Übersetzungstheorien. Radegundis Stolze
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Название: Übersetzungstheorien

Автор: Radegundis Stolze

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823300878

isbn:

СКАЧАТЬ wie z.B. esprit, patrie, charme; cereals, gentleman, fairness; Sehnsucht, Gemütlichkeit, Weltschmerz, Innerlichkeit, Tüchtigkeit, Gestalt usw.

      Die Unterschiede im System der Verwandtschaftsbezeichnungen und Farbskalen, von Naturerscheinungen (Schnee, Wüstenformen) usw. Die unterschiedliche Wahrnehmung und Frequenz der Wörter ergibt sich aus der verschiedenen geographischen Lage.

      Die Existenz von Wortfeldern: Ein Einzelwort gewinnt seine inhaltliche Bestimmtheit erst in der Struktur eines ganzen Wortfeldes. So ist mangelhaft in einer viergliedrigen Skala (mangelhaft – genügend – gut – sehr gut) etwas anderes als in einer sechsgliedrigen Skala (ungenügend – mangelhaft – ausreichend – befriedigend – gut – sehr gut). Der Wortschatz einer SpracheSprache ist in solche Wortfelder gegliedert. Einzelne Wörter sind kaum vergleichbar, weil ihr Stellenwert in den einzelsprachlichen Wortfeldern je verschieden ist (vgl. WEISGERBERWeisgerber 1950:68).

      Die unterschiedlichen Konnotationsbereiche: der Franzose verbindet mit dem Wort escargot die Vorstellung einer Delikatesse, während der Deutsche bei Schnecke eher an ein unappetitliches schleimiges Lebewesen denkt. Oder: Für die Franzosen ist pain ein knuspriges Weißbrot, für die Deutschen ist Brot häufig ein dunkler Vollkornlaib.

      Die zutiefst menschliche Erfahrung von LEID wird in verschiedenen Sprachen mit völlig unterschiedlichen Zeichen benannt, die auch formal nicht aufeinander bezogen werden können:

      d. Leid, Kummer, Schmerz

      e. sorrow, grief, harm

      f. peine, affliction

      i. pena, dolore

      DenkenDenken und Reden werden also gleichgesetzt. Jene geistige „Zwischenwelt“ zwischen Mensch und Außenwelt hat sprachlichen Charakter, und sie vermittelt den Angehörigen der Sprachgemeinschaft das „WeltbildWeltbild der MutterspracheMuttersprache“. Das Zusammenspiel von kulturbedingter Wirklichkeitserfassung und SprachgebrauchSprachgebrauch zeigt sich besonders deutlich in Bereichen des menschlichen Lebens, wie es schon SCHLEIERMACHERSchleiermacher im Gegensatz zu den äußeren Dingen festgestellt hatte (s. Kap 2.2). Mehrsprachige Vergleiche in diesem Sinne hat Mario WANDRUSZKAWandruszka vorgelegt, dessen Bücher bezeichnende Titel haben, wie zum Beispiel: „Das Leben der Sprachen“3Wandruszka.

      WANDRUSZKAWandruszka unterscheidet durch den Vergleich vorliegender Übersetzungen für Gefühlsbezeichnungen, wie Hunger, Angst, Schmerz, Lust, Freude, Glück usw., wie diese Gefühle in den verschiedenen SprachenSprache ausgedrückt werden:

      „Für die Römer war anxius, später anxiosus ‘angsterfüllt, beunruhigt’. Im Spanischen, im Italienischen aber kann ansioso, im Englischen anxious bald ‘angstvoll’, bald ‘begierig’ sein. (…) Diese Wanderung des Wortes von ‘angstvoll’ bis zu ‘begierig’, – und oft zu einem gesellschaftlich formelhaften, liebenswürdig bemühten ‘begierig’, ‘bestrebt’ –, bezeigt uns die DynamikDynamik des menschlichen Sprechtriebs, des spontanen Denkens in Metaphern und Metonymien, des impulsiven Sprechens und Gesprächs, die von SpracheSprache zu Sprache zu anderen Ergebnissen geführt haben. So kann anxiety, weit entfernt von jeder Beklemmungsangst, die Sorge, das Bemühen sein. Im Italienischen aber bedeutet erst recht ansia und ansietà, im Spanischen ansia und ansiedad bald Beklemmung, Angst, bald Unruhe, Ungeduld, bald Begierde, Sehnsucht!“ (WANDRUSZKAWandruszka 1984:44/45).

