Sprachendidaktik. Johannes Wild
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Название: Sprachendidaktik

Автор: Johannes Wild

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: narr studienbücher

isbn: 9783823301394

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СКАЧАТЬ zufolge betrifft dies „die zur Verfügung stehende Zeit und Energie, die Kommunikations- und Kontaktmöglichkeiten, die Qualität der Kommunikationsbedingungen, die Konzeption und Qualität des Unterrichts“. Fehlen solche Gelegenheiten, kann es zu einer negativen Einstellung gegenüber der Zielsprache kommen. Motivation, Interessen, Leistungsbereitschaft etc. sind wesentliche Faktoren, um die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ zu überschreiten und sich mit Sprache zu beschäftigen (vgl. Jeuck 2015, 38f; Hayes 2012, 372). Dabei ist „Motivation […] der allgemeine Begriff für alle Prozesse, die der Initiierung, der Richtungsgebung und der Aufrechterhaltung physischer und psychischer Aktivitäten dienen“ (Gerrig & Zimbardo 2008, 414; Herv. v. Verf.). Sie kann extrinsisch („von außen gesteuert“) oder intrinsisch („von innen heraus“) vorliegen. Die Motivation, sich mit Sprache auseinanderzusetzen, kann zudem je nach Dimension variieren. Sie ist aber immer notwendig, um sprachliche Phänomene (auch aus ästhetischer Sicht) wahrzunehmen und sich mit ihnen (sei es gesteuert oder ungesteuert) auseinanderzusetzen.

      Vergleichen Sie die beiden folgenden Aussagen. Welche ist eher intrinsisch, welche eher extrinsisch: Ich möchte eine gute Note im Rechtschreiben vs. Ich möchte weniger Fehler bei der Großschreibung machen. Es dürfte offensichtlich sein, welche Art der Motivation langfristig zu den günstigeren Lernprozessen führt: Eine intrinsische Motivation führt dazu, den „Stoff“ beherrschen zu wollen und damit idealiter zu einer internalen stabilen Attribution. Nach Köhnen (2011, 33) lässt sich deshalb Lern- und Leistungsmotivation im Sprachunterricht v.a. dadurch fördern, indem man ein realistisches Anspruchsniveau setzt, bei der Erklärung von Misserfolg/Erfolg günstige Attributionsmuster sowie eine positive Selbstwertbilanz anstrebt (Freude über Erfolg > Ärger über Misserfolg).

      In allen Kontexten von Lernen suchen wir Gründe für Erfolge bzw. Misserfolge. Sie werden durch das Individuum selbst (= internal) oder durch Außenfaktoren (= external) beschrieben. Nach Holodynski & Oerter (2008, 548) erklären wir Leistungen entweder durch unsere Fähigkeiten (internal-stabil), durch besondere Anstrengung (internal-variabel), durch die Schwierigkeit der Aufgabe (external-stabil) oder Glück bzw. Pech (external-variabel). Anzustreben sind internal-stabile Attributionen.

      Die Entwicklung eines bestimmten Habitus (z.B. „Ich bin ein guter Schreiber“) ist davon abhängig, in welcher Funktion wir uns jeweils mit Sprache auseinandersetzen bzw. diese gebrauchen: Zum Wissenserwerb, zur Unterhaltung, zur (ästhetisch-kulturellen) Bildung. Dadurch geraten unterschiedliche Aspekte von Sprache in den Blick. Domänenspezifisch können daher Unterschiede bestehen: Lesen Sie z.B. lieber Sachtexte oder Romane?

      Die soziale Ebene bildet den äußersten Kreis unseres Modells. Hierbei handelt es sich v.a. um die sozialen Beziehungen, in denen Kommunikation (mit und über Sprache) stattfindet sowie die damit verbundenen Kontexte. Das Spektrum reicht von eher informellen Situationen (Familie, Freunde, Bekannte), institutionellen (Schule, Universität etc.) bis hin zu öffentlichen Situationen (Zeitung, Zeitschrift, Theater, Radio etc.). Eine Teilkompetenz stellt hier die Fähigkeit und Fertigkeit dar, das entsprechende sprachliche Register zu wählen (vgl. Kapitel 10). Also z.B. die Beantwortung der Frage, ob die Varietät Kiezdeutsch bei einem Referat in der Schule angemessen sein kann. Bereits zuvor haben wir angesprochen, dass auch der Spracherwerb an den Kontext gebunden ist. Folgendes Beispiel (nach Jeuck 2015, 16) illustriert dies. Stellen Sie sich vor, ein Kind spricht mit seinen Eltern nur Türkisch. Wenn das Kind mit seinen Eltern beispielsweise Eisenbahn spielt, erwirbt es spezifischen Wortschatz; wenn es aber nicht auch in einem deutschsprachigen Kontext Eisenbahn spielt, wird es keinen deutschen Wortschatz für diesen Bereich erwerben. Dies kann dazu führen, dass das Kind sich in der L2 dazu kaum äußert, Objekte als Ding benennt oder dafür Wörter aus dem Türkischen entlehnt (vgl. Jeuck 2015, 16).

