Sprachendidaktik. Johannes Wild
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Название: Sprachendidaktik

Автор: Johannes Wild

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823301394

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СКАЧАТЬ nicht, wenn man sich bewusstmacht, dass die Valenz auch bei auf den ersten Blick identischen Verben durchaus schwanken kann, in Abhängigkeit vom Satzkontext oder von der jeweiligen Bedeutung des Verbs. Beispielhaft lässt sich dies am Verb geben illustrieren, das in der Grundbedeutung 3-wertig ist. Verwendet man das Verb jedoch im Sinne von Spenden geben, ist es 2-wertig. Im Kontext Kartenspielen (wir bevorzugen hier das bayerische Kartenspiel Schafkopfen) ist es dagegen 1-wertig:

       Michelle gibt dem Lehrer ihre Kekse. (geben: 3-wertig)

       Die Firma gibt Spendengelder. (geben: 2-wertig)

       Xaver gibt! (geben im Sinne von ‚Karten ausgeben‘: 1-wertig)

      Bei der Ermittlung der Verbvalenz ist somit immer der Kontext und die entsprechende Bedeutung mit zu berücksichtigen. Hierzu gibt es mit dem VALBU (= Valenzwörterbuch der deutschen Verben) bzw. E-VALBU (online unter http://hypermedia.ids-mannheim.de/evalbu/index.html) ein Nachschlagewerk, das bei der Ermittlung der Wertigkeit eines Verbs hilfreich sein kann.

      3.2.2.2. Was spricht für die VDG als Beschreibungsmodell?

      Mit Blick auf die traditionelle (Schul-)Grammatik ist die VDG in Bezug auf die vergleichbaren Konzepte von Satzgliedern anschlussfähig. Die jeweiligen Termini sind gut vergleichbar bzw. im weiteren Sinne austauschbar.

      Die Wertigkeit des Verbs bildet zudem die logische Valenz und die semantischen Rollen des Verbs ab. Dies lässt sich wiederum am Verb geben (und weiteren Verben des Besitzwechsels wie schenken, stehlen, übertragen) zeigen:

        X gibt Y Z

      Ein Besitzwechsel, den das Verb geben impliziert, betrifft drei Aktanten: der Gebende/Ausführende (= Agens) – der Adressat (= Rezipient) – der betroffene Gegenstand (= Patiens). Wir haben somit auf der syntaktischen Ebene eine Übereinstimmung mit der logischen Valenz, d.h. das Verb geben hält drei Leerstellen bereit, die syntaktisch gefüllt werden können. Zusammenfassend lassen sich den drei Ergänzungen, die von diesem Verb ermöglicht werden, jeweils spezifische semantische Rollen zuweisen:

       Agens (der Handelnde): Paul gibt.

       Rezipient (der Empfänger): Paul gibt Christina.

       Patiens (der von der Handlung betroffene Gegenstand): Paul gibt Christina Blumen.

      3.2.2.3 Was spricht gegen die VDG als Beschreibungsmodell?

      Problematisch kann, wie vorausgehend bereits angesprochen, die Bestimmung der Wertigkeit sein. Gerade die Unterscheidung zwischen Präpositionalergänzung und Angabe ist nicht immer eindeutig, auch wenn hier meist der sogenannte Geschehenstest weiterhilft, wie folgendes Beispiel zeigt:

        Senem wartet auf den Bus.

       Geschehenstest: *Senem wartet und das geschieht auf den Bus.

       Test funktioniert nicht, d.h. auf den Bus ist eine Präpositionalergänzung.

        Senem wartet in der Bahnhofshalle.

       Geschehenstest: Senem wartet und das geschieht in der Bahnhofshalle.

       Text funktioniert, d.h. in der Bahnhofshalle ist eine Lokalangabe.

      Trotzdem bleibt die korrekte Bestimmung der Wertigkeit eine Herausforderung – im Übrigen auch für L1-Sprecherinnen und Sprecher des Deutschen. Im DaZ-Unterricht dürfte die Bestimmung der Wertigkeit von Verben noch schwieriger von den Lernenden zu leisten sein. Gerade kontext- bzw. milieuabhängige Verwendungen wie z.B. geben im Sinne von Karten ausgeben erfordern eine bereits weit fortgeschrittene Sprachkompetenz.