      2.4 Das linguistische RelativitätsprinzipRelativitätsprinzip (Sapir/WhorfWhorfSapir/Whorf-Hypothese)

      Die Gleichsetzung von DenkenDenken und Reden und die These der mehr oder minder totalen Determiniertheit der Wirklichkeitserfassung durch die Struktur der SpracheSprache(n) ist Gegenstand des „linguistischen Relativitätsprinzips“, wie es BenjaminBenjamin Lee WHORFWhorf 1956 formuliert hat1Whorf:

      Aus der Tatsache der Strukturverschiedenheit der Sprachen folgt, was ich das „linguistische RelativitätsprinzipRelativitätsprinzip“ genannt habe. Es besagt, grob gesprochen, folgendes: Menschen, die Sprachen mit sehr verschiedenen Grammatiken benützen, werden durch diese Grammatiken zu typisch verschiedenen Beobachtungen und verschiedenen Bewertungen äußerlich ähnlicher Beobachtungen geführt. Sie sind daher als Beobachter einander nicht äquivalent, sondern gelangen zu irgendwie verschiedenen Ansichten von der Welt. (…) So geht zum Beispiel die Weltansicht der modernen Naturwissenschaft aus der höher spezialisierten Anwendung der grundlegenden GrammatikGrammatik der westlichen indoeuropäischen Sprachen hervor (1963:20f).

      Um seine These einer Kausalrelation zwischen grammatischer Struktur und WeltbildWeltbild zu belegen, kontrastiert WHORFWhorf Sprach- und Denkstrukturen der Hopi-Indianer in Arizona und der Azteken in Mexiko mit dem Englischen, das er als Hauptbeispiel der „SAE-Sprachen“ (Standard Average European) bezeichnet. Dabei glaubte er – insbesondere hinsichtlich der Raum-Zeit-Auffassungen – grundlegende Unterschiede feststellen zu können. In seiner Sicht der Dinge wurde WHORF von Edward SAPIR, seinem Lehrer an der Universität Yale, unterstützt.

      Die Grundthese hat SAPIR so ausgedrückt: „No two languages are ever sufficiently similar to be considered as representing the same social reality. The worlds in which different societies live are distinct worlds, not merely the same world with different labels.“2

      Deshalb hat sich für den BegriffBegriff des linguistischen Relativitätsprinzips auch die BezeichnungBezeichnung „Sapir/WhorfSapir/Whorf-Hypothese“ durchgesetzt. Keine zwei Sprachen und keine zwei Kulturen seien ähnlich genug, um dieselbe Wirklichkeit abzubilden. Mit dieser Hypothese hat sich die SprachwissenschaftSprachwissenschafts. Linguistik eingehend auseinandergesetzt, jedoch liegen bis heute kaum Untersuchungen vor, die das RelativitätsprinzipRelativitätsprinzip umfassend untermauert hätten.

      Als direkte Konsequenz aus dem linguistischen RelativitätsprinzipRelativitätsprinzip folgt das Axiom, dass Sprachen ihrem Wesen nach unübersetzbar seien. Jede Übersetzung würde die sprachlichen Inhalte einer MutterspracheMuttersprache in solche einer anderen Muttersprache transponieren, die beide ja unterschiedliche geistige Zwischenwelten darstellen. Entscheidend ist hier, dass allein die Sprachen mit ihren Wortinhalten und ihrer GrammatikGrammatik in den Blick genommen werden. Während HUMBOLDTHumboldt aus sprachphilosophischen Gründen alles ÜbersetzenÜbersetzen für unmöglich hielt, sahen andere, wie z.B. Mario WANDRUSZKAWandruszka, noch eine gewisse Möglichkeit der Übertragung durch den „Geist der SpracheSprache“. Jene relativistische Auffassung ist weit verbreitet. Wenn aber Sprachen als direkter AusdruckAusdruck einer KulturKultur, einer nationalen Eigentümlichkeit gesehen werden, dann können fremde Texte immer nur annähernd übertragen werden. Die „UnübersetzbarkeitUnübersetzbarkeit“ eines fremden Weltbildes sperrt fremdsprachige Texte gegen eine Aneignung.

      2.5 Formbetontes ÜbersetzenÜbersetzen (BenjaminBenjamin)

      Die Auffassung des Verfremdens im Übersetzen (s. Kap. 2.2) findet sich auch bei Walter BENJAMINBenjamin (1892–1940), der sich in dem Aufsatz „Die Aufgabe des Übersetzers“1Störig 1923 als Dichter gleichfalls zur Übersetzung des literarischen Kunstwerks geäußert hat. Er geht von der Existenz einer reinen Sprache vor dem babylonischen Sündenfall aus und betont die Selbstgeltung des Kunstwerks, völlig unabhängig von dessen RezeptionRezeption: „Denn kein Gedicht gilt dem LeserLesers. Empfänger, kein Bild dem Beschauer, keine Symphonie der Hörerschaft“ (ebd.:156). Und dabei ist die Gestalt das wichtigste, die MitteilungMitteilung des Textes eher nebensächlich.

      BENJAMINS Sprach- und ÜbersetzungstheorieÜbersetzungstheorie liegt der Gedanke zu Grunde, dass das mimetische (abbildende) Prinzip für die СКАЧАТЬ