bei dem es eine Reaktion bewirken soll, hat es die Funktion des Appells (Signalfunktion).
BÜHLERS drei Sprachfunktionen werden von Roman JAKOBSONJakobson (1960) noch um drei weitere ergänzt. Er unterscheidet als Funktionen der Sprache in der Kommunikation: 1) Mitteilung: in der Bezeichnungsfunktion sendet der Sprecher eine Mitteilung an den Empfänger, 2) Kontext: СКАЧАТЬ