Zur Professionalität der Professionalisierenden. David Gerlach
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СКАЧАТЬ Forschungsarbeiten geprägt und hier im Feld der Fremdsprachenlehrkräfte besonders mit dem Namen Borg (2003, 2006) verknüpft sind. Caspari (2003) untersucht in Anlehnung an die Annahmen des Forschungsprogramms Subjektive Theorien das berufliche Selbstverständnis von Fremdsprachenlehrkräften mittels Interviews und deren Sequenzanalyse sowie der Herausarbeitung von Strukturbildern, die sie im Anschluss an die innerhalb des Forschungsprogramms häufig verwendete Strukturlegetechnik beschreibt. Von drei Grenzfällen ausgehend, deren Selbstverständnis sie in ihrer Gesamtstruktur betrachtet, modelliert sie sowohl einen berufsbiographischen Zugriff des Selbstverständnisses, das stark von der eigenen Sprachlernbiographie der Lehrkräfte geprägt ist, sowie einen kompetenztheoretischen Zugriff, für den sie verschieden wahrgenommene Rollen und Funktionen der Lehrkräfte extrahiert. Auch in weiteren Arbeiten, die subjektive Sichtweisen herausarbeiten, zeigt sich, „dass es sich dabei um hoch komplexe Gebilde handelt, die insbesondere durch die eigene Lernerbiographie, die beruflichen Erfahrungen und die Wahrnehmung der Kontextfaktoren geprägt sind“ (Caspari 2014: 25). Caspari (ebd.) unterteilt neben den Schwerpunkten „Unterrichtsbeobachtung“ und umfassender subjektiver Theorien von Fremdsprachenlehrkräften die weiteren Forschungsschwerpunkte der Jahre 2000 bis 2013, auf die hier im Detail zumindest inhaltlich nicht in Gänze eingegangen werden kann, in die Bereiche „Bilingualer Sachfachunterricht“, „Grammatik und kommunikative Kompetenzen“, „Evaluation von Lernerleistungen“, „Mehrsprachigkeit – Mehrkulturalität – interkulturelles Lernen“ sowie „Prinzipien modernen Fremdsprachenunterrichts“ (ebd.: 25ff.), wodurch sich zeigt, dass besonders und zunehmend in methodisch-didaktischer Hinsicht subjektive Sichtweisen der Lehrerinnen und Lehrer als relevant eingeschätzt werden bzw. auch mehrperspektivisch die Lernendenseite berücksichtigt wird.4 Viebrock (2007) stellt ihrerseits methodologisch als eines der Fazits ihrer Rekonstruktion subjektiver didaktischer Theorien von Lehrpersonen zum bilingualen Erdkundeunterricht heraus, dass eine strenge Auslegung des Forschungsprogramms Subjektive Theorien, an das sich Caspari (2003) bewusst eher nur angelehnt hat5, speziell im Zusammenhang mit der kommunikativen Validierung von Daten, d.h. der Konfrontation der Probandinnen und Probanden mit den Analysen, „forschungsethische Probleme mit sich bringt“ (Viebrock 2007: 326). Gleichwohl betont sie als ein Ergebnis ihrer Untersuchung die auch für den bilingualen Unterricht geltende Bedeutung von Reflexion und der Bewusstmachung Subjektiver Theorien der Lehrpersonen als notwendigen Bestandteil im Professionalisierungsprozess und zur Bewusstmachung von individuell verfügbarem Wissen.

      Schocker-von Ditfurths Studie (2001), die aufgrund des Erscheinungszeitpunkts vom Forschungsschwerpunkt Subjektive Theorien sowie Reflexion in Schönscher Tradition geprägt ist, wird durch ihr Design eines Fachpraktikums und dessen ethnographisch orientierter Evaluation als Interventionsansatz sichtbar (s.u.), fokussiert jedoch ebenfalls stark auf das berufliche Selbstverständnis und wie sich dieses im Rahmen eines entsprechenden Praktikumserlebens und -reflektierens entwickelt. So zeigt sie beispielsweise ein Zurückfallen der Studierenden in methodisch-didaktische Begründungszusammenhänge ihrer eigenen Schulzeit, die nur selten (oder gar nicht) mit den Ansprüchen und Konzepten eines modernen, d.h. schüler- und kommunikationsorientierten Fremdsprachenunterrichts zusammenzubringen sind, während das von ihr entwickelte Fachpraktikum hier eine deutliche Weiterentwicklung, vor allem reflektiert-nachvollziehbare Professionalisierung innerhalb des Studiums zur interdependenten Überbrückung der vermeintlichen Theorie-Praxis-Lücke sowie einen Zuwachs an Erfahrungs- und wissenschaftlichem Wissen bei den beforschten Subjekten erkennbar werden lässt. Dies gelingt innerhalb dieses Konzepts u.a. durch das konsequente Einholen des biographisch geprägten Selbstverständnisses und der Lehr- und Lernerfahrungen der angehenden Lehrkräfte innerhalb der Intervention.