      Im Kontext der Valenzbestimmung stößt die VDG in Bezug auf das Deutsche auch an Grenzen, wenn es um Sätze geht, die Bausteine enthalten, die wie Angaben aussehen, sich aber von diesen unterscheiden, indem sie nicht fakultativ sind. Hierzu ein Beispiel:

        Die Flasche Weißbier befindet sich im Kühlschrank.

      Das Satzglied im Kühlschrank kann nicht weggelassen werden, d.h. es ist durch die Verbvalenz im Bauplan des Satzes verankert. Eroms (2000, 183ff) führt für solche Spezialfälle der Gruppe der Ergänzungen weitere Typen an und klassifiziert obligatorische Satzglieder beim Verb sich befinden als Situativergänzungen. Es sind somit über die „klassischen“ Ergänzungen ENOM, EAKK, EGEN, EDAT und EPRÄP hinaus weitere Ergänzungsarten nötig, um die Syntax des Deutschen im Rahmen der VDG genauer beschreiben zu können. Hier scheinen für uns die Grenzen der Schulgrammatik eindeutig überschritten zu sein. Daher findet im Erst- und Zweitsprachunterricht sinnvollerweise eine Beschränkung auf die fünf genannten Ergänzungen (ENOM, EAKK, EGEN, EDAT und EPRÄP) statt.

      Probleme hat die VDG auch mit diskontinuierlichen Satzgliedern, wie sie im Deutschen häufig bei Prädikaten auftauchen (z.B. Die Katze hat heute früh das Futter ganz aufgefressen). Umgehen kann man diese Kritik, indem man das Prädikat nicht als Satzglied kategorisiert. Diese Nichtzuordnung der Prädikate zu der Gruppe der Satzglieder findet sich wiederholt in Beschreibungen zur deutschen Syntax und es gibt gewichtige Gründe dafür, denn die Satzgliedtests (z.B. die Verschiebeprobe) funktionieren für das Prädikat nicht oder nur eingeschränkt.

      Auch subjektlose bzw. mit einem sogenannten Scheinsubjekt vorkommende Sätze mit den Witterungsverben regnen, schneien, nieseln, stürmen usw. lassen sich in der Theorie der VDG nicht völlig überzeugend beschreiben, wie folgender Satz belegt:

        Es regnet heute den ganzen Tag.

      Der Baustein es des Beispiels lässt sich nicht völlig überzeugend als Satzglied bestimmen, da die Ersatzprobe nicht funktioniert. In der VDG klassifiziert man diese Witterungsverben als 0-wertig, d.h. sie sehen keine Ergänzungen in ihrem Satzbauplan vor (anders hierzu Eisenberg 1999, 59). Der Baustein es wird in dieser Funktion in der VDG als formales Subjekt, Pseudoaktant (DUDEN-GRAMMATIK, § 560f, 1261) oder Scheinsubjekt (Kessel & Reimann 2017, 56) bezeichnet. Zu weiteren Funktionen des Pronomens es siehe Duden-Grammatik (2006, § 1260–1263) und Kessel & Reimann (2017, 56–57).

      Zudem ist im Rahmen der VDG nicht eindeutig zu klären, ob die Phrase auf der Wiese hinter dem Haus im Satz Die Katze Luna spielt mit dem kleinen Hund Nikos auf der Wiese hinter dem Haus ein Satzglied bildet oder zwei Satzglieder. Die vorgestellten Proben lassen diesbezüglich beide Analysen zu. Aber probieren Sie am besten selbst.

      Zu kritisieren ist an der VDG zudem, dass die Sonderstellung, die das Subjekt in der traditionellen Grammatik innehat, in den Hintergrund rückt. Es wird in die Gruppe der Ergänzungen einsortiert, dies negiert jedoch die besondere Beziehung zwischen Prädikat und Subjekt, die sich in der Kongruenz (vgl. Infokasten auf S. 32) zwischen den beiden Satzgliedern zeigt.

      Zusammenfassend kann man sagen, dass die VDG nur bedingt für den schulischen Unterricht – vor allem auch mit Blick СКАЧАТЬ