      In die soziale Ebene lässt sich auch das Modell der Sprachdynamik integrieren (vgl. Schmidt & Herrgen 2011). Dieses Modell geht davon aus, dass Sprecher ihr Sprachverhalten gegenüber ihren Kommunikationspartnern variieren und den entsprechenden Kontexten jeweils anpassen (vgl. Schmidt & Herrgen 2011, 29). Dieses Modell spricht in so einem Fall von einer Mikrosynchronisierung, wenn es eine Einzelsituation zwischen zwei Kommunikationspartnern betrifft. Eine Schülerin, die mit einem Mitschüler spricht, wird ihre Sprache in eine andere Richtung synchronisieren (z.B. in Richtung Jugendsprache) als bei einem Gespräch mit der Schulleiterin, wo eventuell eine gegenseitige Synchronisation in Richtung einer standardnahen Varietät erfolgt. Solche „Anpassungsvorgänge“, die nicht nur in der mündlichen, sondern auch in der schriftlichen Kommunikation erfolgen können, sind als Kompetenzen auf der sozialen und auf der kognitiven Ebene zu verorten. Schmidt & Herrgen (2011) gehen in ihrem Sprachdynamikmodell über die Synchronisierung auf der Mikroebene hinaus. Wichtige Bausteine ihrer Theorie sind weitere Synchronisierungsakte, die als Meso- und Makrosynchronisierungen bezeichnet werden. Mesosynchronisierungen verstehen sie als „Herausbildung gruppen- und situationsspezifischer sprachlicher Konventionen“ (Schmidt & Herrgen 2011, 31). Sie beziehen sich auf Sprachgemeinschaften innerhalb von Gruppen wie Klassenverband oder Peergroup. Makrosynchronisierungen sind „Synchronisierungsakte, mit denen Mitglieder einer Sprachgemeinschaft sich an einer gemeinsamen Norm ausrichten“ (Schmidt & Herrgen 2011, 32). Eine Norm bildet dabei die standardsprachliche Schriftsprache. Es sind jedoch auch weitere Normen denkbar, die im Fokus einer Makrosynchronisierung stehen können, wie z.B. Formen eines regionalen Standards.

      Ein weiterer Aspekt von Sprachkompetenz soll hier ebenfalls erwähnt werden. Er ist als „Außenperspektive“ sowohl auf der kognitiven als auch auf der sozialen Ebene zu verorten: Wie bewerten wir sprachliche Äußerungen? Sind wir als Sprecher durch sprachliche Ideologien „voreingenommen“? Bedeutsam für unsere Überlegungen ist vor allem die Ideologie der Homogenität einer Sprache (vgl. Maitz & Elspaß 2013, 35–36). Sie geht davon aus, dass eine Sprache tendenziell homogen, eher frei von Einflüssen anderer Sprachen und eigener Dialekte sein soll. Vorstellungen, die hiermit verbunden sind, äußern sich in Form von Attributen wie reine, schöne oder unverfälschte Sprache. Sprachliche Variation, generell eine Vielfalt in Äußerungen wird bei einem solchen „Glaubensgrundsatz“ als eher unerwünscht, ja teilweise als sprachbedrohend wahrgenommen. Zieht man jedoch beispielsweise die Karten des online verfügbaren Atlas zur deutschen Alltagssprache (AdA, Elspaß & Möller 2003) heran, wird schnell klar, dass sprachliche Variation auch in der gesprochenen Standardsprache völlig normal ist.

      Um zu unserem bereits am Beginn dieses Kapitels präsentierten Wort der/die Butter zurückzukommen, empfiehlt sich folgende Karte des AdA: http://www.atlas-alltagssprache.de/runde-5/f15a-f/

      Eine Auseinandersetzung mit der verbreiteten, jedoch falschen Annahme, dass eine Sprache möglichst homogen sein sollte, kann im Unterricht unter anderem mit den Karten des AdA angeregt werden. Aber auch verschiedene im Internet verfügbare Videos, die die vermeintliche Reinheit der deutschen Sprache thematisieren, können eine Diskussion im Klassenzimmer anregen. Hierzu bieten sich die folgenden Videos an. Das erste setzt sich mit der Bewertung von Jugendsprache, das zweite mit Kiezdeutsch auseinander.

       „Jugendsprache – Wandel statt Verfall?“ (13.11. 2018):https://www.youtube.com/watch?v=Rwcsry3mXvQ

       „Guckst du Beitrag über Sprache!“ (13.11.2018):https://www.youtube.com/watch?v=DL4XS4FOw_s

      Einen differenzierten, wertneutralen Blick auf die Gesamtheit einer Sprache, inklusive ihrer alten und neuen Varietäten und Varianten, ihrer Heterogenität also, sehen wir als Teil der Sprachkompetenz auf der sozialen Ebene an. Dies ist vor allem deshalb relevant, um der Diskriminierung aufgrund einer heterogenen Sprachverwendung entgegenzuwirken, die im deutschsprachigen Raum eine lange Geschichte aufweist: Viele Generationen von Dialektsprechern haben z.B. in der Schule wiederholt eine Abwertung ihrer L1 erfahren müssen (zu den verschiedenen Facetten sprachlicher Diskriminierung СКАЧАТЬ