      Bezogen auf eine Vielzahl von englischunterrichtsrelevanten Fragestellungen untersucht Borg in mittlerweile fast 100 Publikationen und Metaanalysen die Beliefs von Englischlehrkräften in verschiedenen globalen Kontexten. Neben diesen umfassenden und einschlägigen Publikationen, die auch schon früh in umfassender Weise weitere Ergebnisse zu Lehrerkognitionsforschung zusammenfassen (z.B. Borg 2003), erarbeitet er selbst „A Framework for Studying Language Teacher Cognition“ (Borg 2006: 271ff.), um hierin seine eigenen Erkenntnisse münden zu lassen und für die verschiedenen, an Lehrerbildung beteiligten Personen und Institutionen nutzbar machen zu können. Er unterteilt einen potentiellen Forschungsansatz in zwei unabhängige Variablen: zum einen in die Teilnehmenden, welche noch in Ausbildung sein können (pre-service) oder schon Unterricht erteilen (in-service), zum anderen in Themen, welche generischer Natur sein können (Unterrichtsplanung, Didaktik, allgemeine Methodik) oder domänenspezifisch (Grammatik, fremdsprachliche Kompetenzen). Inwiefern sich dann Fremdsprachenlehrerkognition und das Beliefs-System konstituiert, stellt Borg mitsamt seinen Elementen und Prozessen mittels einer älteren Abbildung dar, die er aber in späteren Publikation weiter verwendet (s. Abbildung 7). Borg betont wiederholt die zeitlich andauernde Stabilität von Beliefs und Überzeugungen und damit ihre Trägheit und Innovationsresistenz (vgl. Borg 2003/2006). Dies bestätigt – interessanterweise zu Englischlehrkräften im Vorbereitungsdienst – Rossa (2017) in einem Werkstattbericht einer laufenden Studie. Er zeigt, dass deren Beliefs über den 18-monatigen Zeitraum in NRW erwartungsgemäß recht stabil bleiben und die strukturellen Schwierigkeiten des Vorbereitungsdienstes, die in Kapitel 4 noch ausführlich gewürdigt werden, die größten Herausforderungen bereiten. Manche Beliefs werden allerdings auch abgelöst oder um neue ergänzt. Rossa führt als neu adaptierte Beispiele auf: „a more structured approach in designing teaching sequences, breaking learning processes down to smaller steps, and the perceived importance of differentiated instruction” (ebd.: 205), didaktisch-methodische Wissensbestände also, die scheinbar erst mit der Übernahme eigener Klassen relevant zu werden scheinen.

      Abb. 7:

      Fremdsprachenlehrerkognition und Beliefs konstituierende Elemente und Prozesse (Borg 2003: 82).

      Im Feld der internationalen Forschung zu Reflexivität und Beliefs fällt auf, dass dort im Gegensatz zur deutschen Forschung überwiegend von Identitätskonstrukten ausgegangen wird, die primär im Anschluss und in Tradition von Meads Self zu sehen sind und zudem auf das Herausbilden und eine Bewusstseinsentwicklung von Persönlichkeitsstrukturen durch das Individuum fokussieren (vgl. Mead 1973; für eine Übersicht von Identitätskonstrukten in der Fremdsprachenlehrerbildung international vgl. Miller 2009 und Schultze 2018), während beispielsweise das Forschungsprogramm Subjektive Theorien explizit als Deutungspostulat aufstellt:

       Kognitionen der Welt- und Selbstsicht

       als komplexes Aggregat mit (zumindest impliziter) Argumentationsstruktur,

       das auch die zu objektiven (wissenschaftlichen) Theorien parallelen Funktionen

       der Erklärung, Prognose und Technologie erfüllt. (Groeben/Scheele 2010: 153)

      Interessanterweise spielt ein offeneres Konstrukt von Identität und ihrer (Aus-) Bildung dann wiederum im Kontext der Entwicklung interkultureller (kommunikativer) Kompetenz im fremdsprachlichen Unterricht – allerdings eher auf Seiten der Lernenden – eine gewichtige Rolle, bei dem individuelle Haltungen, Vorwissen sowie Fremdverstehen mittels der Sprache und Begegnung fremdsprachlich geprägter Kulturen offengelegt und gefördert werden sollen (vgl. Byram 1997, Busse/Göbel 2017). In verschiedenen Reflexionsmodellen ist häufig Identitätsbildung angelegt (vgl. z.B. Abendroth-Timmer 2017), inter- bzw. transkulturelle Kompetenz wiederum hat z.B. Wilden (2013) bei angehenden Fremdsprachenlehrpersonen im Kontext des fremdsprachlichen Literaturunterrichts untersucht, Martinez (2008) beforscht die Subjektiven Theorien, ebenfalls von angehenden Lehrkräften, im Hinblick auf die Konzepte Sprachlernverständnis und Lernerautonomie.

      Eine stärker berufsbiographisch orientierte Perspektive nehmen Valadez Vazquez (2014) und Schultze (2018) ein, wenn sie sich Identität als theoretisches und empirisches Konstrukt zunutze machen. Valadez Vazquez (2014) zeigt beispielsweise, „dass berufliche Identitätsprozesse СКАЧАТЬ